Codename Sparta 02 - Das Venusraetsel
Kleiderschrank und Wäsche zum Wechseln. Anschließend begleiteten sie ihn zu einer gründlichen ärztlichen Untersuchung in eine nahegelegene Klinik. Die Techniker dort behandelten ihn mit der typischen Pariser Überheblichkeit, an die sich Blake jedesmal wieder gewöhnen mußte, aber dann erklärten sie ihn bald zu erstklassigem Material.
Anschließend kamen lange Tage, in denen er als Gast der Athanasier verwöhnt wurde und er das Personal und die anderen Insassen kennenlernte, die man hier als ›Gäste‹ bezeichnete. In den Schlafräumen im Keller hatte man fünf weitere Gäste untergebracht, drei Männer und zwei Frauen. Einer war schon seit sechs Wochen da, einer erst seit wenigen Tagen. Blake kam dahinter, daß sie im Keller nur beobachtet werden sollten, nach einer gewissen Zeit wurde man dann größeren Aufgaben zugeteilt – oder wanderte zurück auf die Straße.
Jeder der Gäste hatte in dem niedrigen Keller seine eigene Zelle. Am Ende des engen Ganges gab es ein WC und eine Dusche, eine Küche und eine Wäscherei. Es wurde gern gesehen, wenn die Gäste bei der Arbeit halfen. Anfangs weigerte Blake sich, er wollte herausfinden, was geschah, wenn er sich nicht einfügte. Es schien niemanden zu stören. Am Anfang der zweiten Woche begann er, in der Wäscherei mitzuarbeiten. Das war offenbar ebenfalls normal, und der einzige Kommentar war ein gelegentliches schlichtes ›Danke‹.
Die Mahlzeiten wurden in einem großen Saal im Parterre serviert, von dessen Fenstern man den Hof überblicken konnte. Das Essen war schlicht, aber gut: Gemüse, Brot, Fisch, Eier und hin und wieder Fleisch. Beobachter, die in den anderen an den Hof angrenzenden Gebäuden zu tun hatten, wurden somit von der verdienstvollen Tätigkeit der Athanasier überzeugt: der Speisung der Bedürftigen.
Im selben Saal gab es jeden Vor- und Nachmittag nach dem Abräumen des Geschirrs ›Diskussionen‹, die von Mitgliedern des Personals geleitet wurden – die Diskussionen ähnelten Gruppentherapiesitzungen, nur daß ihr einziger erklärter Zweck der war, daß die Gäste sich kennenlernen sollten. Niemand zwang Blake, mehr über sich zu verraten, als er bereit war zu erzählen.
In den ersten Tagen wich Catherine nie weit von Blakes Seite, von dem überaus höflichen Lequeu war allerdings nichts mehr zu sehen. Blake zählte drei weitere Leute, die dort arbeiteten: den großen Mann, der seine Flucht vor der Polizei veranlaßt hatte und der Pierre hieß, sowie zwei weitere Männer, Jean und Jacques, die entweder zusammen mit Catherine die Diskussionen leiteten oder den Gästen Gesellschaft leisteten. Alle waren Ende Zwanzig. Blake war überzeugt, daß sie alle falsche Namen benutzten.
Aber das taten die Gäste vielleicht auch. Wie beispielsweise ›Guy‹.
Vincent war am längsten hier. Er war Österreicher und selbsternannter Troubadour, der sich mit klassischem Gitarrenspiel und einer neunsaitigen Karroo in verschiedenen Restaurants des Quartiers durchschlug. Er sang alles, was die Patrons seiner Meinung nach von ihm hören wollten, vor allem aber die Folksongs der Arbeiter, die die großen Raumstationen gebaut hatten. »Eines Tages möchte ich gerne in den Raum«, sagte Vincent, »aber die Gesellschaften wollen mich nicht.«
»Hast du dich für die Programme beworben?« wollte jemand wissen.
»Das habe ich doch schon erzählt. Das möchte ich lieber nicht. Ihr wißt doch, in meiner Vergangenheit sind einige Dinge passiert …«
»Woher sollen wir das wissen, Vincent, du hast uns nichts erzählt.«
Blake hörte zu, wie Vincent von seinen Träumen erzählte, bis er dahinter kam, daß er ein Verführer war. Er hatte sich so hinter seinem Charme verschanzt, daß man mit Gesprächen allein nicht mehr an ihn herankam. Wahrscheinlich war er deswegen noch nicht weiter im Programm vorangekommen. Blake fragte sich, wieviel Zeit die Athanasier ihm wohl noch geben würden.
Salome stammte von einer Farm in der Nähe Verduns. Sie hatte dunkle Haare und war ein zähes Mädchen. Mit 14 hatte sie ihr erstes Kind zur Welt gebracht, mit 16 geheiratet und noch drei weitere Kinder geboren, so daß ihr nie Zeit für eine Ausbildung geblieben war. Jetzt kümmerte sich ihre Mama um die Kinder, Salome war 21 und versuchte, sich in den Straßen von Paris durchzuschlagen.
»Wie machst du das?«
»Ich tue, was ich tun muß.«
»Du stiehlst?«
»Wenn ich muß.«
»Gehst du mit Männern ins Bett?«
»Nur wenn ich überzeugt bin, daß es das Richtige
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