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Codename Sparta 02 - Das Venusraetsel

Codename Sparta 02 - Das Venusraetsel

Titel: Codename Sparta 02 - Das Venusraetsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Preuss
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die sich schnell entfernende Kapsel und faßte ohne bewußte Überlegung einen Entschluß. Er löste den Schnellverschluß. Mit einem Peitschenschlag war die Sicherheitsleine verschwunden.
    Er war allein – mehr als 3000 Kilometer über dem Mond und 400.000 Kilometer von der Erde entfernt. Er konnte nichts tun als warten; erst in zweieinhalb Stunden wußte er, ob er überleben würde. Und ob seine Muskeln das Versagen der Raketen hatten ausgleichen können.
    Als die Sterne langsam um ihn rotierten, fiel ihm plötzlich ein, woher diese beklemmende Erinnerung stammte. Es war schon viele Jahre her, daß er die Geschichten Edgar Allan Poes gelesen hatte, aber wer konnte sie schon vergessen?
    Auch er war in einem Mahlstrom gefangen und wurde unbarmherzig in sein Verderben gezogen; auch er hatte gehofft, durch das Verlassen seines Schiffes der Gefahr zu entrinnen. Auch wenn dort ganz andere Kräfte im Spiel waren, war die Ähnlichkeit verblüffend. Poes Fischer hatte sich an ein Faß gebunden, denn kurze, zylindrische Gegenstände wurden langsamer in den großen Strudel gezogen als sein Schiff. Es war eine ausgezeichnete Illustration der hydrodynamischen Gesetze. Cliff konnte nur hoffen, daß seine Anwendung der himmlischen Mechanik ähnlich inspiriert war.
    Wie schnell war er von der Kapsel abgesprungen? Seine Gesamtgeschwindigkeit betrug gut fünf Meter in der Sekunde – also höchstens fünf Meilen in der Stunde – was für astrologische Verhältnisse lächerlich gering war, aber es reichte, um ihn in eine andere Flugbahn zu versetzen, eine, die den Mond um einige Kilometer verfehlen würde.
    Der Spielraum war nicht gerade groß, aber in dieser luftlosen Welt, wo keinerlei Atmosphäre ihn herunterzog, würde es reichen.
    Plötzlich durchfuhr ihn ein Schuldgefühl. Cliff fiel ein, daß er Myra nicht, wie versprochen, ein zweites Mal angerufen hatte. Van Kessel war daran schuld; der Ingenieur hatte ihn laufend beschäftigt und so dafür gesorgt, daß er keine Zeit hatte, über seine Situation nachzudenken. Van Kessel hatte natürlich recht: In einer solchen Situation konnte man nur an sich selbst denken. Er mußte sich mit seinen gesamten körperlichen und geistigen Kräften auf seine Rettung konzentrieren. Jetzt war weder die Zeit noch die Gelegenheit, sich von Gedanken an die Liebe ablenken zu lassen.
    Er raste jetzt auf die Nachtseite des Mondes zu, das taghelle Rund verschwand zusehends. Die kaum zu ertragende Sonnenscheibe fiel rasch auf den gekrümmten Horizont zu. Er wagte nicht, direkt hineinzusehen. Die gekrümmte Mondlandschaft schmolz zu einer Linie feurigen Lichts zusammen, ein Feuerbogen am Sternenhimmel. Dann zerfiel der Bogen in ein Dutzend leuchtende Perlen, die alle nacheinander verlöschten, als er in den Mondschatten eintauchte.
    Nachdem die Sonne untergegangen war, kam ihm das Erdenlicht noch greller vor. Es überzog seinen Anzug mit einem Silberhauch, während er langsam kopfüber entlang seiner Umlaufbahn rotierte. Er brauchte ungefähr zehn Sekunden für jede Umdrehung, und er konnte nichts tun, um sie zu stoppen. Aber eigentlich war ihm die ständig wechselnde Sicht auch höchst willkommen. Jetzt, da sich seine Augen an das ständige Wiederauftauchen der Sonne gewöhnt hatten, sah er Tausende von Sternen, wo zuvor nur ein paar hundert gewesen waren. Die bekannten Sternbilder gingen in diesem Sternenglanz vollkommen unter, selbst die hellsten Planeten waren kaum noch zu erkennen.
    Die dunkle Scheibe der nächtlichen Mondlandschaft lag vor dem Sternenhimmel wie ein Schatten, der langsam größer wurde, als er auf ihn zufiel. Jeden Augenblick verschwand ein Stern leuchtend hell oder eher schwach hinter ihrem Rand, als wäre seine Existenz erloschen. Fast sah es so aus, als würde im Weltraum ein riesiges, selbst den Himmel verschlingendes Loch wachsen.
    Außer seiner gleichförmigen, zehnsekündigen Rotation hatte er keinerlei Maßstab für seine Bewegung oder die Zeit. Als er auf den Chronometer am Unterarm seines Anzugs blickte, stellte er erstaunt fest, daß seit dem Verlassen der Kapsel bereits eine halbe Stunde vergangen war. Er versuchte die Kapsel zwischen den Sternen zu entdecken, aber ohne Erfolg. Mittlerweile war sie mehrere Kilometer hinter ihm. Aber nach Van Kessels Berechnung würde sie sich auf ihrer niedrigeren Flugbahn langsam wieder vor ihn schieben und vor ihm den Mond erreichen.
    Cliff dachte immer noch über dieses scheinbare Paradoxon nach – die Gleichungen der himmlischen

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