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Codex Alera 06: Der erste Fürst

Codex Alera 06: Der erste Fürst

Titel: Codex Alera 06: Der erste Fürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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stirbst.«
    Alera schenkte ihm ein sehr ruhiges, sehr warmes Lächeln. »Das ist eine allzu simple Betrachtungsweise des Vorgangs«, antwortete sie. »Aber ich nehme an, dass es aus deiner Sicht gewisse oberflächliche Gemeinsamkeiten gibt.«
    »Das verstehe ich nicht«, sagte Tavi.
    Alera betrachtete einen Augenblick lang ihre Hände in seinen. Dann wies sie auf ihren Körper hinab und fragte: »Weißt du, wie diese Gestalt entstanden ist? Warum ich zur Blutlinie deiner Familie spreche?«
    Tavi schüttelte den Kopf. »Nein.«
    Sie warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu. »Aber du hast deine Schlüsse gezogen.«
    Tavi neigte den Kopf vor ihr. »Ich habe schon vermutet, dass es etwas mit dem Wandbild in der Meditationskammer des Ersten Fürsten zu tun hat.«
    »Hervorragend«, sagte Alera und nickte. »Das Mosaik auf dem Boden der Kammer bestand aus Steinstücken, die von überall im Reich dorthin gebracht worden waren. Durch diese Stücke konnte der erste Gaius Primus Verbindung mit Elementaren im ganzen Land aufnehmen und ihnen befehlen, ihm Informationen zu bringen, ihn Blicke auf weit entfernte Orte werfen zu lassen und seinen Willen auszuführen.« Sie schürzte die Lippen. »Da wurde ich mir meiner selbst als Einzelwesen zum ersten Mal bewusst. Im Laufe von Primus’ Leben habe ich mich weiter … ›verfestigt‹ wäre wohl der beste Ausdruck dafür. Er hat meine Gegenwart gespürt, und mit der Zeit fand ich heraus, wie ich mit ihm sprechen und mich in körperlicher Gestalt manifestieren konnte.« Sie lächelte; ihre Augen blickten in weite Ferne. »Die ersten Worte, die ich mit eigenen Ohren gehört habe, stammten von Primus. Wenn ich mich recht erinnere, lauteten sie: Verdammt, ich bin verrückt geworden .«
    Tavi stieß ein kurzes, leises Lachen aus.
    Sie lächelte ihn an. »Das Mosaik war das Zentrum, auf das sich diese Gestalt gründete. Es war das, was Tausende und Abertausende von Elementaren ohne eigene Identität zu etwas Größerem zusammenzog.« Sie legte sich flach eine Hand auf die Brust. »Zu Alera.«
    »Und als mein Großvater Alera Imperia zerstört hat, wurde zugleich auch das Mosaik vernichtet.«
    »Aus Sextus’ Sicht war das unumgänglich. Wenn es erhalten geblieben wäre, hätte die Vordkönigin davon Besitz ergriffen. Sie hätte höchstwahrscheinlich verstanden, was es bedeutet, und hätte versucht, mich dadurch zu beherrschen. Es wäre ihr vielleicht sogar gelungen.«
    »Und deshalb haben die Ersten Fürsten nie jemandem von dir erzählt«, sagte Tavi mit gesenkter Stimme. »Deshalb steht kein Wort über dich in all den Geschichtswerken.«
    »Die Feinde des Hauses Gaius konnten nicht versuchen, widerrechtlich die Herrschaft über mich zu erlangen, solange sie mich nicht kannten.«
    »Aber sie konnten dich töten«, sagte Tavi leise.
    »In der Tat.« Sie holte tief Atem und stieß die Luft mit einem Seufzen wieder aus. »In sehr wörtlichem Sinne. Ich bin von der Vordinvasion getötet worden – aber ich habe eine gewisse Zeit gebraucht, um Gestalt anzunehmen. So wird es auch Zeit erfordern, bis ich in meinen ursprünglichen Zustand zurückkehre.«
    »Ich hatte nicht … Das war mir nicht bewusst«, sagte Tavi. »Es tut mir so leid.«
    Sie zog eine Augenbraue hoch. »Aber warum denn? Ich habe keine Angst vor dem, was kommt, junger Gaius. Ich werde weder Verlust noch Schmerzen spüren. Meine Zeit in dieser Gestalt ist fast abgelaufen. Alle Dinge müssen einmal enden. Das ist der Lauf des Universums.«
    »Nachdem du so lange meiner Familie und dem Reich geholfen hast, hast du etwas Besseres verdient.«
    »In welcher Hinsicht spielt das eine Rolle? Was man verdient und was man erlebt, entspricht sich selten.«
    »Wenn es das tut, nennt man es ›Gerechtigkeit‹«, sagte Tavi. »Sie ist eines der Dinge, für die ich sorgen soll, wenn ich mein Amt recht verstehe.«
    Aleras Lächeln bekam einen bitteren Zug. »Vergiss nicht, dass ich deiner Familie und deinem Volk nicht immer geholfen habe. Ich bin nicht bereit, irgendein Geschöpf einem anderen vorzuziehen. Und alles, was ich tue, erfordert eine Reaktion, ein Gegengewicht. Wenn Sextus wünschte, dass ich für gleichbleibende Wetterbedingungen im Tal sorgte, löste das anderswo ein halbes Dutzend Elementarstürme aus. Wenn er mich bat, den großen Windströmungen Kraft zu verleihen, sorgte das Hunderte von Meilen entfernt für Wirbelstürme. Bis die Vord kamen, hatten ich und meinesgleichen schon mehr Aleraner getötet als jeder andere

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