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Codex Alera 06: Der erste Fürst

Codex Alera 06: Der erste Fürst

Titel: Codex Alera 06: Der erste Fürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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beinahe schwarze Nacht war und ein Sturm aufkam, der das schlimmste Unwetter, das Tavi je erlebt hatte, im Vergleich wie einen sanften Schauer wirken ließ. Der Wind heulte zwischen den Felsen hindurch und kreischte in blindwütigem Zorn. Graupel regnete in halb gefrorenen, stechenden Vorhängen vom Himmel herab. Blitze wanden sich, und ein Dutzend von ihnen gingen binnen weniger Sekunden rings um sie nieder.
    Am Schlimmsten aber war, dass Tavis Wasserwirkersinne plötzlich von einem einzigen blindwütigen, grenzenlosen, endlosen Gefühl überladen waren – Wut. Es war ein Zorn, der gewaltiger war als das Meer, und er machte die Luft in seiner Lunge schwer, so dass er sie nur noch mit Mühe hinein- und hinausbewegen konnte. Und er galt, wie er dachte, nicht einmal ihm. Dieser Speer des Zorns hatte eine klingenbewehrte Spitze, und sie hatte ihn nur leicht gestreift.
    »Bist du wahnsinnig?«, schrie die Vordkönigin und geriet unter dem Anprall des Wütens der großen Elementare ins Taumeln. »Was hast du getan? Sie werden uns alle vernichten!«
    »Dann haben wir unseren Tod wenigstens selbst gewählt!«, schrie Tavi zurück und kämpfte sich durch den entsetzlichen Schmerz und die Verwirrung in seinen Gedanken, durch die unerträgliche Raserei der großen Elementare. »Nicht du!«
    Die Königin kreischte enttäuscht und angstvoll auf und warf sich in die Luft. Eine Sekunde lang schien der Sturmwind aufzufrischen, um sich ihr entgegenzustellen, nur um dann nachzulassen. Sie sauste vorwärts, und im Licht eines Blitzes sah Tavi sie in etwas geraten, das wie ein großes, reißzahnbewehrtes Maul aus Regenwolken und Graupel aussah. Thana Lilvias Kiefer schlossen sich mit einem Tosen von Wind, und Tavi sah, wie die Königin herumwirbelte, die Kontrolle verlor und Meile um Meile einen Wolkenschlund entlangstürzte. Er war mit unzähligen Ringen von Windmähnen gesäumt, deren Klauen aufblitzten und sie zerfleischten.
    Kitai kämpfte sich ab, um ihn in der tobenden Wut des Sturms und trotz des Wütens des Berges zu erreichen und warf sich schließlich neben ihn, als keine zwanzig Fuß entfernt ein Blitz in einen Felsgrat einschlug. Er zog sie nahe an sich und sagte: »Ich verfolge sie.«
    Ihr Kopf schoss hoch, und sie riss die grünen Augen auf. »Was?«
    »Wir müssen sichergehen«, sagte er. »Alera ist hier. Es muss einen Weg geben, die großen Furien zu beschwichtigen oder sie zumindest in eine andere Richtung zu lenken. Sprich mit ihr.«
    » Chala «, schrie Kitai, »du wirst dabei umkommen!«
    Tavi ergriff ihre Hand und drückte sie fest. »Wenn sie noch nicht erledigt ist, dann wird es nie einen besseren Zeitpunkt geben. Es steht zu viel auf dem Spiel; es muss getan werden. Und ich bin der Erste Fürst.« Er zog ihre Hand an seine Brust und küsste sie rasch und hitzig auf den Mund. Dann ließ er die Stirn an ihrer ruhen und sagte: »Ich liebe dich.«
    »Dummkopf«, schluchzte sie, und ihre Hände zitterten, als sie sein Gesicht umfassten. »Natürlich tust du das. Ich liebe dich auch.«
    Es gab nichts, was er noch sagen musste. Nichts, was er noch hören musste.
    Gaius Octavian erhob sich und stürzte sich in die Zähne des Sturms.
    Später erinnerte er sich an diesen letzten Flug nie anders als in Bruchstücken erstarrter Bilder, die von Lichtblitzen in seine Augen gemalt wurden. Die Vordkönigin als winziger, ferner Punkt, der im Wüten des Sturms herumgewirbelt wurde. Windmähnen, deren Augen vor unverbrauchten Blitzen glühten, schlugen mit Krallen wie Donnerkeile nach seiner Rüstung. Schmerz, als der Wind und das Wasser des Sturms wie Messer auf ihn einstachen. Das große und schreckliche Gesicht der Elementarin, deren Zorn sich an der Königin austobte, ihn aber kaum streifte – und dennoch fast umbrachte.
    Tavi ertappte sich dabei, wie er sich ans Wasserwirken klammerte, um Schnitte zu schließen und Verbrennungen zu lindern, während er weiterflog. Die Luft um ihn herum schien ohnehin eher aus Wasser zu bestehen, und es war leichter, als er es sich vorgestellt hatte. Während er die ferne Gestalt der Königin verfolgte, fragte er sich im Fliegen müßig, ob er wohl durch Wasserwirken den Abschnitt seines Gehirns heilen konnte, der ihm diese törichte Vorgehensweise eingegeben hatte und unverkennbar schädlich war.
    Und dann kam eine große Schwärze auf ihn zugesaust – der Boden. Er bremste genug ab, um die Wucht des Aufpralls mit den Beinen statt mit der Wirbelsäule abzufangen, richtete sich auf und

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