Codename: Sparta - 5 - Der Jupiter-Diamant
sich nicht weniger schwer greifen oder durch eine schwungvolle Armbewegung aus der Ruhe bringen als jenes diffuse und allgegenwärtige Licht, das in der Photonenära des jungen Universums existiert hatte.
Als Forster den Dienstplan verlesen hatte, hatte McNeil Tony Groves zugeflüstert, daß Hawkins für ein riskantes Manöver im freien All viel zu unerfahren sei. Aber Forster hatte allen zu verstehen gegeben, daß er Hawkins im ersten Team zu sehen wünschte.
Blake war auch nicht gerade ein alter Hase. Einmal hatte er sich den Spaß erlaubt, auf dem Erdenmond herumzuhüpfen, außerdem besaß er einige Erfahrung mit den auf dem Mars üblichen Druckanzügen. Aber abgesehen von einer kurzen Episode in einem altmodischen weichen Anzug in der Nähe des Marsmondes Phobos war auch ihm die Arbeit im tiefen All neu.
McNeil hatte man als Hüter auserkoren. In seinen dreißig Jahren Raumerfahrung gab es nur wenig Notfälle, die er noch nicht erlebt und gemeistert hatte.
Als sie dicht genug über der Oberfläche waren, entdeckten sie unter den Sohlen ihrer Stiefel einen Schaum aus reinem und delikatem Wassereis, das zu phantastischen Gebilden geformt worden war. Sie waren nicht stärker als jene, die kristalline Strukturen von Schneeflocken zu einem Universum aus noch feiner verzweigten Strukturen veredeln. Sie hatten die Größe und wiesen die Vielfalt eines tiefen Korallenriffs auf, waren aber gleichzeitig so immateriell wie eine Wolke Talkumpuder.
Die Schwerkraft auf Amalthea war so mikroskopisch gering, daß Gehen einfach nicht in Frage kam; sie hatten sich alle wie Bergsteiger angeseilt und schoben sich mit vorsichtigen Schüben aus ihren Rucksacksteuersystemen über die Ebene.
»Wie sieht es dort unten aus?« erklang Forsters ungeduldige Anfrage über Funk.
»Wie ein italienisches Eis«, sagte Blake.
»Je genauer man hinsieht, desto außergewöhnlicher werden die Formationen«, sagte Hawkins. »Unendlich fein rekursiv strukturiert, wahrscheinlich bis an die Grenze des Wassermoleküls.«
»Was hat er gesagt?« murrte McNeil deutlich hörbar.
Blake und McNeil befanden sich an den Enden des Seils, so daß jeder Übereifer von Hawkins unterbunden wurde. Als seine Begleiter ihn zum zweitenmal an seinen Platz hatten zurückreißen müssen, ertönte erneut Forsters Stimme im Kommfunk. »Wie fühlen Sie sich, Bill?«
»Bestimmt glauben einige Leute, es macht ungeheuer viel Spaß, im Raumanzug auf einem luftlosen Planeten mit extrem niedriger Schwerkraft herumzuspazieren. Sie irren sich gewaltig.«
McNeil brummte: »Ist es Ihnen zu anstrengend?«
»Die ständigen Kontrollen und Vorsichtsmaßnahmen.«
»Denken Sie einfach immer an das Wesentliche. Wissen Sie, wo Sie sich befinden?«
»Ist doch vollkommen egal, solange ich an diesem Seil hänge.«
»Haben Sie genug Atemluft?«
»Ja, sicher, Angus, also wirklich …«
»Dann vergessen Sie auf keinen Fall das Atmen.«
Fünf Minuten lang bewegten sie sich schweigend weiter, bis ihr Ziel, eine der Anordnungen von schwarzen Kreisen, die sie aus dem All gesehen hatten, noch einen Viertel Kilometer entfernt war und sie verschwommen die Umrisse der Linien im Dunst erkennen konnten.
McNeil sagte: »Vielleicht haben wir es mit einer Schaltstelle zu tun, einem Verstärker. Vielleicht sind einige dieser Antennen auf den Heimatstern derer gerichtet, die sie erbaut haben.«
»Warum aber sechs Antennen?« fragte Hawkins. »Selbst wenn eine auf den Jupiter gerichtet sein muß, scheinen es mir immer noch vier zu viel zu sein.«
»Rotation«, sagte Blake.
»Es kann unmöglich lange gedauert haben, bis Amalthea eine feste Gezeitenposition gegenüber dem Jupiter einnahm«, protestierte Hawkins. »Er muß sich also seit einer Milliarde von Jahren in dieser Position befinden.«
»Sie übersehen seine Kreisbahn um den Jupiter.«
»Richtig«, sagte McNeil. »Mit sechs Antennenanlagen können sie jederzeit den gesamten Himmel abdecken.«
»Wie auch immer, dort vorne ist es«, sagte Hawkins.
Die Reihe halb treibender, halb fliegender Männer in Raumanzügen prallte plötzlich von der Oberfläche ab und kam etwas wackelig zum Stehen. Aus dem weißen Dunst vor ihnen ragte das Ding schwarz und spinnengleich in die Höhe. Es war überzogen mit Eiszapfen, die sich eigenartig nach allen Seiten spreizten.
Es handelte sich ohne Frage um einen künstlich geschaffenen Gegenstand, sehr wahrscheinlich eine Radioantenne, aber im Detail wirkte es vollkommen fremd. Es hätte aus der Tiefe des
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