Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Codename Sparta 04 - Das Medusa-Abenteuer

Codename Sparta 04 - Das Medusa-Abenteuer

Titel: Codename Sparta 04 - Das Medusa-Abenteuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Preuss
Vom Netzwerk:
Computereingang, unterbricht jeden Kontakt. Sie ist so voller Wut, daß es sie umzubringen droht.

20
    Obwohl eine ganz neue Welt Howard von allen Seiten umgab, dauerte es über eine Stunde, bis er sich diesem Anblick widmen konnte. Zuerst mußte er sämtliche Systeme der Kapsel überprüfen und ihre Reaktion auf die Steuerung testen. Er mußte herausfinden, wieviel zusätzliche Hitze für eine bestimmte Steigungsgeschwindigkeit nötig war, und wieviel Gas zum Abstieg abgelassen werden mußte. Vor allem mußte die Stabilität geklärt werden. Er mußte die Länge der Verbindungsseile zwischen der Kapsel und dem riesigen, birnenförmigen Ballon angleichen, um Vibrationen zu dämpfen und einen möglichst ruhigen Flug zu ermöglichen.
    Soweit hatte er Glück gehabt. In dieser Höhe wehte ein gleichmäßiger Wind, und laut Dopplernavigation hatte er eine ›Boden‹-Geschwindigkeit von 348 Kilometern pro Stunde. Für den Jupiter war das nicht viel, man hatte schon Stürme von 2000 Kilometern pro Stunde gemessen. Aber die Geschwindigkeit war nicht das Problem, Gefahr bestand bei Turbulenzen. Sollte er da hineingeraten, konnten ihn nur Geschick, Erfahrung und ein schnelles Reaktionsvermögen retten. Und das waren Dinge, die man dem Computer der Kon-Tiki nicht einprogrammieren konnte.
    Erst als er überzeugt war, ein Gefühl für dieses seltsame Fahrzeug zu haben, beendete er die Checkliste. Dann fuhr er die Instrumententräger und Atmosphärensonden aus. Die Kapsel ähnelte jetzt einem zerzausten Weihnachtsbaum, aber sie trieb immer noch ruhig vor den Jupiterwinden und sandte gleichzeitig ihre Informationen zu den Aufzeichnungsgeräten auf dem Mutterschiff. Jetzt endlich konnte er sich umsehen.
    Sein erster Eindruck war unerwartet und sogar ein wenig enttäuschend, denn er basierte auf irdischen Erfahrungen. Was die Größenverhältnisse anbetraf, hätte er mit seinem Ballon genausogut über gewöhnlichen Wolken in Indien schweben können. Der Horizont erschien ganz normal, und es gab keinerlei Anzeichen dafür, daß er sich auf einer Welt befand, die im Durchmesser elfmal größer war als seine eigene. Aber ein kurzer Blick auf den Infrarotradar bestätigte ihm, wie leicht das menschliche Auge getäuscht werden konnte.
    Jetzt sah er den Jupiter so, wie Hunderte unbemannter Sonden ihn gesehen hatte, die ebensoweit vorgedrungen waren wie er. Die Wolkenschicht, die scheinbar nur fünf Kilometer unter ihm lag, war in Wirklichkeit sechzig Kilometer entfernt. Und der Horizont, der seinen Schätzungen nach vielleicht 200 Kilometer entfernt schien, befand sich tatsächlich 3000 Kilometer vor dem Schiff.
    Die kristallene Klarheit der Wasserstoff-Helium-Atmosphäre und die geringe Krümmung des Planeten hätten jeden ungeübten Beobachter völlig getäuscht. Selbst auf dem Mond hätte er es einfacher gefunden, Entfernungen zu schätzen als hier. Der erdverbundene Verstand mußte alles, was er sah, mit mindestens zehn multiplizieren. Für ihn war das einfach, er war darauf vorbereitet. Trotzdem war seine Wahrnehmung verwirrt. Statt sich die riesenhafte Größe des Jupiters einzugestehen, kam es ihm eher so vor, als wäre er auf ein Zehntel seiner normalen Größe geschrumpft.
    Als er auf den unglaublich weit entfernten Horizont starrte, hatte er das Gefühl, als wehte ein Wind durch seine Seele, der kälter war als die Atmosphäre ringsum. Alle seine Argumente für eine bemannte Erforschung des Jupiters waren unaufrichtig gewesen. Menschen würden hier nie leben können. Mit Sicherheit war er der erste und letzte Mensch, der je durch die Wolken des Jupiters hinabsteigen sollte.
    Oben war der Himmel beinahe schwarz, abgesehen von ein paar Zirrusfetzen aus Ammoniak etwa 20 Kilometer höher. Es war kalt dort oben am Rand des Weltalls, aber sowohl Temperatur als auch Druck stiegen in der Tiefe sehr schnell. In der augenblicklichen Höhe der Kon-Tiki herrschten minus 50 Grad Celsius, und der Druck betrug fünfmal soviel wie auf der Erde. Hundert Kilometer weiter unten war es so warm wie am Erdäquator, und der Druck etwa so hoch wie auf dem Grund eines der Flachmeere. Ideale Lebensbedingungen.
    Ein Viertel des kurzen Jupitertages war bereits verstrichen. Die Sonne stand in halber Höhe am Himmel, das Licht auf der unveränderten Wolkenlandschaft war seltsam mild. Die zusätzlichen 600 Millionen Kilometer hatte die Sonne all ihrer Kraft beraubt. Obwohl die Luft klar war, hatte man den Eindruck eines bedeckten Himmels. Die Dämmerung bei

Weitere Kostenlose Bücher