Codex Alera 06: Der erste Fürst
Ehren. »Amara hat gesagt, dass er den Verdacht hatte, du hättest ihn in dieses Wagnis in Riva hineinmanövriert.«
Ehren nickte. »Ich wollte nicht in Reichweite sein, wenn er das herausbekam. Und der beste Weg, dafür zu sorgen, war, sicher von einem Grab umschlossen zu sein.« Er verlagerte sein Gewicht und zuckte aufgrund seiner Verletzungen zusammen. »Zugegeben, ich hatte nicht vor, meinen Abgang ganz so … lebensecht zu gestalten. Der ursprüngliche Plan war der, dass Frederic mich am Ende der Schlacht finden sollte.«
»Warte mal«, brach es aus Frederic hervor. Er hatte die Augen so weit aufgerissen, dass es beinahe komisch wirkte. »Warte. Herr Graf, du wusstest nichts davon?«
Graf Calderon kniff die Augen zusammen und musterte Ehren.
Ehren lächelte dünn. »Ritter Frederic, Tribun Harger und Fürst Graem haben vielleicht unter dem Eindruck gehandelt, dass sie direkt deine vertraulichen Befehle befolgen würden, Graf.«
»Und was sollte sie auf diesen Eindruck gebracht haben?«, fragte Calderon.
»Unterschriebene Befehle!«, sagte Frederic. »Von deiner eigenen Hand, Graf! Ich habe sie gesehen!«
Calderon stieß ein tiefes Knurren aus. »Ritter Ehren?«
»Als ich im Fälschen ausgebildet wurde, pflegte ich deine Briefe an Tavi zum Üben zu benutzen, Exzellenz.«
»Er hat dir diese Briefe gegeben ?«, fragte Calderon.
»Ich bin eingebrochen und habe sie gestohlen, Graf.« Ehren hüstelte. »Für einen anderen Kurs.«
Calderon entfuhr ein angewiderter Laut.
»Ich … ich verstehe das nicht«, sagte der junge Ritter Terra.
»Belass es dabei, Frederic«, sagte Calderon.
»Zu Befehl.«
»Geh.«
»Zu Befehl.« Der vierschrötige junge Ritter salutierte und eilte davon.
Calderon trat näher an Ehren heran. Dann sagte er leise, in hartem Ton: »Du sagst mir also ins Gesicht, dass du geplant hast, einen Princeps des Reichs zu ermorden.«
»Nein«, sagte Ehren genauso leise mit ebenso viel Stein in der Stimme, »ich sage dir, dass ich sichergestellt habe, dass ein Mann, der deinen Neffen unter allen Umständen getötet hätte, ihm nie etwas würde antun können.« Er wandte den Blick nicht ab. »Du kannst mich verhaften lassen, Exzellenz. Oder mich wohl auch töten. Aber ich glaube, dem Reich wäre besser gedient, wenn wir das später klären.«
Graf Calderons Miene veränderte sich nicht. »Was«, sagte er am Ende, »hat dir das Recht gegeben, so mit Aquitanius zu verfahren? Was bringt dich auf den Gedanken, dass es keinen von uns gekümmert hätte?«
»Er war auf jeden Einzelnen von euch vorbereitet«, sagte Ehren schlicht. »Mich hat er kaum eines zweiten Blickes gewürdigt, bis es zu spät war.« Er zuckte mit den Schultern. »Und ich habe Befehle ausgeführt.«
»Wessen Befehle?«, fragte Bernard scharf.
»Gaius Sextus’ Befehle, Graf. Sein letzter Brief an Aquitanius enthielt insgeheim eine verschlüsselte Botschaft an mich.«
Calderon holte tief Atem und musterte Ehren. »Was du getan hast«, sagte er mit gesenkter Stimme, »könnte, Befehle von Sextus hin oder her, als Akt des Verrats gegen das Reich gewertet werden.«
Ehren zog eine Augenbraue hoch. Er sah auf den Steinboden der Festung unter seinen Füßen hinab und klopfte versuchsweise mit dem Stock darauf. Dann schaute er wieder zu Calderon auf. »Hattest du Befehle von Gaius Sextus, Graf?«
Bernard knurrte. »Treffer.« Er atmete aus. »Du bist Tavis Freund.«
»Ja, der bin ich, Graf«, sagte Ehren. »Wenn es die Sache einfacher für dich macht, könnte ich einfach verschwinden. Du würdest die Entscheidung nicht fällen müssen.«
»Nein, Kursor«, sagte Bernard mit Nachdruck. »Ich habe die Grenzen des für mich Erträglichen erreicht, was Intrigen betrifft. Was du getan hast, war falsch.«
»Ja, Graf«, sagte Ehren.
»Und geschmeidig«, sagte Bernard. »Aalglatt. Bis auf die gebrabbelten Verdächtigungen eines Sterbenden gibt es nichts, was dich mit seinem Tod in Verbindung bringen könnte. Und nur Amara und ich wissen darüber Bescheid.«
Ehren wartete und sagte nichts.
»Ritter Ehren«, sagte Bernard langsam. Er holte tief Luft, als mache er sich dafür bereit, sich in kaltes Wasser zu stürzen. »Was für eine Erleichterung, dass deine Verletzungen weniger schwer waren, als wir angenommen haben. Ich erwarte natürlich von dir, dass du deine Pflichten sofort wieder übernimmst. Hier an meiner Seite.« Ganz leise knurrte er: »Wo ich dich im Auge behalten kann.«
Ehren brach vor Erleichterung fast zusammen. Das
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