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Codex Alera 06: Der erste Fürst

Codex Alera 06: Der erste Fürst

Titel: Codex Alera 06: Der erste Fürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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hineingehen.« Sie musterte die Wachen. »Sie kommen mir allerdings wie ganz tüchtige Soldaten vor. Ich bin mir nicht sicher, ob ich es schaffen könnte, ohne sie zu verletzen, und das haben sie nicht verdient. Und mir missfällt der Gedanke, irgendeinem armen Heiler Arbeit zu machen.«
    In Amaras Vorstellungskraft tauchte ein Bild der Verwüstung auf: eine begabte junge Civis, die entschlossen war, an einem Trupp zähen Widerstand leistender Wachen vorbeizukommen, ganz zu schweigen von einer weit größeren Gruppe Hoher Fürsten, die reichlich Grund hatten, nervös zu sein. Sie erschauerte. »Nein. Ich bin mir sicher, dass wir eine andere Lösung finden.«
    Der Vorhang zum Kommandozelt öffnete sich, und ein kleiner, schlanker Mann, der inmitten der gerüsteten Gestalten ganz harmlos wirkte, trat daraus hervor. Der junge Mann mit dem sandfarbenen Haar schlüpfte in die Schatten und ging in der Geschäftigkeit des betriebsamen Lagers ruhig und so gut wie unsichtbar davon.
    »Da«, sagte Amara. »Da ist unsere Gelegenheit.« Sie wich zwei phrygischen Fürsten aus und verfolgte den unauffälligen jungen Mann.
    Zwei Schritte, bevor sie ihn erreichte, drehte er sich blinzelnd um. In seiner Miene war nichts weiter als milde Liebenswürdigkeit zu sehen, Amara erkannte jedoch die unauffällige Anspannung in seinem Gleichgewicht und registrierte auch die Tatsache, dass sie eine seiner Hände nicht sehen konnte; höchstwahrscheinlich lag sie am Griff eines Dolchs, den er unter seinem ziemlich weiten, von vielen Reisen abgetragenen Mantel versteckte.
    »Aha«, sagte Amara und breitete die Hände zu beiden Seiten aus, um zu zeigen, dass sie leer waren. »Ritter Ehren.«
    Der kleine junge Mann blinzelte zu ihr herauf. Dann wanderte sein Blick weiter zu Veradis, die hinter ihr angelaufen kam. »Ah. Gräfin Calderon. Fürstin Veradis. Guten Abend, meine Damen. Wie kann ich euch zu Diensten sein?«
    Amara sann darüber nach, dass es höchstwahrscheinlich Ritter Ehren gewesen war, der sie auf die Liste derer gesetzt hatte, die keinen Zugang zu Fürst Aquitania hatten; immerhin diente er als einer von Aquitanius’ ranghöchsten Geheimagenten. Zugleich hatte er allerdings dafür gesorgt, dass sie eine Kopie dieser Liste erhielt – eine Höflichkeit, die ihren Stolz gerettet und eine unschöne Szene verhindert hatte. Sie mochte Ehren, obwohl sie jetzt, nach Gaius Sextus’ Tod, unsicher war, wem seine Loyalität letztendlich galt. Aber da er ein Klassenkamerad von Octavian gewesen war, hielt sie es für unwahrscheinlich, dass seine Vorlieben in Bezug auf die Nachfolge milde und unbeteiligt waren, ganz gleich, wen er zu unterstützen beschloss.
    »Nun ja«, sagte Amara, »das ist eine kompliziertere Frage, als es den Anschein hat.«
    Ritter Ehren zog eine Augenbraue hoch. »Ach so?«
    »Gaius Isana ist entführt worden«, sagte Amara und beobachtete die Reaktion des jungen Mannes genau.
    Ehren war genau wie sie darin ausgebildet worden, seine Reaktionen zu bezähmen – aber auch darin, sie zu verfälschen. Sie wusste, nach welchen Anzeichen sie Ausschau halten musste, um eine Reaktion als aufrichtig oder geheuchelt zu erkennen. Er würde natürlich wissen, dass sie es wusste, und konnte sein Verhalten womöglich anpassen, um diese Tatsache auszunutzen – aber sie kam zu dem Schluss, dass jemand über mehr Lebenserfahrung hätte verfügen müssen, als Ritter Ehren sie im Augenblick hatte, um sowohl ihre eigenen geschulten Augen als auch die Sinne einer so fähigen Wasserwirkerin wie Veradis zu täuschen. Besonders, da sie ihm die Nachricht wie eine Keule um die Ohren geschlagen hatte, statt eine subtilere Vorgehensweise zu wählen.
    Ritter Ehrens Reaktion war eine völlige Nicht reaktion. Er starrte sie einfach nur einen Moment lang an. Dann kniff er sich mit Daumen und Zeigefinger in den Nasenrücken. »Sie ist … Verfluchte Krähen .« Die Stimme des jungen Mannes war ein gutes Stück schriller – und frustrierter – als sie es angesichts seiner Miene und seines Auftretens erwartet hätte. »Entführt. Natürlich ist sie entführt worden, da ja offensichtlich heute Abend noch nicht genug schiefgeht.« Er starrte sie böse an. Er verfügte über einen ziemlich wirkungsvollen bösen Blick, wie Amara fand, trotz des trüben Haselnussbrauns seiner Augen und der Tatsache, dass er fast einen halben Fuß kleiner als sie war und deshalb finster zu ihr aufstarren musste. Sie musste sich bewusst dazu zwingen, keinen Schritt

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