Codex Alera 06: Der erste Fürst
einer Wand aus Licht verborgen, konnte Amara die Reihen der Kavallerie auf Befehle warten sehen, darauf, dass die Kommandeure ihrer Legionen entscheiden würden, wo sie am besten eingesetzt werden könnten. Hochgewachsene, langbeinige Rennpferde aus den Ebenen von Placida standen neben den bulligen, muskulösen Schlachtrössern aus Rhodos, die ihrerseits neben den zottigen, zähen kleinen Pferden aus dem Norden hielten, die kaum größer als Ponys waren.
Aquitanius genügte es nicht, hinter den gewaltigen Bollwerken auszuharren, die rings um die Stadt errichtet worden waren. Die Eindringlinge hatten aleranische Truppen aus einer Verteidigungsstellung nach der anderen verdrängt, und er war von Anfang an sehr gegen Gaius Sextus’ defensive Strategie gewesen. Unterstützt von den erfahrenen Legionen aus dem Norden war er entschlossen, die Schlacht zum Feind zu tragen.
Die aleranische Streitmacht war in Bewegung und rückte vor.
Von hoch oben konnte Amara manchmal ganze Kohorten von Rittern Aeris sehen, schwarze Schattenflecken weit unter ihr, die sich deutlich von den erleuchteten Kolonnen der Legionen am Boden abhoben. Es waren weniger, als im Verhältnis zu den marschierenden Truppen hätten da sein sollen. Die Ritter Aeris von Alera hatten in der Schlacht um Alera Imperia fürchterliche Verluste erlitten. Ihr Opfer war einer der Faktoren gewesen, die den Feind davon überzeugt hatten, den Löwenanteil seiner Kräfte im letzten Angriff auf die Stadt selbst zu bündeln – einem Angriff, der zur Vernichtung der angreifenden Vord geführt hatte.
Gaius Sextus’ letzter selbstmörderischer Spielzug hatte Alera die Zeit erkauft, die das Reich gebraucht hatte, um sich zu erholen und sich auf diese Schlacht vorzubereiten, aber der Preis war schmerzlich hoch gewesen, und Amara befürchtete, dass ihre relative Schwäche am Himmel eine tödliche Blöße in der Schlachtordnung der Legionen bedeuten könnte.
Der vordere Saum der Vordflut brandete auf eine Viertelmeile an die ersten Reihen der vorrückenden Legionen heran, und ein scharlachrotes und blaues Aufflackern loderte aus der Kronlegion in den Himmel, Aquitanius’ Signal zu beginnen. Aleras Ritter und Cives waren nach Monaten der Vorbereitung und Angst, nachdem sie mehr als ein Jahr die Demütigung und den Schmerz ertragen hatten, den die Invasoren ihnen zugefügt hatten, endlich bereit, ihnen eine angemessene Antwort zu erteilen.
Obwohl Amara die allgemeine Theorie hinter der Eröffnungssalve aus Elementarwirken kannte, hatte sie noch nie irgendetwas Vergleichbares gesehen. Sie war Zeugin der völligen Zerstörung der Stadt Kalare durch den Zorn des großen Elementars Kalus geworden, und es war ein entsetzlicher, scheußlicher Anblick gewesen, gewaltiger als alles, was man sich vorstellen konnte, unkontrolliert, schrecklich in seiner Schönheit – und völlig unpersönlich. Was der vordersten Welle der Vord zustieß, war genauso fürchterlich und sogar noch erschreckender.
Die Fürsten von Alera sprachen mit einer Stimme aus Feuer.
Der übliche Angriff eines fähigen Feuerwirkers bestand in der plötzlichen Manifestation einer sich erweiternden Kugel aus weißglühendem Feuer. Gewöhnlich waren diese Kugeln groß genug, um einen Reiter zu Pferde einzuhüllen. Alles, was in ihnen gefangen war, verbrannte binnen eines Augenblicks zu Asche. Alles im Umkreis von fünf Schritt schmolz im Allgemeinen oder geriet in Brand – und alles, was sich im Umkreis von weiteren fünf Schritt darum aufhielt, wurde so stark versengt, dass keiner der Betroffenen noch irgendein Interesse an Feindseligkeiten hätte haben können. Das Feuer erschien mit einem ohrenbetäubenden Zischen und verschwand mit einem dumpfen Knall. Es hinterließ Nebenfeuer und glatte Kuhlen aus geschmolzener Erde.
Einen derartigen Angriff zu manifestieren war für den entsprechenden Elementarwirker ungemein anstrengend. Selbst die, die über die Begabungen von Fürsten und Hohen Fürsten verfügten, mussten sich darauf beschränken, nur etwa zwölf Kugeln zu manifestieren, und nicht viele Dutzend, wenn ihnen keine Ruhepause vergönnt war. Angesichts der Unmengen an Vord auf dem Schlachtfeld konnte selbst die versammelte Macht sämtlicher Feuerwirker Aleras der Masse der feindlichen Streitmacht nicht binnen eines Augenblicks nennenswerte Verluste zufügen.
Gaius Attis hatte sich einen Weg einfallen lassen, um dieses Vorgehen zu verbessern.
Statt des Tosens ausgewachsener Feuerkugeln erschien vor den
Weitere Kostenlose Bücher