Code Vision (Vereint) (German Edition)
Blondi hatte es ja nicht anders gewollt. Abrupt ließ ich die Tasche los und meine Feindin verlor das Gleichgewicht mit ihren 15-cm-Absätzen. Sie keuchte hörbar auf und ihr dürrer Hintern machte Gesellschaft mit dem harten Marmorboden.
„Sag mal, hast du sie noch alle?“, fragte sie verärgert.
Ich griff in meine Handtasche und zog genüsslich meine pinkfarbene Smith&Wesson heraus. Ja, ich musste zugeben, dass ich vielleicht einen kleinen Tick in Bezug auf die Farbe Pink hatte, aber immerhin war ich eine junge Frau und außerdem ging es niemanden etwas an, was mir gefiel und was nicht. Um dem Maß an Vorurteilen noch eine Krone aufzusetzen, baumelte ein kleiner Hello-Kitty-Kopf vom Griff der Kanone.
Blondis Augen traten jetzt so weit aus ihren Höhlen heraus, dass sie verblüffende Ähnlichkeit mit einem Frosch aufwies.
„Gib mir die Tasche. Und zwar schnell!“, bat ich sie in einem nicht ganz freundlichen Ton. Aber mal ehrlich: Pummelchen ? Vielleicht hatte ich ein paar Kilos zu viel auf den Rippen, aber ich war mir meines weiblichen Auftretens und meiner Wirkung auf Männer durchaus bewusst.
Anstatt, wie jeder normale Mensch es tun würde, mir die Tasche auszuhändigen, umschloss sie sie jetzt noch verbitterter und funkelte mir böse entgegen.
„Meinst du, ich habe jetzt Angst? Deine Knarre hilft dir auch nicht weiter!“
Ja, eigentlich dachte ich, dass sie jetzt Angst hätte. Was war sie? Eine Außerirdische oder eine Verrückte?
Wenn mein Blut einmal in Wallung geriet und heiß durch meine Adern pulsierte, dann ließ ich mich auch von einer Verrückten nicht aufhalten. Ich richtete die Waffe auf ihren Kopf und betätigte den Abzug … nichts.
Ein dumpfes Klicken war zu vernehmen, aber es wurde keine Kugel abgefeuert. Verdammt! Ich hatte sie doch gestern Abend erst gereinigt und wieder korrekt zusammengesetzt.
Ich legte erneut den Finger auf den Abzug, doch bevor ich irgendetwas unternehmen konnte, stand Blondi bereits vor mir und lächelte mich milde an.
„Schon gut. Alles wird wieder gut.“, flüsterte sie in mein Ohr, umarmte mich herzlich und leckte mir über die Wange. Bitte? Igitt! Warum leckte sie mich denn ab? Sie hörte überhaupt nicht mehr damit auf …
Mit wild pochendem Herzen schlug ich die Augen auf und erblickte eine feuchte Hundeschnauze. Ceci! Ich hatte geträumt. Schade … die Tasche hätte ich schon gerne gehabt.
Um sicher zu gehen, richtete ich mich auf und ließ den Blick durch mein Schlafzimmer schweifen. Ja, das war mein Schlafzimmer, kein Dior-Laden mit Ausverkauf-Schildern. Entrüstet stöhnte ich auf – das wäre ja auch zu schön gewesen!
Ich schloss Ceci – eigentlich hieß sie Cecilia –, meinen American Pitbull, liebevoll in die Arme und streichelte ihr über den Kopf. Prompt setzte sie ihr Werk fort und leckte mir weiter über die Wangen.
Eigentlich hatte ich sie mir vor drei Jahren zur Abschreckung gekauft, weil ich der Überzeugung war, dass ich keinen Mann in meinem Leben brauchte. Allerdings stellte sich schnell heraus, dass Cecis Charakter bei der Geburt falsch programmiert worden sein musste, denn alles was sie in die Flucht schlug, waren die Wollmäuse unter meinem Bett, wenn sie mit dem Schwanz wedelte.
Noch während ich die gemeinsame Zeit mit ihr genoss, fragte sich ein entlegener Teil meines Gehirns welchen Wochentag wir hatten. Die Ernüchterung kam sofort – Freitag. Ich musste zur Arbeit!
Mit einem Satz sprang ich aus meinem Bett und eilte zum Kleiderschrank. Wieso hatte ich gestern meine Klamotten nicht zurecht gelegt? Ach ja, ich war zu müde gewesen. Es gab eigentlich nur drei Situationen in denen man ein Gespräch mit mir tunlichst vermeiden sollte: Hunger, Müdigkeit und Kaffeeentzug. Zwei der drei Szenarien ballten sich nun auf einem Haufen, was meine Laune nicht unbedingt verbesserte.
Ich zog das erstbeste Kleid aus dem Schrank und befand mich schon halb auf dem Weg unter die Dusche, als mir Cecis flehender Blick begegnete.
„Natürlich, du willst vor die Tür.“
Schnell öffnete ich ihr die Tür in den Garten von Miss Mapp, meiner Nachbarin, und unterzog mich selbst einer Katzenwäsche. Auf dem Weg zurück ins Schlafzimmer ließ ich sie wieder herein und vernahm sofort das gewohnte Gekeife von Nebenan: „Wenn ich Ihren Köter noch einmal zwischen meinen Büschen erwische, dann rufe ich die Polizei!“.
„Sorry, Mrs. Mapp“, bemühte ich mich, möglichst schuldbewusst, zurückzurufen.
Nachdem ich mich endlich in ein
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