Codename Merlin - 3
bislang getan haben, rückgängig machen, und selbst wenn ich der Ansicht wäre, genau das wäre es, was Gott sich von uns wünscht, können wir uns nicht von dem Weg abwenden, den wir eingeschlagen haben. Das bedeutet nicht …« − Cayleb wandte sich zu Wave Thunder um − »… dass ich irgendwelche Massenfestnahmen will! Ich war noch nie sonderlich begeistert von einer Vorgehensweise, die sich auf Folterwerkzeuge verlässt, und ich kann niemanden, der all das, was ich tue und wofür ich stehe, aus tiefstem Herzen für grundlegend falsch hält, davon überzeugen, dass er sich mit seiner Kritik an meiner Vorgehensweise oder meinen Beweggründen täuscht, indem ich einfach nur versuche, jegliche kritische Stimme von vorneherein mundtot zu machen.«
»Etwas Derartiges habe ich niemals vorzuschlagen auch nur in Erwägung gezogen, Euer Hoheit! Ich hatte lediglich gedacht …«
»Seine Majestät hat recht, Mein Lord«, pflichtete Staynair seinem König bei, und Wave Thunder blickte ihn erstaunt an.
»Es ist die Frage des Gewissens, die Frage nach der Beziehung zwischen der Seele jedes Einzelnen und Gott Selbst, die letztendlich der Grund für die Feindseligkeit ist, mit der uns die ›Vierer-Gruppe‹ gegenübersteht«, sprach der Erzbischof mit fester, ruhiger Stimme weiter. »Trynair und Clyntahn sind fest entschlossen, die absolute Oberherrschaft von Mutter Kirche über das Denken, den Glauben und auch das Handeln aller Kinder Gottes zu bewahren − auch wenn jeder der beiden seine eigenen Gründe dafür hat. Beide halten es für angemessen, dieses Ziel in die feinen Gewänder des Glaubens und die Sorge um das Seelenheil jedes Einzelnen zu kleiden und stets so zu tun, als triebe sie nur das priesterliche Pflichtbewusstsein an, nicht etwa der geradezu unanständige Reichtum und das dekadente Leben, das sie nun einmal führen. In Wirklichkeit haben ihre eigene Arroganz und Verderbtheit Mutter Kirche selbst zu einem Werkzeug der Unterdrückung und Gier gemacht. Das wissen wir.« Er blickte sich um; im Ratszimmer war es mit einem Mal erstaunlich still geworden. »Wir haben es selbst gesehen. Und wir glauben, dass Gott uns dazu berufen hat, sich dieser Unterdrückung zu widersetzen. Er hat uns dazu berufen, Mutter Kirche daran zu erinnern, dass es die Seele der Menschen von Gottes Volk ist, die in Wahrheit von Bedeutung ist, und nicht etwa die Menge Goldes in den Schatzkammern der Kirche, oder die persönliche Macht oder der persönliche Reichtum ihrer Vikare, und nicht der Luxus, in dem sie leben. Doch um dabei erfolgreich zu sein, müssen wir allen Kindern von Mutter Kirche genau diese Dinge ins Gedächtnis zurückrufen. Und das wird uns nicht gelingen, wenn wir selbst zu Mitteln der Unterdrückung greifen.«
»Bei allem gebührenden Respekt, Eure Eminenz«, unterbrach Wave Thunder schließlich die Stille, die nur noch tiefer zu werden schien, als nun in der Ferne erneut der Donner grollte. »Ich will dem nicht widersprechen. Aber aus dem gleichen Grund können wir Seine Majestät den König nicht beschützen, wenn wir nicht bereit sind, mit Nachdruck und auch öffentlich sichtbar gegen all jene vorzugehen, die das Ziel haben, ihn zu zerstören. Und wenn wir den König verlieren, dann verlieren wir alles.«
Cayleb wollte schon etwas anmerken, doch Wave Thunder blickte ihn geradezu widerspenstig an.
»Im Augenblick, Euer Majestät, ist das die Wahrheit, und das wisst Ihr auch selbst! Euren Herrn Vater haben wir bereits verloren, und Zhan ist noch ein Kind. Wenn wir Euch verlieren, wer soll denn dann das Königreich zusammenhalten? Und wenn dieses Königreich ins Stolpern gerät, wer ist denn dann noch übrig, Mutter Kirche überhaupt noch irgendetwas ›ins Gedächtnis zurückzurufen‹? Im Augenblick, hier und jetzt, würde mit Euch jede Hoffnung auf Freiheit begraben werden, Euer Majestät! Zumindest im Augenblick ist das die schlichte Wahrheit, so entsetzlich und erschreckend sie auch sein mag. Und das ist auch der Grund, dass Ihr uns gestatten müsst, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um Eure Unversehrtheit zu sichern.«
Cayleb blickte sich am Tisch um, und auf den Mienen aller Anwesenden zeichnete sich entschiedene Zustimmung zu Wave Thunders Worten ab. Selbst der Erzbischof nickte ernsthaft; auch er war sichtlich der Ansicht, der Baron habe recht.
Kurz dachte Cayleb nach. »Das werde ich, Bynzhamyn«, erwiderte er dann, »und jeden, der sich des Verrates gegen die Krone schuldig macht oder der
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