Codex Alera 06: Der erste Fürst
seemännischen Fähigkeiten ausgewählt. Obwohl sie in Zweier-, Dreier- oder Vierergruppen kämpften, arbeiteten sie mit der Disziplin von Elite- Legionares gegen den Feind zusammen. Mehrere Vordritter lagen schon tot auf dem Deck der Schleiche , die meisten von ihnen noch dazu zerstückelt. Vor Marcus’ Augen warf ein grauhaariger Seemann ein Fischernetz über einen landenden Vordritter und verwickelte so dessen Flügel in die Schnüre des Netzes. Dann riss er das Vord von den Beinen, während zwei andere Mannschaftsmitglieder begannen, die Kreatur mit Äxten zu bearbeiten.
An einer anderen Stelle wehrte der vierschrötige Bootsmann sich, den Rücken zum Hauptmast, verzweifelt gegen drei Vordritter. Sein Breschmesser mit dem kurzen Griff hielt sie zwar auf Abstand, fügte ihnen aber keinen Schaden zu. Marcus stieß Demos, der hinter ihm stand, mit dem Ellenbogen an und nickte zu dem bedrängten Bootsmann hinüber.
Demos knurrte leise etwas und hob wieder die linke Hand. Der Hauptmast selbst ächzte und bog sich, und die beiden untersten Spieren fuhren wie die Faust eines Riesen nach unten und schlugen mit einem Aufspritzen widerlicher Flüssigkeiten zwei der Vordritter platt. Der dritte sprang erschrocken zurück und begann, seine Flügel zu entfalten, aber der Bootsmann ließ der Kreatur keine Zeit zu fliehen. Er stürzte sich mit dem Breschmesser auf den Vordritter und schlug ihn mit einem einzigen, nach unten gerichteten Hieb beinahe in zwei Teile. Dann beförderte der Bootsmann das betäubte, sterbende Vord mit einem Tritt über Bord, warf einen Blick zu Demos hinüber und berührte eine imaginäre Hutkrempe.
»So ein Pech, dass ihm auf dem Nachhauseweg der Branntwein ausgegangen ist«, bemerkte Demos teilnehmend. »Er kämpft besser, wenn er betrunken ist.«
Der weiterhin tobende Sturm hatte einen immer dichter werdenden Vorhang aus Eiskristallen aufgewirbelt, und Marcus konnte den Bug des Schiffs nicht mehr sehen. Immer mehr Vord landeten, allein und in Paaren, und jeder, den er sehen konnte, beeilte sich, sie so schnell wie möglich niederzuhacken, um nur ja das Zahlenverhältnis für die Aleraner vorteilhaft zu halten. Ein weiteres Vord landete auf der Backbordseite, und Demos eilte geschmeidig hin, um es zu erledigen, bevor andere hinzukommen konnten.
Marcus sah sich auf der Steuerbordseite einem Feind gegenüber, aber er reagierte zu langsam, um ihn vom Schiff zu drängen, und kämpfte am Ende, um am Leben zu bleiben. Sein Schwert hielt mit den Sicheln des Vordritters mit, wehrte einen Schlag nach dem anderen ab, und seine Erfahrung glich die Kraft und furchtlose Angriffslust der Kreatur aus, so dass er unmittelbar außerhalb des kritischen Abstands bleiben konnte, der es dem Geschöpf erlaubt hätte, nahe genug zu kommen, um ihn in Stücke zu schneiden.
Aber er wusste, dass er nicht lange durchhalten konnte. Sein Feind war sowohl stärker als auch schneller als er, und es konnte sich nur noch um Sekunden handeln, bis er nicht mehr in der Lage war, den tödlichen Angriff des Vords abzuwehren. Das Entsetzen verlieh ihm im Augenblick noch genug Kraft, aber wenn der Kampf nicht binnen der nächsten paar Augenblicke eine unerwartete Wendung nahm, war er ein toter Mann.
Marcus’ Hand ertastete hinter ihm die Reling des Schiffs, und er zog sich daran entlang ein paar Schritte zurück, verfolgt von dem Vord. Seine offene Hand traf auf etwas Glattes, und er zog einen schweren Belegnagel aus seiner Halterung an der Reling und schleuderte ihn gegen den Kopf des Vordritters.
Die Sicheln des Vord schossen einen Moment zu spät hoch, um das Wurfgeschoss abzuwehren, und es traf die Kreatur zwischen die Augen. Der Vordritter stolperte, und bevor er sich wieder fangen konnte, stürmte Marcus auf seinen Feind zu, drängte ihn vom Achterdeck und stürzte mit ihm sechs Fuß tief aufs Hauptdeck, so dass sein ganzes gepanzertes Gewicht auf dem Vord landete. Etwas platzte mit einem lauten Knall, und Vordblut spritzte in einem übelkeiterregenden Schwall hervor. Der Vordritter fiel unter Marcus wie ein geleerter Weinschlauch in sich zusammen.
Marcus verschlug es angesichts der Schmerzen, die der Sturz verursacht hatte, einen Moment lang den Atem, aber dann stieß er einen Triumphschrei aus, als ihm bewusst wurde, dass er noch am Leben war. Er kämpfte sich unter Schmerzen auf die Beine, blinzelte sich Blut aus den Augen, und gerade, als er aufrecht stand, schrie eine warnende Stimme: »Fidelias, hinter
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