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Cocoon, Band 01

Cocoon, Band 01

Titel: Cocoon, Band 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Albin
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richtet seine Aufmerksamkeit wieder auf meine Hand. »Jetzt nicht mehr.«
    Der Abstand zwischen uns wird kleiner, und erst jetzt fällt mir auf, welch breiter Graben uns getrennt hat. »Wie kam es dazu?«, frage ich.
    »Mit sechzehn wurde ich mit einem Mädchen aus meinem Heimatort verheiratet. In unserer Metropole hält man die Kinder in den Jahren vor der Prüfung nicht so sorgfältig getrennt, und wir haben dafür gesorgt, dass sie nicht als Kandidatin infrage kommen würde.«
    Ich erröte angesichts seines Geständnisses, überspiele mein Unbehagen jedoch mit einem Lachen. Ein beklommenes Gefühl beschleicht mich. Dass er verheiratet war, gefällt mir nicht. Kein bisschen. Auch wenn er es jetzt nicht mehr ist. »Sechzehn? Ich dachte, achtzehn wäre schon schlimm.« Kaum habe ich die Worte gesagt, bereue ich sie.
    »Ja, sechzehn.« Und zu meiner Erleichterung lacht er. »Ich kannte sie, seit wir Kinder waren. Wir haben in einem kleinen Dorf gelebt, Saxun, das liegt genau zwischen dem westlichen und dem östlichen Sektor. Ich stamme aus einer alten Fischerfamilie. Der Ort ist so klein, dass die Rollen nach dem Familienhandwerk vergeben werden, und da mein Bruder ein Visum bekommen hat, um das Dorf zu verlassen, blieb nur ich, um das Boot meines Vaters zu übernehmen.«
    »Dann hat man dir also keine Rolle zugewiesen?« In Romen war die monatliche Aufgabenverteilung ein bedeutendes Ereignis. Vor allem ging es darum, alle vakanten Stellen zu belegen, die für die Verwaltung der Metropole unerlässlich waren. Manchmal wurde auch jemand in ein benachbartes Metrocenter geschickt. Nur selten musste die Gilde eine Stelle im Konvent oder irgendeiner Sektorabteilung belegen, was ein Grenzvisum bedeutete. So gut wie immer wurde ein Junge auf die Stelle gesetzt, doch der ganze Ort lebte von der Hoffnung auf ein solches Visum. Niemand verpasste den Tag der Zuweisung.
    »Du weißt ja, dass alles anders ist, wenn man viel oder gar kein Geld hat«, sagt er mit schiefem Lächeln. »Dann funktioniert das System ein wenig anders.«
    »Romen ist die drittgrößte Stadt im westlichen Sektor«, sage ich. »Eine Stadt, in der alles durchschnittlich ist. Die Häuser, die Aufgaben, die Leute.«
    »Auf einem Nährboden aus Mittelmaß gedeiht die Gilde am besten.«
    »Du warst also verheiratet, bevor du hierhergekommen bist?« Ich bemühe mich um einen beiläufigen Tonfall, obwohl ich das Gefühl habe, mich auf dünnes Eis zu wagen. Ich will nicht, dass er mir meine Eifersucht anmerkt.
    Er nickt und fängt an, mir die andere Hand zu verbinden. »Sie hieß Rozenn. Sie lebte mit ihrem Vater und ihrem Bruder. Ich habe geschuftet, um ein neues Boot zu kaufen, und … « Er hält inne, als überspringe er etwas, das zu schmerzlich ist, um es mit mir zu teilen. Doch dann fährt er fort, auch wenn seine Stimme im Rauschen des Wasserhahns kaum hörbar ist. »Ich hätte wissen müssen, dass etwas nicht stimmte, aber es kam mir nie in den Sinn.«
    Ich lege ihm eine bandagierte Hand auf die Schulter, und seine verkrampften Muskeln entspannen sich.
    »Ihr Bruder, Parrick. Er war ein Einzelgänger. Für Mädchen interessierte er sich nicht, und mit seiner Aufgabe war er unzufrieden. Er ging auf die Achtzehn zu. Ich habe ihn akzeptiert, weil er zur Familie gehören würde, wenn ich Rozenn heiratete, aber die beiden waren absolute Gegensätze. Sie war wie ein Frühlingstag. Alles an ihr war voller Leben. Das Einzige, was an Parrick auffiel, war seine Kälte. Er konnte jede fröhliche Unterhaltung zum Ersterben bringen. Niemand wollte in seiner Nähe sein. Ich wollte es auch nicht«, gesteht er. »Ich habe nicht verstanden, wieso er so abweisend und eigenbrötlerisch war. Eigentlich absolvierte er bei seinem Vater eine Ausbildung, aber dabei machte er oft lange Pausen. Einmal verschwand er und kehrte erst nach Sonnenuntergang zurück. Rozenn befürchtete, ihr Vater würde die Geduld mit ihm verlieren, weshalb sie mich bat, einzuschreiten. Sie war der Meinung, ich könnte mit Parrick reden. Ihn vielleicht sogar zum Freund gewinnen. Doch er wollte nicht mit mir reden, und ich gab mir auch keine große Mühe. Stattdessen schlich ich ihm hinterher.«
    »Wo ging er hin?«, frage ich mit leiser Stimme, und meine Eifersucht weicht Furcht.
    »Er traf sich mit anderen – aus unserem Dorf und von anderen nahe gelegenen Metros. Sie sprachen von Wandel und Revolution. Erst wollte ich sie ausliefern, aber die Geschichten haben mich davon

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