Codename Azteke
ließ die Frage im Raum stehen. Diaz und Vega sahen instinktiv auf die Weltkarte an der Wand.
Javier Duarte äußerte als Erster die Vermutung: »Wer sagt denn, dass Kuba etwas damit zu tun hat?«
Die anderen sahen sich verwundert an. Diese Möglichkeit hatte keiner von ihnen in Betracht gezogen, schließlich war der Azteke seit einem halben Jahrhundert ein Synonym für Kuba.
»Jesús Florin macht sich selbstständig?« Beinahe hätte Pinto gelacht.
Niemand hätte je vermutet, dass der Azteke, ein Mann, der für seinen eigenen ererbten Reichtum nichts als Verachtung übrig gehabt hatte, auch nur das geringste Interesse an einem geraubten Schatz haben könnte, das nicht einer Sache diente.
»Man muss schon zugeben, dass es seltsam ist«, beharrte Duarte. »Dreißig Jahre lang hören wir keinen Ton von dem Kerl, und ganz plötzlich – wo er schon mit einem Fuß im Grab steht – will er auf einmal, dass wir ihm helfen, sein verschwundenes Gold wiederzuholen. Sollen wir ihm das abkaufen?«
»Wir wussten immer, dass er beim Geheimdienst ist, Javier«, korrigierte Vega seinen Kollegen. »Das ist nicht ganz dasselbe, als zu behaupten, wir hätten gar nichts von ihm gehört.«
»Gut, das bestreite ich ja gar nicht, aber es bleibt dennoch die Frage offen, warum zum Teufel er ausgerechnet jetzt dieses Gold will?«
»Vielleicht hat Castro ihn darum gebeten? So nach dem Motto: He, Jesús, bevor wir alle ins Gras beißen, sag mir doch, wo der ganze spanische Zaster abgeblieben ist!«
Mit der perfekten Imitation eines kubanischen Akzents brachte Duarte alle zum Lachen.
»Wenn das so ist, warum hat er dann mit dieser Frage bis jetzt gewartet?« So leicht wollte Minguez Duartes Theorie nicht glauben.
»Vielleicht finden wir eher eine Antwort, wenn wir wissen, wo das Gold gelandet ist«, meinte Pinto. »Stellt euch mal vor, es sei 1939. Der Bürgerkrieg ist vorbei, der Zweite
Weltkrieg steht kurz bevor«, überlegte er. »Wir haben ein Boot und müssen mehrere Tonnen Ladung aus Jugoslawien herausbringen. Wir machen uns auf den Weg nach Mexiko, aber irgendetwas hindert uns daran, unser Ziel zu erreichen.«
»Zum Beispiel was?«, fragte Vega.
»Das Wetter, Maschinenprobleme, Meuterer, Treibstoff … Die Liste ist lang. Eines dürfen Sie mir glauben: Mit einem Schiff auf See kann alles passieren.«
Auf diesem Gebiet wollte dem Capitán niemand widersprechen.
»Lassen Sie uns mal eine Linie von der Adria nach Mexiko ziehen und sehen, wo wir einen sicheren Hafen suchen würden, wenn wir unterwegs einen brauchen.« Diesmal stand Pinto auf und ging zu den Karten an der Wand. Die anderen folgten ihm mit den Blicken.
»Zurück nach Spanien?«, vermutete Vega. »Die Küste in Andalusien oder dem Baskenland ist lang, und es gab bestimmt noch genügend Sympathisanten der Republikaner, die in der Nacht ein Boot ausladen würden.«
»Zu riskant.« Der Soldat in Pinto schien diese Möglichkeit auszuschließen. »Und dasselbe gilt für Nordafrika.«
Spanien hatte zwar noch seine Enklaven in Nordafrika, aber 1939 standen sie ebenso wie die Kanaren fest unter Francos Herrschaft.
»Dann die atlantischen Inseln«, äußerte Minguez seine eigene Vermutung. »Die Azoren, Madeira, die Kapverden …«
»Weiter«, verlangte Pinto.
»Fernando Póo! Westafrika!« Jetzt war Vega an der Reihe. Sie sprachen von seinem Gebiet.
»Florins Tagebuch sagt, dass Mercer ihm ein Kanonenboot der republikanischen Marine zur Verfügung gestellt hat«, erklärte Pinto. »Das hat Klejevic bestätigt, verbal und mit der Fotografie. Ich habe nachgeforscht.«
Bei Ausbruch des Bürgerkrieges hatte sich die Flotte aufgeteilt, je nach Stationierung und der Überzeugung der Schiffsoffiziere. Manche von ihnen blieben loyal, andere wechselten irgendwann die Seiten. Aber die Archive der spanischen Marine dokumentierten die Verwendung jedes einzelnen Schiffes in der Armada bis zum 1. April 1939.
»Nur zwei Schiffe gingen verloren«, sagte Pinto. »Das Torpedoboot Mataró und der Minensucher El Saler . Den Namen des Kanonenboots auf dem Foto kann ich nicht lesen, aber es ist definitiv ein Torpedoboot, wie es der Armada 1931 geliefert wurde.«
Am Tisch herrschte Schweigen.
»Wir sollten daher weiterhin von der Annahme ausgehen, dass uns Florin zumindest in dieser Hinsicht die Wahrheit sagt, und uns dem nächsten Punkt auf unserer Agenda zuwenden.« Pinto drehte sich zu Fuentes. »Was können Sie uns über Jack Hadley sagen, was wir nicht schon wissen?«
Der
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