Codename Merlin - 3
zurück. »Was sehr wahrscheinlich passieren würde, wenn wir auf den Ausbau der Flotte verzichteten, beunruhigt mich dann doch deutlich mehr.«
»Ich will doch gar nicht behaupten, dieser Ausbau sei nicht notwendig, Bryahn«, gab Ironhill mit sanfter Stimme zurück. »Aber da ich nun einmal derjenige bin, der sich eine Möglichkeit überlegen muss, ihn auch zu finanzieren, stellt mich das tatsächlich vor einige … interessante Herausforderungen.«
»Soll Nahrmahn dafür doch zahlen«, schlug Lock Island vor. »Der fette kleine Dreckskerl hat in seiner Schatzkammer noch mehr als genug gehortet, und im Augenblick hat er so gut wie gar keine Flotte mehr. Wir stehen doch schon bei ihm vor der Haustür, und er wird nicht gerade glücklich darüber sein, dass wir die Eraystor Bay so zugeschnürt haben wie einen alten Stoffbeutel. Warum sollte ich ihm jetzt nicht einfach noch den Rest des Tages versauen, indem ich ein paar Marines an Land schicke, die ihm eine höfliche Anfrage Seiner Majestät überbringen, doch freundlicherweise unsere bescheidenen Kosten zu übernehmen, bevor wir ihm sein ganzes, verdrecktes Hafenviertel unterm Hintern weg abfackeln?«
»Verführerisch«, merkte Cayleb an. »Äußerst verführerisch. Aber ich bin mir nicht sicher, dass es sich auch in die Tat umsetzen ließe.«
»Warum denn nicht?« Lock Island wandte sich wieder seinem König zu. »Wir haben gewonnen, er hat verloren. Na gut, er wird verlieren, sobald wir erst einmal dazu kommen, seinen fetten Arsch mit einem kräftigen Tritt von seinem Thron zu befördern, und das weiß er selbst auch ganz genau.«
»Zweifellos«, stimmte Cayleb zu. »Angenommen, wir würden Emerald dem Königreich einverleiben, müssten wir uns auch überlegen, wie wir seine Verwaltung finanzieren wollen. Und ›die Schatzkammer plündern‹ erscheint mir nicht gerade ein guter Anfang dafür zu sein. Außerdem wäre das eine einmalige Finanzierung, und nur die Flotte zu erweitern wird unser Problem nicht lösen, Bryahn. Irgendwie müssen wir auch ihren ganzen Betrieb finanzieren können. Wenn die Kirche sich offen gegen uns stellt, können wir es uns nicht leisten, eine große Anzahl von Schiffen einfach nur im Liegeplatz zu halten. Wir werden sie alle in den aktiven Dienst stellen müssen. Und das wiederum bedeutet eine ständige, heftige Belastung der Schatzkammern. Wir können uns nicht darauf verlassen, regelmäßig derartige ›Zuwendungen‹ wie die aus Nahrmahns Schatzkammern zu erhalten, also werden wir uns überlegen müssen, wie wir das langfristig allein mit unseren eigenen Einkünften bestreiten können.«
Lock Island hob die Augenbrauen und blickte den jungen Monarchen voller Respekt an. Ironhill hingegen strahlte regelrecht, und Gleiches galt für Gray Harbor; auch Merlin nickte zufrieden − aber nur innerlich. Nur zu viele Regenten, die gewiss doppelt so alt waren wie Cayleb, hätten sich damit begnügt, sich innerhalb kürzester Zeit lediglich das zu holen, was sie für die Schiffe selbst brauchten, ohne sich auch nur einen Deut Gedanken über die Zukunft zu machen.
»Eigentlich, Euer Majestät«, sagte nun ein anderer der Männer am Tisch, »sollte die Finanzierung der Flotte gar nicht so schwierig sein, wie es zunächst erscheint. Zumindest nicht, solange wir nicht auch noch versuchen, gleichzeitig ein stehendes Heer für den Einsatz auf dem Festland aufzustellen.«
Alle blickten sich zu dem Mann um, der gerade das Wort ergriffen hatte. Ehdwyrd Howsmyn war klein, untersetzt und stets äußerst gepflegt gekleidet. Mit seinen einundvierzig Jahren (siebenunddreißigeinhalb Standardjahre, rechnete Merlin automatisch um) war er der jüngste Mann in diesem Ratszimmer −, abgesehen von Cayleb natürlich. Zudem war er wahrscheinlich auch der Wohlhabendste. In seinen Gießereien waren die gesamte Artillerie und auch die Kupferbeschläge für die Rümpfe der Galeonen gefertigt worden, mit denen Cayleb und seine Captains diesen letzten Angriff auf das Königreich so eindrucksvoll zurückgeschlagen hatten. Tatsächlich waren in seinen Werften ein halbes Dutzend dieser Galeonen auch gebaut worden. Howsmyn war kein offizielles Mitglied des Königlichen Rates, er gehörte noch nicht einmal dem Parlament an. Gleiches galt auch für Rhaiyan Mychail, den scharfsinnigen (und fast ebenso wohlhabenden) Mann, der neben ihm saß. Mychail war mindestens doppelt so alt wie Howsmyn, doch die beiden waren schon seit langer Zeit Geschäftspartner, und Mychails
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