Codex Alera 06: Der erste Fürst
worden«, sagte Veradis. »Männer sind in ihr Zimmer im Gasthaus eingedrungen. Sie haben die Wachelementare umgangen und sie und Ritter Araris ergriffen.«
»Was?«, fragte Fürstin Placida. Ihre Miene verdüsterte sich.
»Inmitten von alledem hier?«, fragte Fürst Placida und wies mit einer Handbewegung auf die Legionen. Er schaute zu seiner Frau und sagte: »Sie hat keinen besonderen strategischen Wert. Könnte es etwas Persönliches sein?«
»Du nimmst an, dass es der Feind war, der sie gefangen genommen hat«, sagte Fürstin Placida und warf einen Blick hinauf zu den Bannern, die über dem Kommandozelt flatterten, allen voran zu dem Fürst Aquitanias. »Als Anlaufstelle für Octavians Unterstützer hier in Riva hat sie einen hohen politischen Wert.« Ihre Hand huschte zu ihrem Schwert, und sie knurrte: »Ich werde …«
Fürst Placida runzelte die Stirn, starrte ins Leere und legte die Hand über ihre, bevor sie die Klinge ziehen konnte. »Nein«, sagte er. »Gemach, meine Liebe. Denk nach. Attis ist kaltblütig, aber nicht dumm. Raucus würde ihm den Kopf abreißen.« Er hielt inne und räumte ein: »Oder du vielleicht.«
»Danke«, sagte Fürstin Placida steif.
»Oder vielleicht auch ich«, sagte er nachdenklich, löste die Hand von ihrer und trommelte mit den Fingern auf dem Schwertgehänge des Zweihänders herum. Er kniff grüblerisch die Augen zusammen. »Was … genau das sein könnte, was der Feind im Sinn hat. Besonders jetzt, da wir wissen, dass Octavian unterwegs ist.«
»Zwietracht unter uns zu säen? Könnten diese Kreaturen uns so gut durchschauen?«, fragte Fürstin Placida. Ein Teil ihres Zorns schien sich zu legen.
»Invidia könnte es«, hob Fürst Placida hervor.
»Ich hätte sie schon vor Jahren zum Duell fordern sollen«, sagte Fürstin Placida mit finsterer Miene.
Fürst Placida brummte unbehaglich. »Das wäre von euch beiden nicht sehr damenhaft gewesen.«
»Wir wissen noch nicht sicher, was geschehen ist«, unterbrach Amara die beiden. »Und: Nein, Fürstin Placida, ich weiß nicht, was vorgeht. Ich hatte gehofft, du wüsstest es.«
»Die Vorposten müssen eine heranrückende Streitmacht gesehen haben«, sagte Placida überzeugt. »Unsere Truppen rücken schon vor, um die äußeren Palisaden zu bemannen. Das ist das Einzige, was die Legionshauptleute derart in Aufruhr hätte versetzen können.«
»Ich dachte, sie wären noch mehr als eine Woche entfernt«, sagte Amara.
»Wenn es dich tröstet, Gräfin: Das dachte ich auch«, sagte Fürstin Placida. Sie warf noch einen Blick auf das Kommandozelt, als der Wind weitere Trompetensignale zu ihnen hinübertrieb, und rang sichtlich mit sich selbst. »Unsere Legionen stehen im Zentrum der Verteidigung. Wir müssen dorthin, um an ihrer Seite zu kämpfen, Gräfin.«
Amara nickte. Derart mächtige Elementarwirker wie Fürst und Fürstin Placida waren ein integraler Bestandteil jedes Schlachtplans. Es gab niemanden, der für sie einspringen konnte. »Ich halte euch auf dem Laufenden über das, was ich herausfinde.«
»Tu das«, sagte Fürstin Placida. Sie legte Amara eine Hand auf die Schulter und drückte sie. »Sobald ich Zeit habe, tue ich, was ich nur kann, um dir zu helfen.«
Es gelang Amara, nicht zusammenzuzucken. Vielleicht zeigte es an, unter welch großem Druck Fürstin Placida stand, dass sie die elementarverstärkte Kraft ihrer eigenen Finger falsch eingeschätzt hatte.
Placida nahm den Arm seiner Frau und wies auf das Kommandozelt. »Wir werden aus Attis herausbekommen, was wir nur können. Meine Liebe?« Die beiden nickten Amara und Veradis zu und schritten, vorbei an einem Trupp schwerbewaffneter Legionares , auf das Kommandozelt zu.
»Sollten wir mitgehen?«, fragte Veradis.
»Unglücklicherweise habe ich nicht die Erlaubnis, mich im Kommandozelt aufzuhalten«, sagte Amara. »Das hat wohl irgendetwas damit zu tun, dass ich als Gaius Sextus’ persönliche Meuchelmörderin gelte.« In der Tat beobachteten die Legionares , die vor dem Zelt Wache standen, Amara aufmerksam. »Und ich bezweifle, dass du die entsprechende Erlaubnis hast.«
»Nein. Ich soll als Zivilistin und Wasserwirkerin hierbleiben, wenn die Legionen in die Schlacht ziehen.« Sie sah die Wachen stirnrunzelnd an und sagte: »Wenn wir hier warten und nichts tun, vergehen vielleicht Stunden, bis irgendjemand Fürstin Isana zu Hilfe kommen kann.«
»Das ist wahr.«
Veradis runzelte noch strenger die Stirn. »Ich nehme an, wir könnten trotzdem
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