Codename Azteke
»Meine Quellen erzählen mir, dass ein englischer Gastprofessor aus Salamanca es geschafft hat, ein Treffen mit dem Azteken zu arrangieren. ›Wer ist dieser Mann?‹, frage ich mich unwillkürlich. Und natürlich lasse ich das von meinen Leuten in Erfahrung bringen.«
Bevor Hadley etwas erwidern konnte, klopfte es an der Tür, und ein Kellner kam mit einem Servierwagen herein. Er breitete ein weißes Tischtuch über den Couchtisch. Aus der Getränkeauswahl nahmen beide Männer nur Wasser. Ein Brotkorb und eine Platte mit Wurst und Käse sowie eine Obstschale wurden auf den Tisch gestellt. Zum Schluss brachte der Kellner noch eine glänzende Thermoskanne mit Kaffee und zwei kleine Tassen. Pinto bedankte sich und wartete, bis er den Raum verlassen hatte.
»Und letztlich …« Er tippte auf den Ringfinger und fuhr in seiner Analyse fort: »Gerade, als ich mich frage, wie ich weiter vorgehen soll, wie Ihre bevorstehende Reise nach Kuba von Nutzen sein könnte – für Sie selbstverständlich, aber auch für Ihr Gastland Spanien –, da informieren mich meine Quellen dank ihres unermüdlichen Fleißes, dass Sie sich in ziemliche Schwierigkeiten gebracht haben und dass uns, wenn wir nicht sehr schnell etwas unternehmen, mit größter Wahrscheinlichkeit eine äußerst seltene Gelegenheit durch die Finger schlüpfen wird.«
Pinto lehnte sich zurück und sah Hadley fragend an, als solle ihm dieser bestätigen, dass er den Ausführungen so weit folgen konnte.
»Also musste ich einschreiten«, schloss Pinto. »Nicht ganz einfach, muss ich sagen. Ich musste bis zum Minister gehen, um sein Einverständnis zu bekommen, aber hier sind wir nun. Sehen Sie, Mr Hadley? Verstehen Sie nun, warum Sie hier sind?«
»Ich beginne zu verstehen. Aber was in aller Welt soll ich denn in Kuba für Sie tun? Alles, was ich habe, ist eine Einladung – und selbst die kam durch die Universität von Havanna zustande –, mich mit Florin zu treffen und ihn
nach seinen Erinnerungen an Madrid im Herbst 1936 zu fragen.«
»Ja, das ist uns klar«, erwiderte Pinto, und Hadley blickte unwillkürlich überrascht auf. »Wir haben auch in Kuba Quellen, wie Ihnen sicherlich klar ist.«
»Damit ich das richtig verstehe, Mr Pinto: Sie sagen also, wenn ich Ihnen bei dem helfe, was Sie von dem Azteken wissen wollen, dann wird mein Problem in Salamanca sich in Luft auflösen?«
»So sieht es aus.«
»Und Miss Vilanova? Und Mrs Uribe? Was passiert mit ihnen?«
»Wie gut kennen Sie Mrs Uribe?«
»Gar nicht. Ich habe sie gestern kennen gelernt. Sie ist die Cousine eines engen Freundes.«
Pinto verzog missbilligend das Gesicht. Für einen Mann, der sich mit der schmutzigen Seite des Lebens befasste, urteilte er Hadleys Meinung nach ein wenig vorschnell.
»Nun, vielleicht darf ich Sie aufklären: Mrs Uribe arbeitet für das Staatssekretariat für Wirtschaft in der Abteilung Außenhandel.«
»Und was bedeutet das?« Hadley verstand nicht ganz, worauf Pinto hinauswollte.
»Für eine Abteilung, die sich ICEX nennt, genauer gesagt. Wissen Sie, was das ist?«
»Nein.« Er hatte keine Ahnung.
»Lassen Sie uns sagen, dass ICEX überall dort seine Nase hineinsteckt, wo sich Geschäftsmöglichkeiten ergeben, die für Spanien von Interesse sein könnten – von Afghanistan bis Simbabwe. Und wenn sich solch eine Gelegenheit in
Lateinamerika ergibt, dann ist die Person an Spaniens vorderster Front Rosa Uribe.«
»Ich verstehe.«
»Sie ist das Gesicht des spanischen Handels auf einem ganzen Subkontinent. Also, um Ihre vorherige Frage zu beantworten, Mr Hadley, wir haben noch einen weiteren und wenn man so sagen darf, zwingenderen Grund, Mrs Uribe zu schützen.«
»Und Mercedes?«
»Miss Vilanova ist für uns nicht wirklich von Bedeutung. Ihr Vater ist in Wirtschaftskreisen natürlich sehr bekannt. Es würde ihm bestimmt nicht gefallen, seine Tochter auf den Titelblättern der Zeitungen in Valencia zu sehen, und wir könnten das sicherlich nicht verhindern, wenn die Sache herauskäme. Aber das wird sie natürlich nicht, denn wir werden das nicht zulassen, nicht wahr?«
»Ich verstehe schon.«
»Gut. Ich wusste, dass Sie das verstehen. Wie ich höre, waren Sie früher Soldat?«
»Das ist lange her«, wehrte Hadley ab.
»Nun, ich war früher Seemann, sehen Sie? Wir sind also beide Männer, die nicht um den heißen Brei herumreden. Wir brauchen Ihre Hilfe, und Sie könnten uns helfen. Wenn Sie uns dieses eine Mal unterstützen – und hoffentlich Ihre Lektion
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