Codename Sparta 02 - Das Venusraetsel
abhob. Kleine Flüssigkeitskügelchen schwebten durch den Raum. Das Glas schlug gemächlich auf und segelte völlig intakt wieder in die Luft.
Als das Glas endlich auf dem Boden zur Ruhe kam, hatte Cliff die Tür bereits hinter sich geschlossen, Katrina zuckte mit den Schultern und hob das Glas auf. In wenigen Minuten hatte sie das Apartment wieder umgeräumt, und nichts deutete mehr darauf hin, daß sie Besuch gehabt hatte.
Cliff war verwirrt und fühlte sich schuldig, und seine Gefühle waren zudem gemischt mit Frustration, so daß er die beiden Männer, die ihm zum Hauptkorridor folgten, kaum wahrnahm. Dieser Teil der Station war weit von den geschäftigen Hallen der Zentralkuppel entfernt. Die Decke war niedrig, die Gänge waren eng, und es war niemand in der Nähe.
Bis auf die beiden Männer hinter ihm, deren hallende Schritte immer näher kamen.
Er ging um die nächste Ecke. Sie folgten ihm. Dann wurden seine Schritte schneller, er ging so schnell er konnte, ohne zu rennen. Als er mitbekam, wie sie noch schneller wurden und aufholten, versuchte er wegzulaufen.
Sekunden später hatten sie ihn eingeholt. Diese Männer waren an den Mond gewöhnt, ihre Bewegungen waren schnell und genau im Gegensatz zu Cliffs ungeschicktem Getaumel. Einer packte ihn am Kragen und riß ihn nach hinten. Der andere trat ihm fest von hinten in die Kniekehlen, und er fiel hin. Der erste riß ihm das Jackett über den Kopf, so daß er nichts mehr sehen konnte. Seine Bemühungen waren schwach und ohne Erfolg, seine verängstigten Schreie gedämpft. Dann zerrten sie ihn zappelnd wie einen Sack voller Fische hinter die Stahltür einer Schaltstelle der Stromversorgung.
Anfangs sagten sie beide kein Wort. Sie fingen einfach an, auf ihn einzudreschen, der eine hielt ihm den Ellenbogen auf den Rücken, während der andere ihm seine Fäuste in den Magen grub. Als der erste müde wurde, wechselten sie die Plätze. Sie achteten sorgfältig darauf, ihn nicht an Stellen zu treten, wo man die blauen Flecke hätte sehen können.
Schließlich ließen sie Cliff zu Boden fallen. Er lag da und würgte.
»Wenn wir dich das nächstemal bitten, uns einen kleinen Gefallen zu tun, sag nicht wieder nein«, meinte einer von ihnen nach Luft ringend. Er schüttelte Arme und Schultern aus, um sie zu lockern, er hatte fleißig trainiert. »Sonst ist es das letzte, was du sagst.«
In diesem Augenblick verlor Cliff das Bewußtsein. Aber die Stimme seines Peinigers hatte sich in sein Gedächtnis gegraben.
10
Spartas Magnetbahn kam geräuschlos tief unter der Gare St. Lazare zum Stehen. Die Überschallgeschwindigkeitsfahrt durch den Chunnel, die Vakuumröhre, die unter dem englischen Kanal verlief und London mit Paris verband, war nur kurz. Spartas Ausweispapiere der Raumkontrollbehörde waren vom elektronischen Zoll auf Londoner Seite kontrolliert worden, und als sie jetzt in Paris auf den überfüllten Bahnsteig trat, war das so selbstverständlich, als stiege sie aus der Metro. Sie fuhr mit der langen Rolltreppe an die Oberfläche und stand unter dem grandiosen alten Bahnhofsdach aus Gußeisen und Glas.
Über dem hohen Eisenbogen, durch den man auf die Straße gelangte, war weit oben ein riesiger Bildschirm angebracht, über den stumme Reklame- und Nachrichtenclips liefen. Sparta hatte den hallenden Bahnhof fast schon verlassen, als ihr eine Schlagzeile auffiel, die über den Monitor huschte:
IMMER NOCH KEINE HINWEISE ZUM RAUB DER WERTVOLLEN PAPYRUSROLLE AUS DEM LOUVRE POLIZEI STEHT VOR EINEM RÄTSEL RASTERFAHNDUNG NACH GEHEIMNISVOLLEM ›GUY‹ JETZT SCHON ÜBER EINE WOCHE OHNE ERFOLG
Die Schlagzeilen wurden von Bildern vom Schauplatz des Verbrechens begleitet, darunter auch ein elektronisches Phantombild von ›Guy‹, das vermutlich auf Zeugenaussagen basierte. Blake Redfields Mutter hätte ihn nach diesem Bild wahrscheinlich nicht wiedererkannt, aber Sparta glaubte, eine entfernte Ähnlichkeit zu entdecken.
Es sah so aus, als würde sie doch keinen GUYDE oder Führer für den Louvre brauchen. Es war nicht Blakes Art, Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, offenbar hatte er gewollt, daß man seine Verkleidung durchschaute. Aber ebenso klar war auch, daß er sich von der Polizei hätte erwischen lassen, wenn er das gewollt hätte.
Blake hatte einfach darauf gehofft, Sparta würde ihn noch im Louvre aufspüren – bevor er sich auf so spektakuläre Weise hatte zu erkennen geben müssen. Was hatte er dort gemacht? Und warum wollte er, daß
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