Code Delta

Unfug.« In seinen Augen brannte eine Mischung aus Großspurigkeit und Zorn, während er King anfunkelte. »Wie haben Sie mich aufgespürt?«
    »Sie wollten gar nicht gefunden werden?«, fragte King.
    »Nicht im Geringsten.«
    King erklärte, wie sie von Alexanders zweimaliger Erwähnung eines Versprechens, das er gebrochen hatte, indem er sich in die Probleme der Welt einmischte, auf Acca Larentia und ihre letzte Ruhestätte geschlossen hatten. Als er geendet hatte, wirkte Alexander bestürzt.
    King bemerkte dessen konsternierten Ausdruck. »Was ist?«
    »Ich … ich bin beeindruckt.« Alexander setzte sich aufrecht hin. »Ich dachte, Sie wären einfach nur ein Mann, der sich gut aufs Töten versteht.«
    »Das auch«, bestätigte King.
    »Darf ich fragen, ob man Ihnen gefolgt sein könnte?«
    King dachte daran, dass er sich in den Ruinen des Forum Romanum beobachtet gefühlt hatte. Aber wahrscheinlich hatte er nur die Anwesenheit der Wächter gespürt. »Nein, niemand.«
    Alexander sah nicht überzeugt aus. »Wir leben in seltsamen Zeiten. Selbst die Steine können Augen haben.«
    »Nur Lewis kannte mein Ziel«, sagte King. »Wir wurden nicht verfolgt.«
    »Hmm«, meinte Alexander, immer noch zweifelnd, doch er ging darüber hinweg. »Und sie kamen über den Lacus Curtius herein?«, fragte er.
    Pierce nickte. »Eine Leiter wäre keine schlechte Idee.«
    Alexander lächelte. »Diesen Eingang benutzen nur die Vergessenen. Sie brauchen keine Leitern.«
    »Die was?«, fragte Pierce.
    »Die verhüllten Männer, denen Sie begegnet sind. Sie sind ebenso alt wie ich, aber sie haben ihre Stimmen und Seelen vor langer Zeit verloren.«
    »Wer sind sie?«
    »Versuchspersonen«, erwiderte Alexander. Als er die entsetzten Blicke von King und Pierce bemerkte, fügte er hinzu: »Erst das ewige Leben hat mir mit der Zeit meine eigene Unmoral vor Augen geführt. Ich sehe die Dinge nicht mehr so wie in meiner Jugend. Als ich noch sterblich war, habe ich mich nicht allzu sehr von Richard Ridley unterschieden.«
    King dachte an Ridley zurück, den Chef von Manifold Genetics, der versucht hatte, das Geheimnis der Unsterblichkeit zu entschlüsseln. Er hatte ohne jeden Skrupel nach Gottähnlichkeit gestrebt. Seine Menschenversuche hatten die Opfer wahnsinnig und gleichzeitig unverwundbar gemacht. Tausende waren gestorben, bis Ridleys Untaten in der Wiederweckung der mythischen Hydra gipfelten. Kein Preis war ihm zu hoch gewesen, und am Ende hatte er sein Ziel erreicht, die Unsterblichkeit, dabei aber seinen Konzern, seine Helfer und sein Vermögen verloren. Leider war er selbst entkommen und hatte nun alle Zeit der Welt, sein Comeback vorzubereiten. King verglich Alexander mit Ridley, und das Bild erschreckte ihn. Gott sei Dank, dass er auf unserer Seite steht.
    Alexander fuhr fort: »Die Vergessenen sind der beste Beleg dafür. Ich habe sie als stete Mahnung bei mir behalten. Dafür, was ich hätte werden können. Was ich war. Und wie hoch der Preis ist, wenn ich einen Fehler mache.«
    King wusste nicht, worauf Alexander hinauswollte, doch Pierce hatte es sich schon zusammengereimt. »Die Vergessenen haben Acca getötet?«
    Eine plötzliche Traurigkeit überfiel den einstigen Halbgott. Er starrte zu Boden. »Kaum zu glauben, dass es immer noch weh tut, nach all der Zeit.« Er hob den Blick wieder. »Die Vergessenen leiden unter ihrer eigenen Art des Irrsinns. Sie werden wahnsinnig vor Gier. Hunderte von Menschen sind in den ersten Jahren unter ihren Händen gestorben, und schließlich traf es auch Acca. Seitdem verabreiche ich ihnen ständig einen Ersatzstoff, der ihren Blutdurst stillt.«
    »Wollen Sie damit sagen, dass es Vampire sind?«, fragte King.
    Alexander schüttelte den Kopf. »Nicht im üblichen Sinn, aber möglicherweise sind sie der Ursprung aller Vampirlegenden.«
    »Mein Gott …«, sagte Pierce.
    »Ihre Hände sind mit Poren übersät, in die kleine, kräftige Hohlfasern münden. Tausende davon. So können sie sich an Wänden und Decken entlangbewegen. Aber auch das Blut ihrer Opfer durch die Haut absaugen.« Er demonstrierte es, indem er seinen Arm mit einer Hand umschloss. »Ich wünsche Ihnen, dass Sie nie ihre Umarmung zu spüren bekommen. Es ist furchtbar.«
    King überlegte kurz, ob das eine versteckte Drohung sein sollte, doch dann sah er den verlorenen, kummervollen Ausdruck in der Miene des Mannes. Er war Zeuge von Accas Tod gewesen.
    »Wie konnte es dazu kommen?«, fragte King. »Mit Acca?«
    »Sie hatte