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Codex Alera 06: Der erste Fürst

Codex Alera 06: Der erste Fürst

Titel: Codex Alera 06: Der erste Fürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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kämpfte gegen Wind und Graupel an, die ihm die Sicht nahmen. Obwohl er wusste, dass der Morgen längst angebrochen war, war der Tag aufgrund des Sturms schwarz wie die Nacht.
    In der Nähe war ein Loch in die Erde gedrückt, wo die Königin zu Boden geschleudert worden war. Sie war unzweifelhaft daraus hervorgeklettert. Windmähnen in Legionsstärke geißelten das umliegende Land. Blitze schrammten über den Boden. Jeder von ihnen dauerte mehrere Sekunden an und grub große, lange Furchen in die Krume. Wenn der Einschlag verblasste, war das Land beinahe so dunkel wie in einer mondlosen Nacht.
    Und in dieser Dunkelheit sah Tavi ein Licht aufblitzen.
    Er kämpfte sich darauf zu und bemerkte auf dem Boden Spuren, die bald vom Regen verwischt wurden. Die Abdrücke waren also frisch. Nur die Königin konnte sie hinterlassen haben. Tavi folgte der Fährte, wehrte mittels Windwirken Dutzende von Windmähnen ab und griff letzten Endes auf einen Strudel zurück, den er um die Klinge seines Schwerts wirbeln ließ, indem er Windwirken anstelle des Feuerwirkens einsetzte, mit dem er sonst seine Klinge entzündete. Sobald das geschehen war, reichte ein einziger Schlag aus, und die tödlichen Furien flohen winselnd vor ihm in die Dunkelheit. Er stapfte weiter und versank bis an die Knöchel in der kalten, schlammigen Erde, während er sich einen sanften Abhang hinaufkämpfte.
    Der warme Schein von Elementarlampen ergoss sich unversehens über den Boden vor ihm, und Tavi spürte das Vorhandensein eines Gebäudes, einer großen Marmorkuppel von dreifacher Mannshöhe. Ihr offener Eingang erstrahlte in einem sanften goldenen Licht, und darüber war in Gold der siebenzackige Stern des Ersten Fürsten von Alera in den Marmor eingelassen.
    Das Grab seines Vaters, das Princepsmemorium.
    Tavi stolperte hinein. Obwohl der Sturm hinter ihm im Freien immer noch tobte, drangen diese Geräusche nur als etwas sehr Fernes und völlig Unbedeutendes ins Innere des Memoriums. Das gewaltige Heulen des Sturms wurde hier bis zu fast völliger Stille gedämpft. Hier unter der Kuppel gab es nur das leise Rieseln von Wasser, das Prasseln von Flammen und das schläfrige Zwitschern eines Vogels.
    Das Innere der Kuppel bestand nicht aus Marmor, sondern aus Kristall, und die Wände erhoben sich hoch und glatt bis zur Decke zwanzig Fuß über dem Boden. Früher hatten die Größe und die Erhabenheit dieses Orts Tavi Ehrfurcht eingeflößt. Heute sah er ihn anders. Er wusste, welches Maß und welchen Schwierigkeitsgrad an Elementarwirken es erfordert hatte, dieses Gebäude aus dem Boden hochzuziehen, und seine Bewunderung galt nicht mehr der Schönheit und reichen Ausstattung des Gebäudes, sondern der Eleganz des Wirkens, durch die es geschaffen worden war.
    Licht spendeten die sieben Feuer, die ohne sichtbaren Brennstoff entlang der Außenwand des Raumes brannten, vorgetäuschte Flammen, die weit schwieriger zu erzeugen waren als das stetige Leuchten jeder Elementarlampe. Dieser unregelmäßige, warme Lichtschein stieg durch den Kristall auf, wurde abgelenkt, gebrochen und in Regenbogen aufgespalten, die mit träger Anmut und Schönheit in den Wänden aus Kristall tanzten – Kristall, der längst Risse bekommen hätte und geborsten wäre, wenn etwas Geringeres als perfektes Elementarwirken ihn geschaffen hätte.
    Der Boden in der Mitte der Kuppel enthielt ein Wasserbecken, das so vollkommen still und glatt wie Amaranthglas war. Ringsum wuchsen üppige Pflanzen – Büsche, Gräser, Blumen, sogar kleine Bäume – immer noch so wohlgeordnet, als würden sie von einem Gärtner gepflegt, und das, obwohl Tavi diesen Ort nicht mehr gesehen hatte, seit er fünfzehn Jahre alt gewesen war. Das Holzwirken, das nötig war, um einen solchen sich selbst pflegenden Garten einzurichten, war erstaunlich. Gaius Sextus hatte anscheinend mehr über das Wachstum lebender Dinge gewusst als Tavi, und das trotz ihrer so unterschiedlichen Wurzeln.
    Zwischen den Feuern entlang der Wände standen sieben stumme Rüstungen, komplett mit scharlachroten Umhängen, den Bronzeschilden im traditionellen Stil und den Schwertern mit Elfenbeingriff, die Septimus’ Singulares getragen hatten. Die Rüstungen hingen stumm und leer auf fast unförmigen Skulpturen aus dunklem Stein, die ewig wachsam die Schlitze ihrer Helme auf ihren Schützling gerichtet hatten. Zweien der Rüstungen fehlten die Waffen – Tavi und Amara hatten sie in jener Nacht vor langer Zeit zu ihrem eigenen Schutz an

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