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Codename Hélène

Codename Hélène

Titel: Codename Hélène Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Juergs
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bereits über Langeweile beschwert, als er sie für Kurierdienste im Pat-O’Leary-Netzwerk einteilte, obwohl die wirklich gefährlich waren statt langweilig. Sie sei nun mal a real australian bombshell , wie voller Bewunderung einer ihrer späteren Ausbilder notierte, sei temperamentvoll und wisse trotz ihres »fröhlichen Lachens immer genau, was sie ernsthaft will«.
    Ohne etwas zu ahnen, stand sie aber bereits von Anfang an unter Beobachtung, um eventuell für höhere Aufgaben eingesetzt zu werden. Captain Garrow vom militärischen Geheimdienst hatte sie den Konkurrenten empfohlen. Er wusste aus eigener Erfahrung, wozu sie fähig war, und eine Frau mit ihren Fähigkeiten konnte man an anderer Stelle bei anderen Einsätzen als denen in einer Kantine jetzt wahrlich besser gebrauchen. Bei der Special Operations Executive beispielsweise. Churchills Geheime gab es inzwischen mehr als drei Jahre. Aus der kleinen Organisation war eine schlagkräftige, aber öffentlich nach wie vor nie in Erscheinung tretende Abteilung geworden. Sechs große Gebäude in der Baker Street dienten ihr als Residenz sowie achtzig unter allerlei Namen als Hotel oder Feriencamps getarnte Häuser und Ausbildungszentren in Schottland und England. Das größte lag in Guildford rund 20 Kilometer südwestlich von London. Über spektakuläre Aktionen und Erfolge in den besetzten Ländern Europas wurde ebenso geschwiegen wie über Misserfolge und Verluste.
    Manches ist sogar bis heute unter Verschluss. In William Mackenzies achthundert Seiten umfassender Secret History of Special Operations Executive 1940 – 1945 stößt man immer wieder und plötzlich mitten im Absatz in Versalien auf den Kommentar: » PASSAGE DELETED ON GROUNDS OF NATIONAL SECURITY «, gestrichen aus Gründen der nationalen Sicherheit. Ein anderer Historiker, Michael R. D. Foot, herausragender Chronist aller Frankreichaktivitäten von Special Operations Executive, schrieb an der Erstausgabe seines Buches SOE in France zwei Jahre, aber bis es 1966 erscheinen durfte, vergingen weitere vier Jahre, in denen MI 5 -Lektoren Satz für Satz daraufhin überprüften, ob irgendwelche Staatsgeheimnisse verletzt worden waren.
    Regelmäßig brachte Foot eine erweiterte und mit weiteren Recherchen versehene Auflage seines Standardwerks heraus, dann aber ohne staatliches Lektorat, wofür ihn ehemalige SOE -Agenten sogar noch fünfzig Jahre nach Kriegsende verklagten, weil er angeblich zu viel über die einst geheimen Aktionen verraten hatte. Er gewann alle Prozesse. Es gebe, sagte er, Geschichten aus der Geschichte, die einfach erzählt werden müssen. »Mehr als jeder andere Lebende wusste er über die Special Operations Executive «, schrieb The Economist im Nachruf auf Michael R. D. Foot, als dieser 92 -jährig am 18 . Februar 2012 starb.
    Einmotorige Lysanders, im militärischen Jargon Lizzie genannt – zwei Mann Besatzung, Platz für drei Passagiere, Radius mit einer Tankfüllung rund 1400 Kilometer, Höchstgeschwindigkeit 265 Stundenkilometer – oder zweimotorige Hudsons – fünf Mann Besatzung, Reichweite 4500 Kilometer –, später auch die amerikanischen Liberators mit zehn Mann Besatzung brachten Menschen und Material. Für eine sichere Landung und den Start nach wenigen Minuten benötigten die Lysander-Maschinen ein freies Feld, eine Wiese, eine Lichtung, die mindestens 400 , besser 600 Yards lang sein musste, also etwa 370 bis 550 Meter. In die Luft stiegen oder aus der Luft herab stießen sie dabei fast so steil wie ein Fahrstuhl, nur zum Ausrollen oder zum Anlauf brauchten sie die Strecke. Konstruiert waren Lizzies für Flüge bei Tageslicht, um feindliche Stellungen oder Verbände auf dem Boden zu suchen. Luftschlachten sollten die Piloten tunlichst vermeiden, weil sie gegen die Messerschmitts und deren Geschwindigkeiten keine Chance gehabt hätten.
    Die Piloten hatten nach links und rechts aus den Fenstern freie, nach vorne über Motor und Propeller hinaus nur beschränkte Sicht. Für die Einsätze in Frankreich war an der Unterfläche ein weiterer Benzintank in der Form eines Torpedos angeschweißt worden, Fassungsvermögen rund siebenhundert Liter – zusammen mit den fünfhundert Litern im regulären Tank reichte das. Der befand sich im Cockpit hinter dem Piloten. Die Strecke über den Kanal schafften sie je nach Windverhältnissen in zwei Stunden. Das Geräusch der Flugzeugmotoren über Frankreichs Küsten hörte natürlich auch die deutsche Flugabwehr. Viele der britischen

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