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Codename Azteke

Codename Azteke

Titel: Codename Azteke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Vidal
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sie ungläubig anzustarren. Rosa musste offenbar einen bevorstehenden Kicheranfall unterdrücken. Er wandte seinen Blick wieder der Straße zu, während seine Freundin nach Rosas Hand fasste. Auch Mercedes musste offensichtlich das Lachen unterdrücken.
    Sie sprachen nicht mehr, bis sie ihr Ziel in Madrid erreicht hatten.

9
    Bis spät in die Nacht saß Aquiles Sierra in seinem Büro und las sich die Notizen des Azteken durch. Was die innere Sicherheit des Landes anging, war Sierra ein mächtiger Mann. An der täglichen vordersten Front vielleicht sogar der mächtigste in ganz Kuba.
    Aber in bestimmten Bereichen musste auch Sierra vorsichtig vorgehen. Alles, was als eine Bedrohung der alten Garde im Allgemeinen und der letzten Überlebenden der Sierra Maestra im Besonderen angesehen wurde, war definitiv tabu.
    Und was die alten Bolschewiken anging, so war Florin der Unantastbarste von allen. Schließlich war es Florins Geld, mit dem die Motoryacht Granma ihrem amerikanischen Besitzer in Veracruz abgekauft worden war.
    Und es war Florins Freund und Mentor Antonio Mercer gewesen, der 1959 kurz nach dem Triumph der Revolution mit hundert spanisch sprechenden Beratern aus Moskau gekommen war.
    Es war auch Florin gewesen, der die kubanischen Feldzüge in Afrika und Lateinamerika geführt und mit dem Blut seiner eigenen Kinder dafür bezahlt hatte.
    Vielleicht war Jesús Florin ein Ausländer, aber er wurde ebenso als Kubaner betrachtet wie Castro, Matos oder
Cienfuegos. Im modernen Kuba saß der Azteke auf dem hohen Podest der allgemeinen Beliebtheit.
    Aber selbst Fidel war seinem Grab nicht mehr allzu fern. Wie lange würde der speziell kubanische Kommunismus noch durchhalten, wenn der Comandante erst einmal tot und begraben war?
    Sierra musste sich ja nur Osteuropa ansehen, um zu erkennen, dass die Tage des heutigen Systems gezählt waren. Ob es besser oder schlechter werden würde, war dahingestellt, aber im Moment mussten sich die Leute mit Machtpositionen innerhalb der etablierten Ordnung auf ein Leben in einem neuen Kuba einrichten, in dem die Beamten von heute arbeitslos sein und viele von ihnen – Sierra eingeschlossen – zur Zielscheibe für den aufgestauten Hass und die Racheakte von zurückkehrenden Exilanten werden würden.
    Aquiles Sierra bereitete es daher keine schlaflosen Nächte, dass sich viele seiner eigenen Kollegen und der hohen staatlichen Beamten die Taschen füllten, ihre Schäfchen ins Trockene brachten, Verbindungen schufen und sich bei ihren Amtskollegen im Ausland einschleimten, die ihnen vielleicht eines Tages ein Einreisevisum besorgen oder bei einer neuen Ausreisewelle aus Kuba helfen konnten, ohne dass sie für ihr neues Land zur wirtschaftlichen Belastung wurden.
    Normalerweise, wenn Sierra etwas zu Ohren kam, was die alte Garde betraf – Devisenverstöße oder illegale Importe etwa –, machte er sich lediglich eine Notiz und ließ die Sache auf sich beruhen.
    In diesem Fall war sich Sierra jedoch sicher, dass der Azteke etwas Inoffizielles im Schilde führte und vielleicht
sogar etwas, was inakzeptabel war. Zuerst war da diese Frau von der spanischen Botschaft gewesen. Angeblich hatte sie etwas mit Handel zu tun gehabt, einem Gebiet, auf dem Florin noch nie aktiv gewesen war.
    Sie war in der Vergangenheit öfter in Kuba gewesen, hatte aber bislang noch nie Sierras Missfallen oder Bedenken erregt. Schließlich hatte sie viele der Ausstellungen und Kongresse organisiert, die zu spanischen Investitionen auf Kuba geführt hatten.
    Doch als sie eines Tages direkt und unerwarteterweise mit Sierra Kontakt aufgenommen hatte, hatte sie eindringlich, vielleicht sogar mit einer Spur von Verzweiflung gesprochen, was sie hinter einem ansonsten perfekt gelassenen Äußeren zu verbergen versuchte – doch nicht so perfekt, dass sie Sierras sechsten Sinn für Furcht oder Betrug hatte täuschen können.
    Und ein paar Monate später kam dieser Hadley an und behauptete, ein Wissenschaftler aus Salamanca zu sein. Seine Geschichte hatte Sierras Überprüfung standgehalten. Aber warum sollte sich Florin ausgerechnet einen englischen Exsoldaten aussuchen, um ihn seine Biografie schreiben zu lassen, wenn die am Flughafen kopierten Dokumente echt waren?
    Und dann war da diese Goldmünze. Hatte Hadley gelogen? Hatte er die Münze tatsächlich schon ins Land mit eingeführt, oder war sie ein Symbol?
    Zehn Jahre früher war Sierra noch jung und selbstbewusst genug gewesen, um den Bungalow des Azteken verwanzen

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