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Codex Alera 06: Der erste Fürst

Codex Alera 06: Der erste Fürst

Titel: Codex Alera 06: Der erste Fürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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sagte er am Ende. »Aber in Wahrheit ist es doch so, dass sie ein eigenes Volk sind. Sie sind unsere Feinde, und etwas anderes geben sie auch gar nicht vor.« Er lächelte und zeigte dabei die Zähne. »Aber wir stehen heute beide vor größeren Schwierigkeiten. Ich habe persönlich mit den Canim gekämpft, Zenturio, sowohl gegen sie als auch an ihrer Seite, und ich trage Narben, die das beweisen. Ich habe längere Zeit gegen sie im Feld gestanden als sonst irgendein aleranischer Befehlshaber in der Geschichte. Sie sind brutal, barbarisch und erbarmungslos. Und sie halten Wort.« Tavi legte dem Zenturio eine Hand auf die Schulter. »Befolge deine Befehle, Soldat. Sie werden die ihren befolgen. Und wenn wir es schlau anstellen und Glück haben, bekommen wir vielleicht alle die Gelegenheit, uns nächstes Jahr gegenseitig die Kehle durchzuschneiden.«
    Ramus runzelte die Stirn. Er setzte dazu an, sich abzuwenden, zögerte aber dann. »Glaubst … glaubst du das wirklich, mein Sohn? Äh, Hauptmann?«
    »Ganz ohne Zweifel. Sie sind in dieselbe Ecke gedrängt wie wir. Und es gibt einige unter ihnen, die ich lieber in meinem Rücken haben würde als so manchen Aleraner, den ich kenne.«
    Ramus schnaubte. »Wie krähenverdammt wahr!« Er straffte die Schultern und schlug sich mit der Faust auf die Brust. »Ich überbringe Fürst Vanorius die Nachricht, Hauptmann.«
    »Guter Mann«, sagte Tavi. Er zog den Dolch aus dem Gürtel des Zenturios, drehte sich um und spießte mit der Spitze das auf, was noch von seinem Braten übrig war. Dann reichte er dem Mann die Waffe zurück. »Für den Ritt zurück. Es hat doch keinen Sinn, es verkommen zu lassen. Viel Glück, Zenturio.«
    Ramus nahm den Dolch mit einem kleinen, raschen Grinsen zurück. »Danke, Hoh …«
    Ein Wind heulte plötzlich aus dem Norden herab, eine Wand eisiger Luft, die dreißig Grad kälter war als die ohnehin schon kühle nördliche Nacht. Eben noch war alles ruhig gewesen, aber im nächsten Augenblick drohte der Wind, den Pavillon vom Boden hochzureißen.
    »Verfluchte Krähen!«, rief Ramus und hob die Hand, um sich das Gesicht zu beschirmen. Unten schien das windgepeitschte Meer fast vor Protest zu stöhnen, als seine Oberfläche zu feiner Gischt verwirbelt wurde. »Was ist das ?«
    Tavi hob selbst die Hand und wandte sich nach Norden, um einen Blick auf den Himmel zu werfen. Wolken wurden von einer grauen Dunkelheit verschlungen, die sich von Norden nach Süden ausbreitete. »Na«, sagte er und fletschte die Zähne zu einem grimmigen Lächeln, »das wurde ja auch verdammt noch mal Zeit.«
    Er legte sich eine Hand an den Mund und benutzte ein paar Finger, um einen Pfiff loszulassen, der so durchdringend war, dass er sogar über das plötzliche Tosen des kalten Winds hinwegtönte, ein Kniff, den sein Onkel Bernard ihm beim Schafehüten beigebracht hatte. Er gab der Reihe von Wachen einen kurzen Wink, und sie scharten sich bereitwillig um ihn.
    »Der Urlaub war lang genug, Jungs«, sagte er. »Holt alle eure zusätzlichen Mäntel raus. Es wird Zeit, das Reich zu retten.«

14

    Valiar Marcus war sich schon bewusst, dass er verfolgt wurde, bevor er auch nur die vierte Reihe von Legionszelten im ersten Quadranten des Lagers der Ersten Aleranischen Legion passiert hatte. Nachts lagen die Reihen aus gebleichter, auf Feldzügen fleckig gewordener Leinwand still da, wenn man von einem gelegentlichen Schnarchen absah. Dazwischen hindurchzugehen konnte eine gespenstische Erfahrung sein, so als schritte man über einen Friedhof, da die Zelte durch das Licht, das von den hellen, normierten Leinwandbahnen reflektiert wurde, zu leuchten schienen. Es war nicht leicht, durch das Netz aus weißen Legionszelten zu schlüpfen, ohne sich auffällig als dunkle Gestalt vor dem Stoff abzuheben – was im Großen und Ganzen auch der Grund dafür war, dass jede Legion überhaupt weiße Leinwand verwendete. Aber jemandem, der geschult und geduldig genug war, konnte es gelingen.
    Marcus war sich nicht sicher, was ihn auf die Gegenwart seines Verfolgers aufmerksam gemacht hatte. Er stellte sein Wissen um solche Dinge schon seit langem nicht mehr infrage. Er war schon sein Leben lang in diesem Geschäft, und sein Verstand schien Dutzende von winzigen, beinahe unbewussten Hinweisen zu einer greifbaren Wahrnehmung seiner Umgebung zusammenzusetzen, ohne dass er bewusst die Absicht haben musste, das zu tun.
    Als er sein Zelt erreichte, blieb er, statt hineinzugehen, ruckartig stehen und

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