Codename Sparta 02 - Das Venusraetsel
alle davon erfuhren. Wo steckte er jetzt?
Die Tür zu Blakes Zelle wurde mit einem Knall aufgestoßen. Pierre kam herein, packte ihn an seinem schmutzigen Hemd und riß ihn hoch. Blake kam ins Stolpern und sackte in Pierres Armen zusammen. Dann stolperte er auf den Gang, halb auf Pierre gestützt, halb von ihm geschoben.
Pierre steuerte ihn auf die Waschküche am Ende des Ganges zu. Blake spielte seine Schwäche aus, so gut es ging. Wenn er nur nicht tatsächlich fast so schwach gewesen wäre, wie er vorgab! Die Türen der anderen Zellen standen offen, und man hatte die Möbel aus ihnen entfernt. Während der letzten Tage, die er allein bei Hungerrationen in der Zelle verbracht hatte, hatte Blake Stimmen und Bewegung in den anderen Räumen des Kellers hören können, was dort geschah, wußte er aber nicht. Jetzt wurde ihm klar, daß die Athanasier umgezogen waren. Möglicherweise hatte ›Guys‹ Mißgeschick nichts mit dem Umzug zu tun, der mit Sicherheit schon vor dem Diebstahl geplant worden war. Aber vielleicht hatte die Entdeckung von Blakes wahrer Identität die Leute aufgeschreckt.
Sie kamen an das Ende des Ganges. Die Waschküche stand bis unter die Decke voll mit Kartons voller schmutziger Wäsche. Hier hatte schon eine Weile niemand mehr gewaschen. Über dem Geruch nach schmutziger Wäsche lag der alles überdeckende Muff der uralten Pariser Kanalisation.
Blake schüttelte benommen den Kopf. Dann sah er endlich Lequeu. Der ältere Herr saß auf einem Stapel Pappkartons neben der Tür und ließ seinen elegant beschuhten Fuß baumeln. Er sah Blake ausdruckslos an, dann nickte er Pierre kurz zu.
Neben einem der Stahlspülbecken stand ein hölzerner Klappstuhl. »Setz dich«, sagte Pierre und schob Blake zu dem Stuhl. Blake stieß sich das Schienbein an der Stuhlkante und torkelte gegen das Becken, dann stieß er sich schmerzhaft den Kopf an dem darüberhängenden Regal, so daß eine große braune Flasche herausfiel und mit einem Krachen im Becken zersplitterte.
Lequeu zuckte zusammen und griff sich an die Nase, aber Pierre hatte Blakes Arm sicher im Griff und stieß ihn grob auf den Stuhl.
»Das war dumm von dir, Redfield«, sagte Lequeu. »Jetzt kannst du dasitzen und das Zeug einatmen.«
Blake sah ihn aus seinen geröteten Augen wütend an. Der Gestank von Natriumhyperchlorid war in der Nähe des Beckens übermächtig, aber Pierre hielt tapfer durch und baute sich drohend vor Blake auf.
Lequeu hatte einige Mühe, wieder seine lässig-würdevolle Haltung einzunehmen. Er zog eine pistolenartige Injektionsspritze aus der Brusttasche seines Seidenhemdes und hielt sie Blake vor die Nase. »Das ist ein Nervenstimulanzcocktail, der auf die Sprachzentren des Gehirns zielt«, sagte Lequeu gleichmütig. »Ungefähr fünf Minuten nach einer subkutanen Injektion fangen Sie an, völlig unkontrolliert zu sprechen. Solange niemand Ihnen eine Frage stellt, sprechen Sie über einfach alles, was Ihnen in den Sinn kommt. Sollte ich Sie allerdings ausfragen wollen, werden Sie über alles reden, was ich hören will, und zwar so detailliert, wie ich es wünsche. Sie werden genau wissen, was Sie sagen, und vieles davon wird Ihnen gar nicht gefallen. Einiges wird sehr persönlich und daher peinlich sein. Einiges der reinste Verrat. Aber wie auch immer, Sie werden nichts verschweigen.«
Blake sagte: »Zufälligerweise bin ich mit der Methode vertraut.«
»Dann wissen Sie ja, daß ich nicht bluffe.«
»Ich glaube Ihnen, Lequeu.«
»Vielleicht möchten Sie lieber ohne das Stimulanz reden?«
»Was wollen Sie wissen?«
»Da war dieses Mädchen«, sagte Lequeu beiläufig. »Linda – sie war die erste Versuchsperson des Projektes SPARTA. Wo ist sie jetzt?«
Blake achtete genau auf Lequeus Tonfall. Er klang nicht so, als wüßte er mehr über das Projekt SPARTA, aber vielleicht wollte er ihn austricksen. »Ich weiß nicht, wo sie ist. Sie sieht jetzt ganz anders aus. Und sie hat einen neuen Namen angenommen.«
»Ich weiß. Sie nennt sich jetzt Ellen Troy und ist Inspektor der Raumkontrollbehörde.«
»Wenn Sie schon alles wissen, wieso fragen Sie dann?«
»Kommen Sie, Blake … Wann haben Sie sie zum letztenmal gesehen?«
»Auf Port Hesperus, aber das wissen Sie bestimmt auch. Schließlich ist der Fall Sternenkönigin durch alle Medien gegangen.«
»Und Sie waren ganz sicher, daß es Linda war?«
»Ich hatte sie zuvor ein einziges Mal gesehen, in Manhattan. Ich war ziemlich überrascht, weil ich sie für tot
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