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Codex Alera 06: Der erste Fürst

Codex Alera 06: Der erste Fürst

Titel: Codex Alera 06: Der erste Fürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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»Warum sollte ich einen Becher Wasser mit auf einen Ponyritt nehmen?«
    Amara ertappte sich bei einem Lächeln. In diesem langen und auf stille Art unbarmherzigen Winter war nur selten gelächelt worden. Zwischen all den großen, schrecklichen Ereignissen, die über das Reich hereingebrochen waren, verlor man allzu leicht aus dem Blick, wenn ein einzelner Mensch ums Leben kam, selbst wenn das bei einer mutigen Tat und in Ergebenheit dem Reich gegenüber geschah. Bei all den Verlusten an Menschenleben ließ sich ein einziges gar nicht als messbarer Bruchteil aufrechnen.
    Aber die Umstände, in denen sich das Reich befand, hatten für Mascha keine Rolle gespielt, als Bernard der Kleinen gesagt hatte, dass ihre Mutter nicht zu ihr zurückkehren würde.
    Was das Kind wollte, war sehr einfach: Es wollte seine Mutter wiederhaben. Dieses einzelne verlorene Leben hatte die Welt eines kleinen Mädchens in eine trostlose Ödnis verwandelt. Mascha hatte über eine Woche lang nicht gesprochen und litt immer noch unter Albträumen. Zunächst hatten Amara und Bernard versucht, sie zu beruhigen und zurück in ihr eigenes Bett zu schicken, aber der Weg den Flur entlang zum vierten Mal an einem Abend war einfach zu lang, wenn man seit mehreren Tagen nicht mehr richtig geschlafen hatte. Jetzt stolperte Mascha sehr häufig einfach den Gang entlang und ins Bett der beiden. Dort fand sie den Trost und die Wärme von Menschen, denen sie etwas bedeutete, und schlief eng an sie gekuschelt zwischen ihnen ein.
    Die großen Elementare wussten, dass Mascha eine Gelegenheit verdient hatte, zu lächeln und Freude zu empfinden.
    Selbst wenn sie vielleicht nicht von Dauer war.
    Der ruhige Morgen wurde vom fernen Rauschen der Windströme durchbrochen, die nach oben gerichtet waren, um mehrere Geschwader von Boten oder Rittern Aeris in den hellen Frühlingshimmel zu tragen. Amara sah sich stirnrunzelnd nach Kaserna um, flüsterte dann ihrem Windelementar, Cirrus, etwas zu und hielt sich die Hände vors Gesicht. Der Elementar lenkte das Licht ab, das zwischen ihren Händen hindurchfiel, um ihr bessere Sicht zu verleihen, und sie konnte vor dem blauen Himmel mehrere ferne, dunkle Gestalten ausmachen, die nach Nordwesten, Südwesten und Osten rasten.
    Sie runzelte die Stirn. Jeder, der von Kaserna nach Osten flog, verließ die Lande von Alera und gelangte in die Wildnis, in der die barbarischen Marat die Vorherrschaft hatten. Irgendwo im Südwesten lag das gewaltige Heerlager in Riva. Im Nordwesten befand sich die Schildstadt Phrygia, die mittlerweile von ihren ortsansässigen Verteidigern geräumt worden war und unter der Last der Flüchtlinge aus den von Vord eroberten Gebieten des Reichs ächzte, so dass es dort kaum anders aussah als in Calderon.
    Amara nahm sich einen Moment Zeit und ließ den Blick über das Tal schweifen, um einmal mehr die Morgen um Morgen um Morgen voller Zelte, Unterstände, umgewandelter Karren und Wagen, direkt aus der Erde gewirkter Kuppeln und anderer Unterkünfte zu betrachten. In Riva war kein Platz für mehr als ein Zehntel der Bevölkerung gewesen, die von der Invasion entwurzelt worden war. Die Überzähligen waren nach und nach auf die Städte zwischen Riva und Phrygia einschließlich der Schildstadt selbst verteilt worden, und das Calderon-Tal hatte willig einen Gutteil der Bürde auf sich genommen. Und dann hatte der amtierende Erste Fürst diese Bürde sofort verdreifacht.
    Es war gelinde gesagt ein Albtraum gewesen zu verdauen, was der Invasion folgte. Aufgrund der winterlich gefrorenen Böden, spärlichen Vorräte und so gut wie nicht vorhandenen medizinischen Versorgung hatten die sehr Alten und sehr Jungen fürchterlich gelitten. Scheiterhaufen für die Toten hatten jede Nacht gebrannt. Mit Beginn des Tauwetters im Frühling hatten elementarbeschleunigte Ernten begonnen, den Nahrungsmangel zu lindern, aber für viele Aleraner war dieses Essen Wochen oder auch nur Tage zu spät gekommen.
    Maschas erstes Pony war zurückgelassen worden, als sie vom vorrückenden Saum der Vordinvasion evakuiert worden war, um so Rook, die Mutter des Kindes, unter Druck zu setzen, damit diese eine Mission für die Krone übernahm. Ajax war erst vor ein paar Tagen eingetroffen, ein Geschenk für das Mädchen von Hashat, der Anführerin des Pferdeclans der Marat. Wenn das Pferd auch nur vierzehn Tage vorher gekommen wäre, wäre es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gestohlen, geschlachtet und von hungernden

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