Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Codex Alera 06: Der erste Fürst

Codex Alera 06: Der erste Fürst

Titel: Codex Alera 06: Der erste Fürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
Vom Netzwerk:
ein Flüstern, »dann muss ich alles in meiner Macht Stehende tun, um es zu beschützen. Das muss ich. Ich kann nicht anders. So bin ich eben. Verstehst du das?«
    »Ich verstehe, dass du mich zurückzulassen gedenkst«, sagte sie leise, »um allein in diesen Krieg zu ziehen.«
    »Das muss ich«, sagte er. »Kitai, es würde mich umbringen, wenn ich dich verliere. Aber jetzt würde es noch jemanden umbringen.«
    Sie schüttelte langsam den Kopf und sah ihn unverwandt an. »Ich werde nicht zurückbleiben, Aleraner.«
    » Warum nicht?«
    Sie schwieg einen Moment lang und dachte nach. Dann sagte sie: »Weißt du noch, wie ich gesagt habe, dass die Vord uns nichts antun könnten?«
    »Ja«, sagte er.
    »Weißt du, warum ich das gesagt habe?«
    »Nein«, sagte er.
    Sie legte ihm die Hände ums Gesicht und flüsterte: »Der Tod bedeutet mir nichts, Chala . Nicht, wenn wir zusammen sind. Den Tod muss man nicht fürchten.« Sie beugte sich vor und küsste ihn sehr sanft auf den Mund. Dann ließ sie die Stirn an seiner ruhen. »Aber auseinandergerissen zu werden, das macht mir große Angst. Schreckliche Angst! Ich gehe in jede öde Wildnis, in jede scheußliche Stadt, in jeden Albtraum, um dich an meiner Seite zu behalten, Chala , und das, ohne mit der Wimper zu zucken. Das war nie ein Problem. Aber verlang nicht von mir, dich zu verlassen. Dich allein in die Gefahr zu schicken. Das kann ich nicht. So bin ich eben. Und deshalb habe ich es dir nicht gesagt. Weil ich wusste, wer du bist.«
    Tavi atmete langsam ein und verstand. »Weil wir uns nicht beide selbst treu bleiben können. Einer muss sich ändern.«
    »Wie können wir angesichts dessen zusammenbleiben?«, fragte sie. In den leisen Worten lag etwas Verzweifeltes. »Wie kannst du mich achten, wenn ich meine Überzeugungen aufgebe? Wie kann ich dich achten, wenn du deine aufgibst?«
    »Und wie könnte auch nur einer von uns sich selbst achten«, sagte Tavi.
    »Ja.«
    Tavi holte langsam Atem. Lange Zeit sprach keiner von ihnen. Der Lärm des Lagers ringsum wurde lauter, als es sich auf den Tagesmarsch vorzubereiten begann.
    »Ich weiß nicht, was ich tun soll«, sagte Tavi. »Noch nicht. Aber es ist ja noch Zeit. Ich werde darüber nachdenken.«
    »Ich habe Wochen gehabt«, sagte Kitai. »Und mir ist nichts eingefallen.«
    »Wir werden noch zwei Tage brauchen, um nach Calderon zu gelangen, vielleicht mehr. Es ist noch Zeit.«
    Kitai schloss die Augen und schüttelte den Kopf. Noch mehr Tränen flossen. Tavi konnte eine übelkeiterregende Furcht in ihr spüren, die er noch nie bei ihr gefühlt hatte.
    »Ich lasse mir etwas einfallen«, sagte er sanft. »Leg die Rüstung ab.«
    Sie zögerte.
    »Es passiert nichts«, sagte er. »Leg sie ab.«
    Das tat sie, sehr langsam. Tavi half ihr, das Untergewand aufzuschnallen. Er zog es ihr aus. Dann packte er den Saum ihres Hemds und hob es langsam an. Mit den Händen führte er sie liebevoll auf das Lager zurück.
    Dann legte er ganz behutsam, als ob es sie in Eissplitter bersten lassen könnte, wenn er nicht mit äußerster Vorsicht vorging, eine Hand auf ihren Bauch und breitete die Fingerspitzen auf ihrer blassen Haut aus, bis seine Handfläche auf ihr ruhte. Das Kind war noch zu klein, um für die Augen sichtbar zu sein, aber er schloss sie und konnte einmal mehr das kleine, zufriedene Wesen inmitten von Kitais eigener, unterdrückter Angst wahrnehmen.
    »Kannst du es spüren? Hast du es versucht?«, fragte er sie.
    »Das kann ich nicht«, sagte sie in still bekümmertem Ton. »Ich habe gehört, wie ein paar Hebammen sich unterhalten haben. Sie haben gesagt, dass man das Kind nicht mit Elementarsinnen spüren kann, wenn es sich im eigenen Körper befindet. Es gleicht einem zu sehr. Und das Kind ist zu klein, als dass es sich schon in mir bewegt hätte.«
    »Gib mir deine Hand.«
    Tavi nahm Kitais Hand und verschränkte ihre Finger mit seinen. Er konzentrierte sich, und seine Empfindung ihrer Gegenwart wurde schlagartig zu etwas weit Lebendigerem und Differenzierterem, als bloße Nähe allein das hätte bewirken können. Er schenkte ihr alle Aufmerksamkeit, dann dem kleinen Wesen, und teilte seine Wärme und seinen Frieden mit Kitai.
    Ihre grünen Augen wurden sehr groß. »Oh«, sagte sie. Ihr kamen die Tränen. »Oh, Chala .« Sie lächelte plötzlich, obwohl sie immer noch weinte, und ließ ein kleines, leises Lachen ertönen. »Oh, das ist schön.«
    Tavi lächelte sie an und beugte sich hinunter, um sie ganz sacht zu

Weitere Kostenlose Bücher