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Codename Hélène

Codename Hélène

Titel: Codename Hélène Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Juergs
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darauf, im August 1945 , wegen Kollaboration mit den Nazis zum Tode verurteilt.
    Charles de Gaulle, den Pétain einst mit Todesstrafe bedacht hatte, weil der General sich nicht den Deutschen ergeben wollte, sondern im Londoner Exil die »Flamme des Widerstands« entfachte, begnadigte ihn. Er fürchtete, und dies wahrscheinlich zu Recht, nach einer Hinrichtung des Marschalls Auseinandersetzungen zwischen Pétainisten und Résistants, was wohl einem Bürgerkrieg gleichgekommen wäre. Um den zu verhindern, schickte er stattdessen den Delinquenten Pétain in die Verbannung auf die Île d’Yeu vor der Atlantikküste Frankreichs.
    Doch noch ist im Sommer 1944 nicht das ganze Frankreich befreit. Noch weht die Trikolore nur im Süden und im Südwesten, im Norden regiert noch immer das Hakenkreuz. Paris ist auf Befehl Hitlers zur Festung ausgebaut worden. Falls die nicht zu halten ist, soll sie, wie im Osten mit Warschau geschehen, dem Erdboden gleichgemacht werden. Wenn sich seine Soldaten gegen die ihnen weit überlegenen alliierten Streitkräfte nicht behaupten können, müssen zumindest die dafür büßen, zu deren Befreiung sie angetreten waren. Unter allen Brücken über die Seine waren Sprengladungen angebracht worden, ebenso zum Beispiel im Louvre und in der Universität, am Palais Royal und am Eiffelturm, auf dessen Spitze noch die verhasste Fahne der Nazis wehte. Der letzte Zug mit Todgeweihten verließ das Lager Drancy via Paris Richtung Deutschland am 15 . August, am Tag danach wurden 35 junge Widerstandskämpfer, die meisten Studenten, im Bois de Boulougne standrechtlich erschossen. Für jeden toten Pariser Bürger, schwören ihre Mitstreiter, wird ein Deutscher sterben müssen. Sie wollen nicht warten, bis sie von Engländern, Amerikanern, Kanadiern, Australiern befreit werden, sie wollen ein Zeichen setzen und sich selbst befreien.
    Am 19 . August beginnen die kommunistischen Francs-tireurs et Partisans den bewaffneten Aufstand. Ihr Aufruf zum Generalstreik zehn Tage zuvor war nicht nur vom Personal der Metro und der Post befolgt worden, sondern sogar von der Mehrheit der Polizei, die noch zwei Jahre vorher, den Deutschen im Judenhass gehorsamst vorauseilend, fast 13 0 00 jüdische Bürger, darunter über 4000 Kinder, im Velodrom d’Hiver zusammengetrieben hatte. Aber auch damals, im Sommer 1942 , musste es, wie Serge Klarsfeld in seinem Buch Vichy – Auschwitz über die »Endlösung der Judenfrage« in Frankreich schreibt, bewusst die Begriffe der Nazis benutzend im Untertitel, bereits Hunderte anständig gebliebener Gendarmen gegeben haben, denn auf den Deportationslisten standen mehr als 22 0 00 ihrer Mitbürger. Die fanden sie zwar alle, aber vielen empfahlen sie im Vieraugengespräch die sofortige Flucht in den noch nicht besetzten Teil Frankreichs oder das Abtauchen in den Untergrund.
    Die Bevölkerung, obwohl unbewaffnet, schloss sich den Kämpfern an. Baute Barrikaden. Bastelte Molotowcocktails. Versorgte sie mit Lebensmitteln, obwohl sie selbst kaum was zu essen hatte. In Paris herrschte Hungersnot. Noch tranken die Deutschen Champagner, tanzten auf dem Vulkan, glaubten aber so recht nicht mehr an den Endsieg. General Dietrich von Choltitz, der just an dem Tag in Paris sein Amt als Stadtkommandant angetreten hatte, als am 9 . August der Generalstreik begann, reagierte zunächst mit der ihm nachgesagten Härte. Bereitete die Verteidigung der Stadt gegen Amerikaner und Briten und Franzosen vor, ließ Panzer in den Straßen auffahren und die Bastionen der Aufständischen unter Beschuss nehmen, aber hoffte doch insgeheim, dass sowohl seinen Truppen als auch der Bevölkerung ein blutiger Häuserkampf erspart bleiben würde. Die Befehle Hitlers aus der Wolfsschanze allerdings waren brutal eindeutig, und die SS -Führer in Paris würden im Zweifelsfall den Wehrmachtsgeneral Choltitz eher verhaften als ihm gehorchen. Paris sollte brennen, falls sich die deutschen Besatzer vor den anrückenden Alliierten zurückziehen mussten.
    Die den Stadtkommandanten bedrängenden Fragen aus der Wolfsschanze, wann endlich mit den Sprengungen begonnen werde, beantwortete er mit Hinweis auf bestehende logistische Probleme. Choltitz wusste aber, lange würde er nicht mehr so taktieren können. Das Schicksal seines Vorgängers im Amt, General Carl Heinrich von Stülpnagel, der sich wegen Teilnahme an der Verschwörung des 20 . Juli gegen Hitler vor dem Volksgerichtshof verantworten musste, würde ebenfalls ihm bevorstehen,

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