Codename: Sparta - 5 - Der Jupiter-Diamant
»Es dürfte ihnen recht schwerfallen, das vor der Raumkontrollbehörde zu erklären, oder?«
Aber schließlich war es ihre Idee gewesen, und so würde sie sich auch daran erinnern, wenn sie gemeinsam vor dem Untersuchungsausschuß erschienen – als die beiden einzigen Überlebenden von Forsters Amalthea-Expedition.
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Sparta erhob sich nackt aus der Gischt und stieg höher durch den milchigen Dunst ins völlige Vakuum. Dabei reflektierte ihre Haut das kupferfarbene Licht des Jupiter.
Irgend etwas war seltsam an der Ventris. Sie hatte ihre Position ein wenig geändert, außerdem war sie offenbar verlassen, überall brannten Lichter wie bei einer Festbeleuchtung … Es überraschte sie nicht, daß etwas nicht stimmte. Sie hatte die Rückkehr des Manta im Wasser des Kerns gerochen und hatte nachsehen wollen. Im verlassenen Korridor hatte sie ihren leeren Raumanzug entdeckt. Er war zerstört und eingerissen, und die letzten Luftbläschen aus den geleerten Sauerstofftanks strömten aus einem klaffenden Riß. Irgend jemand hatte geglaubt, daß sie sich in ihrem Anzug befand und versucht, sie umzubringen.
Sparta erreichte die Luftschleuse des Ausrüstungsbunkers der Ventris und kletterte hinein. Sie hatte sich an das Steuergerät an ihrem Anzug gehängt und damit gelenkt. Jetzt ließ sie ihn neben der Luke zurück. Die silbrige Schicht aus Bläschen, die sie wie ein Anzug umgab, legte sie jedoch nicht ab. Sie schimmerte wie ein Schmetterlingskokon, und jeder, der sie zufällig dabei beobachtet hätte, wie sie sich den Weg durch die leeren Buchten und Korridore des Schiffes bahnte, bis sie die Mannschaftskapsel erreichte, hätte sie kaum für ein menschliches Wesen gehalten.
Dort bot sich ihr ein gespenstischer Anblick. Josepha Walsh hing schlaff auf ihrer Beschleunigungsliege auf dem Steuerdeck, Angus McNeil hing halb in seiner auf der anderen Seite des Decks. Tony Groves lag in der Schlafkammer, die er mit Randolph Mays hatte teilen müssen, sauber gefangen in seinen Schlafgurten. Hawkins in der Kammer gegenüber war auf ähnliche Weise verschnürt. Blake und Professor Forster ruhten locker auf dem Boden des Einsatzraumes. Wie es schien, hatten sie gerade eine Partie Schach gespielt. Sparta hatte Forster noch nie Schach spielen gesehen.
Mays und Marianne Mitchell waren verschwunden, wie auch die Kapsel des Moon Cruisers, in der sie so Hals über Kopf eingetroffen waren.
Alle Bewußtlosen an Bord der Ventris lebten noch. Ihre Lebenszeichen waren stabil, aber man hatte ihnen eine kräftige Dosis Betäubungsmittel verpaßt. Sparta beugte sich vor, um eine Atemprobe durch die dünne Membran einzusaugen, die sie von der Außenwelt isolierte. Sie ließ den verräterischen Hauch durch ihre Schleimschutzschicht dringen, sofort breitete sich dessen chemische Formel vor ihrem inneren Auge aus. Es handelte sich um ein harmloses Betäubungsmittel, dessen Wirkung bald nachlassen würde, ohne weitere Spuren zu hinterlassen. Sie würden alle mit der Zeit wieder aufwachen, nachdem sie fest für drei oder vier Jupiterumrundungen geschlafen hatten, ohne auch nur einen Kater zu haben.
Sie nahm sich ein paar Augenblicke Zeit, um den Zustand des Schiffes zu überprüfen. Die erste Veränderung war sofort zu erkennen: Der Strahlenschutzschild hatte erneut nachgelassen, nachdem Walsh und McNeil geschworen hatten, sie hätten ihn endgültig repariert. Einem flüchtigen Beobachter wäre sonst nichts aufgefallen.
PIN-Dorne schoben sich unter ihren Fingernägeln hervor und durchstießen den glänzenden Film, der sie umgab. Sie schob die Dorne in die Eingänge des Hauptcomputers und ließ die Datenströme direkt in ihr Gehirn fließen. Nichts Ungewöhnliches zu sehen oder zu hören, aber unter dem beißenden Geschmack der Daten lag ein seltsames Aroma unter dem normalen Geruch nach frisch gebackenem Brot – als wäre etwas verdorben. Es roch metallisch, schmeckte säuerlich kupfern, als lutschte man an einem Penny.
Ah, dort, dort im Steuersystem … alles war so normal, wie es nur sein konnte, bis auf dieses winzige Leck in einem Ventil … winzige Mengen Brennstoff, die unter Druck durch eine Dreiergruppe außenliegender Stutzen austraten, die so am Rumpf der Ventris angebracht waren, daß es unendlich langsam in den Strahlenstrom geschoben wurde, der an Amalthea vorbeiblies.
Wenn es diesen Strahlengürtel erst erreicht hatte, genügten ein paar weitere Jupiterumrundungen, um die gesamte Mannschaft auszulöschen. Trotz ihrer
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