Codename Azteke
CNI hatte Nachforschungen über Jack Hadley angestellt, seit ihm Rosa von ihm berichtet hatte. Von seiner letzten Auseinandersetzung mit Hadley hatte er noch niemandem etwas erzählt.
Der Capitán glaubte an Objektivität. Er versuchte bei einem Konflikt stets den Standpunkt seines Gegners zu verstehen.
Er gab unumwunden zu, dass der CNI Hadley in diese Angelegenheit hineingezwungen hatte, wenn auch aus gutem Grund. Damals hatte Pinto gehofft, dass das Glück
des Professors, ein Interview mit dem Azteken zu führen, den Nachweis für Rosas Behauptung erbringen könnte, dass dieser bereit war zu reden.
Doch wenn die Verbindung erst einmal hergestellt war, hatte Pinto eigentlich beabsichtigt, dass ein ausgebildeter Agent Hadleys Stelle einnehmen sollte. Warum um alles in der Welt bestand Florin nur darauf, dass ausgerechnet Hadley seine »Aufträge« ausführte? War an Hadley mehr, als es den Anschein hatte, und wenn ja, was?
Pinto hatte seinen Stab gebeten, sich Hadley noch einmal anzusehen, alles in seiner Vergangenheit, seine Familie, seine Bekannten, was immer ihnen nützlich sein könnte. Alles, was auf eine frühere oder auch spätere Verbindung zu den Kubanern, ihren Zielen oder ihrer Ideologie hindeutete.
»In Ihren Unterlagen steht alles, Sir«, versicherte ihm Fuentes. »Geboren in Hereford, England. Vater Engländer – ein Anwalt vom Lande –, Mutter Irin. Zwei jüngere Brüder und eine ältere Schwester. Sie leben alle noch.«
»Eine Irin?« Pinto schlug erneut seinen Ordner auf. Das war ihm bislang entgangen. »Hat man das nachgeprüft?« Jeder wusste, dass es zwischen den Iren und den Basken Verbindungen gab.
»Eine Familie aus Cork, Pferdezüchter, kein Hinweis auf irgendetwas Ungewöhnliches.«
»In seiner Studentenzeit? Aktivist?«, fragte Minguez.
»Nichts Besonderes. Er ging auf ein behütetes römischkatholisches Internat in Somerset, und danach war er sechs Jahre bei der Armee und hat unter anderem in Kuwait und im Irak gekämpft. Danach St. Catherine’s, Oxford. Ausgezeichneter Abschluss in Geschichte. Eher der konservative Typ, würde ich sagen. Er hat Jennifer Dalton geheiratet,
aber die Ehe ging vor zwei Jahren in die Brüche, sie wurden kürzlich geschieden. Zwei Söhne, acht und zehn Jahre alt, leben bei ihrer Mutter. Sie ist ebenfalls Akademikerin auf dem Gebiet der Renaissancekunst. Sowohl Hadley als auch seine Frau arbeiteten am University College in London«, schloss Fuentes. »Sie arbeitet immer noch dort, er, wie wir alle wissen, in Salamanca.«
»Also«, fragte Pinto und sah sich um, »nichts, was ihn mit Florin in Verbindung bringt?«
Alle schüttelten die Köpfe.
»Was ist mit seiner Freundin?« Wieder war es Minguez, der die Frage stellte.
»Ah, die Freundin.« Irma Diaz lächelte und holte zwei Bilder von Mercedes aus ihrem Ordner. »Sie ist schon interessanter.«
»Das können Sie laut sagen«, meinte Vega und wünschte sich gleich darauf, dass er den Mund gehalten hätte, als er Pintos Blick begegnete.
»Weniger sie als vielmehr ihre Familie«, fuhr Diaz fort und ignorierte die Bemerkung. »Sie scheint genau das zu sein, nach dem es aussieht: von den Nonnen in Xátiva erzogen, Universität in Valencia, fünf Jahre bei Santander und dabei auch eine Weile in Genf.«
»Irgendwelche ausländischen Einflüsse, während sie in der Schweiz war?«, fragte Pinto.
»Nichts, an was wir uns halten könnten, abgesehen von den normalen internationalen Kontakten eines Bankers.«
»Als spanischsprachige Bank in Genf hatten sie sicher viele Kunden aus Südamerika«, vermutete Minguez.
»Ja«, antwortete Diaz.
»Vielleicht auch Kubaner?«
»Möglich.«
»Guter Punkt«, fand Pinto. »Wir werden uns mit Santander unterhalten, ganz unverbindlich natürlich und ohne Miss Vilanova zu erwähnen. Mal sehen, ob ihre Kunden in Genf irgendetwas haben, was … nun, sagen wir mal, für Spanien von Interesse wäre.«
Einige machten sich Notizen, und Pinto bedeutete Diaz, mit Mercedes’ Eltern fortzufahren.
»Hier wird es interessanter, wie ich bereits sagte. Die Verbindung nach Argentinien. Luis Vilanova gehört, wie wir wissen, Vilanova Taronger in Valencia. Dabei geht es um Millionen. Aber bis 1980 war Luis Vilanova Colonel in der argentinischen Armee.«
»Er hat also im schmutzigen Krieg gedient«, bemerkte Duarte. Argentinien gehörte zwar nicht zum Zuständigkeitsbereich der karibischen Abteilung, aber im Südamerika der 1970er-Jahre waren Kuba und das Festland vielfältig
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