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Code Vision (Vereint) (German Edition)

Code Vision (Vereint) (German Edition)

Titel: Code Vision (Vereint) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruby Shadow
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ich schon damals wegen meiner Augen gelitten hatte.
    „Das kannst du dir auch nicht denken?“, fragte ich. Erneut wollte ich den Blick abwenden und wieder hielt sie mich davon ab. Doch dieses Mal, indem sie von der Anrichte glitt und direkt vor mir stehen blieb. Ich konnte nicht anders, als den Blick ihrer intensivgrünen Augen zu erwidern.
    „Nein“, sagte sie schließlich. Ihr Atem streifte meine Lippen, so nah war sie. Wahrscheinlich versuchte sie, durch das Braun meiner Linsen hindurch, die echten Farben zu erkennen. „Nimm sie raus.“
    „Was?“ Ich bemühte mich, meine Konzentration wieder auf ihre Worte, nicht nur auf ihre Augen zu richten.
    „Nimm sie raus“, wiederholte Emily. „Die Linsen.“
    „Wieso? Du weißt, wie meine Augen aussehen.“
    „Na los. Mach schon, oder ich frage weiter!“
    Mit einem unzufriedenen Grummeln wandte ich mich zur Seite, senkte den Kopf und holte die Linsen heraus. Vorsichtig ließ ich sie in ein Wasserglas gleiten. Falls sie es nicht überstanden, hatte ich noch mehr auf Lager. Ich hielt die Augen geschlossen, als ich ihre Finger an meinem Kinn spürte. Sanft drehte sie mein Gesicht zu sich.
    „Und jetzt mach die Augen auf.“
    Sie kannte meine Augen. Es gab also nichts zu verlieren. Ich hob die Lider und sah sie direkt an. Ich wusste, dass sie nun zwei vollkommen unterschiedliche Augen ansahen. Ein blaues und ein grünes. Fasziniert bewunderte sie beide, dann trat sie zu meinem Leidwesen einen Schritt zurück.
    „Du solltest deine Augen nicht verstecken.“
    „Du weißt, wie sehr ich damals gelitten habe. Das hat nicht aufgehört, als ich älter wurde. Das Leben ist leichter, wenn man sich anpasst – vor allem, wenn man ohnehin schon als … verrückt gilt.“
    Emily starrte mich erst fassungslos an, dann lachte sie schallend los. So heftig, dass sie sich abstützen musste und ich Sorge hatte, sie würde sich nicht wieder beruhigen.
    „Reiß dich zusammen“, murrte ich, als sie nach einer Minute immer noch lachte und sich den Bauch hielt.
    „Tut mir leid“, keuchte sie atemlos und rang nach Luft. „Es ist nur … du hast dich doch sonst nicht … dafür interessiert, was die anderen denken.“
    Sie wischte sich ein paar Tränen aus den Augenwinkeln und schien sich ernsthaft zusammenreißen zu wollen. Der Erfolg blieb aus. Sie kicherte trotzdem noch.
    „Ich habe mich verändert“, beharrte ich. Sie schüttelte den Kopf, ohne lange darüber nachzudenken.
    „Nein, Char. Du hast dich nicht verändert. Nicht ein Bisschen.“
    Char … Der Name hallte in meinem Kopf nach. Früher hatte ich es lange bereut, ihr meinen zweiten Vornamen verraten zu haben. Charles. Es war der Name meines Vaters. Emily hatte sich anfangs einen Spaß daraus gemacht, mich damit aufzuziehen, weil sie genau gewusst hatte, wie sehr ich den Namen hasste. Irgendwann war es mein persönlicher Spitzname von ihr geworden. Niemand sonst durfte mich so nennen.
    „Hast du vielleicht noch weitere Fragen?“ Irgendwie musste ich dieses Thema abhaken. Ich sah sie gerne lachen, aber in diesem Augenblick fühlte ich mich eher ausgelacht.
    „Ja“, sagte sie, als sie sich endlich wieder unter Kontrolle hatte. „Ich habe noch viele Fragen, aber die wichtigste: Wieso wohnst du hier noch?“
    Augenrollend wandte ich mich ab. „Komm schon, Em. Ich kann es dir nicht sagen. Es hat viele Gründe und alle sind sinnlos und albern.“
    „Selbstqualen?“, fragte sie. „Wieso tust du dir das an? Ich will es nur verstehen.“
    „Nächste Frage!“, forderte ich. Sie seufzte schweren Herzens und nahm ihre Tasse wieder hoch.
    „Also gut. Dann ein anderes Thema“, sagte sie. An ihrer Stimme konnte ich schon erkennen, dass dieses andere Thema mir genauso wenig gefallen würde, wie der Grund, weshalb ich hier noch wohnte.
    „Wieso hast du dich nicht gemeldet, als du es wieder konntest?“
    In mir zog sich alles zusammen. Das war die wohl schlimmste Frage, die sie mir hatte stellen können. Die einzige Frage, auf die ich ihr wirklich keine Antwort geben konnte. Ich hatte sie selber noch nicht gefunden.
    „Na schön“, sagte ich schließlich. „Komm mit.“
    Ohne auf ihre Verblüffung zu achten, nahm ich ihr die Tasse weg, stellte sie zur Seite und griff nach ihrer Hand. Sofort zog ich sie mit mir. Kurze Zeit später fanden wir uns im ersten Stock wieder. Doch nicht vor meinem Zimmer.
    Ich öffnete langsam die Tür. Zum Vorschein kam ein sonnendurchfluteter Raum mit rosafarbenen Wänden, gemachtem Bett

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