Codename Azteke
einsetzen. Wenn dieser Hadley, diese Uribe oder auch Pinto mit dem Azteken unter einer Decke steckten, würde er es herausfinden.
Und wenn von diesem Gold noch etwas existierte, kam es gar nicht in Frage, dass Sierra es einfach in gierige ausländische Hände fallen lassen würde.
10
Als er in Madrid aus dem Flugzeug stieg, machte sich Hadley auf eine weitere Befragungsrunde gefasst, diesmal zwar von Seiten der Spanier, aber dennoch nichts, auf was er sich freute.
Er ging die endlosen Gänge von Terminal 4 entlang und fragte sich, ob seine neuen Befrager ihn an der Passkontrolle oder am Zoll abfangen würden. Lange musste er nicht auf die Antwort warten.
Vor ihm sprach das »Varadero-Pärchen« mit einem uniformierten Beamten und behielt die Leute im Auge. Jetzt, wo sie sich nicht länger verstecken mussten, verhielten sie sich auffälliger. In ihrem Heimatland hatten sie offensichtlich das Sagen. Florin hatte recht gehabt: Es waren Pintos Fußsoldaten. Hadley ging geradewegs auf sie zu. Es spielt ja doch keine Rolle, dachte er.
»Bringen Sie mich gleich zu Capitán Pinto, oder soll ich erst nach Hause gehen?«
Sie schienen nicht begeistert, dass Hadley sie angesprochen hatte, aber sie hatten ihre Befehle. Sie nahmen ihm den Gepäckschein ab und sagten ihm, er solle dem Grenzbeamten seinen Pass geben, damit sie ihn ohne weitere Formalitäten zu einem wartenden Wagen bringen konnten.
Der Fahrer war liebenswürdig und gesprächig und schien keine Ahnung zu haben, wer Hadley war. Er beschwerte sich über den Verkehr, den unablässigen Regen und die Leistungen von Real Madrid, bis er erkannte, dass Hadley Engländer war, woraufhin sich das Thema des Gesprächs – oder eher des Monologs – David Beckham zuwandte, für den der Club letztens 25 Millionen britische Pfund bezahlt hatte.
Mit dem Verkehr hatte er allerdings recht: Für die 30 Kilometer vom Flughafen Barajas östlich der Stadt bis zum CNI-Hauptquartier brauchten sie über eine Stunde. Hadley versuchte, Mercedes anzurufen, aber ihr Telefon war abgeschaltet. Er sah auf die Uhr. Es war elf Uhr vormittags, wahrscheinlich saß sie in der Bibliothek.
Als sie vor dem Gebäude an der Avenue Padre Ruidobro die weite, baumgesäumte Auffahrt entlangfuhren, überkam Hadley ein Déjà-vu, obwohl das moderne rosa Gebäude mit den getönten Fenstern dieses Mal bedrohlicher wirkte. Der letzte Besuch war zwar von Besorgnis geprägt gewesen, aber sie war gemildert worden durch das Bewusstsein, dass das, was dort vor sich ging, nichts mit der Guardia Civil zu tun hatte und der Polizei in Salamanca nicht gefiel. Was auch immer bei diesem ersten Besuch herauskommen würde, Hadley hatte sich ausgerechnet, es würde wohl eine Art Begnadigung sein. Das hatte Rueda gesagt. Freunde an höchster Stelle.
Jetzt konnte er kaum glauben, dass das erst fünf Wochen her war, und er war sich nicht sicher, ob Pinto völlig überzeugt sein würde. Bis jetzt war alles viel zu leicht erschienen. Warum sollte Florin jahrzehntelang den Mund halten und jetzt auf einmal anfangen zu reden? Dahinter
musste mehr stecken, und er war sich sicher, dass das auch Pintos Reaktion sein würde.
In der Zwischenzeit hatte sich Hadley auch ein paar Fragen bezüglich einiger Dinge gestellt, die er für gegeben hingenommen hatte. Zum Beispiel, wer zum Teufel Rosa Uribe war – und warum sie mit Unmengen von Kokain in der Tasche herumlief.
Am Samstag, den vierzehnten, dem Tag nach Ramiros Geburtstagsparty, war Hadley mit Mercedes und Rosa vor demselben Eingang abgeliefert worden. Schweigend hatten sie im blassen Winterlicht gestanden und sich gefragt, was hinter dieser modernen Fassade mit den neokubistischen Skulpturen auf dem Rasen steckte. Das Gebäude trug kein Firmenlogo, und am Eingang standen nur ungewöhnlich hohe, kahle Flaggenmasten. Der Fahrer hatte dem Portier die Tasche mit den »Beweisen und Fotos« übergeben und dafür eine Quittung bekommen.
Als sie die Lobby betraten, standen sie dem großen runden, blau-weißen Logo des Centro Nacional de Inteligencia gegenüber, das fast die gesamte Wand einnahm. Ihr schweigsamer Führer brachte sie zu einem Aufzug und begleitete sie in den dritten Stock. Dort wurden sie von einem weiteren Beamten in Empfang genommen, diesmal von einer Frau. Sie übernahm Mercedes und Rosa und brachte sie nach links in einen anderen Gang. Hadley wurde in die entgegengesetzte Richtung geführt und in ein elegantes, wenn auch steriles Zimmer ohne Fenster gebracht.
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