Codename Merlin - 3
irgendetwas, was wir zu besprechen hätten, Maikel?«, fragte der König.
»Eigentlich, Euer Majestät«, erwiderte Staynair, und sein Tonfall klang deutlich förmlicher, als das an sich seine Art war, »würde ich mir gerne heute Nachmittag den Seijin ausborgen, wenn es Euch recht ist.« Cayleb ließ sich seine Überraschung deutlich klarer anmerken, als dies bei Merlin der Fall gewesen war, und der Erzbischof lächelte. »Ich verspreche auch, ihn zum Abendessen zurückzubringen, Euer Majestät. Ich hätte nur noch eine Kleinigkeit, die ich gerne mit ihm besprechen würde, und da ich heute Nachmittag ohnehin in der Stadt noch eine seelsorgerische Aufgabe zu erfüllen habe, dachte ich mir, ich könnte ihn vielleicht bitten, mich zu begleiten. Nur als Vorsichtsmaßnahme, Ihr versteht.«
Abrupt kniff Cayleb die Augen zusammen. Die Erinnerung an das Attentat auf Erzbischof Maikel war noch zu frisch, als dass er hätte missverstehen können, welche Art der ›Vorsichtsmaßnahme‹ Staynair gemeint haben könnte. Vor allem nach dem, was vor drei Tagen in der Königlichen Hochschule geschehen war.
»Wenn Ihr zusätzlichen Schutz benötigt, Maikel …«, setzte der König an, doch Staynair schüttelte gemächlich den Kopf.
»Um Attentäter mache ich mir keine sonderlichen Sorgen, Euer Majestät«, entgegnete er und lächelte matt. »Zumindest nicht im Augenblick. Aber ich muss heute Nachmittag noch jemanden besuchen, und unter den gegebenen Umständen würde ich es vorziehen, dabei kein sonderliches Aufsehen zu erregen. Bedauerlicherweise wäre ich wohl doch ein wenig auffällig, wenn mich eine ganze Schar Wachen begleiten würde. Angesichts der unschönen Ereignisse in der Kathedrale und dem, was in der Hochschule passiert ist, sowie der allgemeinen Stimmung, die im Augenblick herrscht, wäre es mir alles andere als recht, wenn ein einfacher Privatbesuch bei einem alten Freund, der sich im Augenblick nicht gerade bester Gesundheit erfreut, dazu führen würde, dass ich die Aufmerksamkeit unserer Feinde auf ein schlichtes Kloster lenken könnte. Und es ist nur zu gut möglich, dass ich gewisse Leute auf den Gedanken bringe, ich würde irgendetwas im Schilde führen, wenn sie bemerken, dass ich überhaupt dorthin gehe. Glücklicherweise bin ich recht zuversichtlich …« − sein Lächeln wurde breiter − »… dass es Captain Athrawes ein Leichtes wäre, uns beide wohlbehalten das Ziel erreichen zu lassen, wenn ich diese kurze Reise, sagen wir, inkognito anträte?«
»Ist das wirklich wichtig genug, dass wir es riskieren sollten, Euch in Zeiten wie diesen ›inkognito‹ durch die Straßen laufen zu lassen?«
»Es geht um einen sehr alten Freund, Euer Majestät«, antwortete Staynair leise, »und sein Gesundheitszustand hat sich in letzter Zeit immer weiter verschlechtert. Und es handelt sich auch nicht nur um einen reinen Freundschaftsbesuch.«
Einen Moment lang blickte Cayleb den Prälaten nur wortlos an, dann sog er scharf die Luft ein und nickte knapp. Merlin war nicht sonderlich überrascht, dass der König sich fügte − auch wenn die Vorstellung, gerade jetzt, zu diesem Zeitpunkt in der Geschichte von Safehold, könne Maikel Staynair irgendetwas widerfahren, offen gesagt zutiefst erschreckend war. Für Merlin galt das wahrscheinlich sogar noch mehr als für Cayleb, wenn der Seijin ganz ehrlich war, und nach diesem Mordversuch konnte niemand − nicht einmal Staynair − noch so tun, als hätten die Tempelgetreuen nicht genau die gleichen Überlegungen angestellt. Doch sowohl Merlin als auch Cayleb wussten, dass nichts, was sie hätten sagen können, Staynair davon abhalten würde, seinen seelsorgerischen Pflichten nachzugehen. Hätte ihnen das gelingen können, so wäre Staynair ein gänzlich anderer Mensch gewesen … und dann wäre er eben nicht so unerlässlich für sämtliche der Hoffnungen, die ihre ganze Zukunft betrafen.
»Also gut«, entschied der König. Dann blickte er zu Merlin hinüber. »Bitte versucht, dafür zu sorgen, dass er unbeschadet bleibt, Merlin. Wieder einmal.«
Staynair war taktvoll genug, angesichts dieses letzten Zusatzes wenigstens kurz das Gesicht zu verziehen, doch er ließ sich dennoch nicht abbringen.
»Ich werde mein Bestes geben, Euer Majestät«, versicherte Merlin dem König von Charis und blickte zu dem hoch aufragenden Gardisten hinüber, der vor der Tür zum Ratssaal stand und wartete.
Sergeant Payter Faircaster war das einzige Mitglied aus Kronprinz Caylebs
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