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Codex Mosel

Titel: Codex Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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vor den automatischen Glastüren stehen, weil Gabi einen dort im Bademantel stehenden Patienten um Feuer bat.
    »Wenn du meinst, von diesem christlichen Taliban geht eine Bedrohung aus, dann lass das Haus überwachen«, sagte Doris. Im Hintergrund war das Klicken der Maus zu hören. Sie arbeitete offensichtlich während des Gesprächs weiter.
    »Das ist nicht so einfach. Er muss nicht unbedingt von der Straße her gekommen sein.« Er atmete dankbar die frische Luft ein.
    »Ich will keine Polizisten im Garten haben.« Doris’ Stimme klang energisch.
    »Ich bin auch Polizist!«
    Walde hörte nur noch das Klicken der Maus.
    »Bist du noch da?«
    »Ich hab was zum Drucker geschickt«, antwortete sie. »Hier geht es drunter und drüber. Morgen wird die neue Dienstkleidung für die Busfahrer der Verkehrsbetriebe präsentiert.«
    »Was hältst du davon, wenn wir solange Marie und Jo besuchen, bis dieser Veit gefasst ist?«
    »Annika ist heute tagsüber bei Marie. Reden wir später noch mal drüber, ruf mich an.«
    »Entschuldige, aber ich habe zugehört«, sagte Gabi, als Waldes Telefonat beendet war. »Wenn wir diesen Veit fassen wollen, dann solltest du mal was dafür tun.«
    Hinter ihnen startete ein Motorrad. Als sie sich umblickten, sahen sie Kay, die sich den Helm über den Kopf stülpte und hinter Hanne auf die Maschine stieg. Als die Maschine an ihnen vorbeibrauste, winkte Gabi den Frauen zu.
    »Eine schnuckelige Maus, das muss man dir lassen.«
    »Da ist und da war nichts«, sagte Walde bestimmt. Ein Stich in seiner linken Schläfe ließ ihn für einen Moment die Augen schließen. Sein Mund war trocken.
     
    Als sie die Allee überquert und am Wagen angekommen waren, sagte Walde: »Ich würde gern noch kurz in die Wohnung gehen und was trinken. Magst du auch einen Kaffee oder ein Wasser?«
    »Hast du vielleicht einen Wein offen?«
     
    In der Diele erwartete sie die Stille der Wohnung. Wochentags fühlte sich Walde hier ein wenig fehl am Platz. Heute hatte er noch keine Struktur in seine Arbeit bringen können. Es wurde Zeit, ins Präsidium zurückzukehren.
    Die Tür zur Küche stand offen.
    »Möchtest du wirklich einen Wein?« Walde griff zur halb vollen Mineral Wasserflasche.
    »Nicht wirklich.«
    »Einen Kaffee?«
    »Dauert zu lange.«
    Walde nahm zwei Gläser aus dem Hängeschrank. Im Unterschrank standen zwei Türflügel offen. Er drückte sie mit dem Knie zu. Als er das Wasser einschenkte, hörte er ein Quietschen, wie er es von der Terrassentür kannte. Er überlegte. Die Wohnungstür war abgesperrt gewesen. Er trank einen Schluck und sah, wie Gabi ebenfalls aufmerksam wurde.
    Walde legte den Zeigefinger auf die Lippen und schlich auf Zehenspitzen in die Diele. Er spähte ins Wohnzimmer und sah offene Schranktüren.
    Das Knacken von Gabis Handtaschenverschluss hallte in seinen aufs äußerste sensibilisierten Ohren. Mit dem Fuß stieß er die Tür weiter auf und stürzte nach vorn. Das Zimmer war leer. Gabi lief zum Fenster.
    »Scheiße!« Sie hastete zur offenen Terrassentür. »Stehen bleiben, sonst …« Sie entsicherte die Waffe.
    An der Gartenmauer bewegten sich die Äste der Blutbuche wild durcheinander.
    Walde spurtete an Gabi vorbei auf die Terrasse.
    »Halt, sonst schieße ich!«, schrie Gabi.
    Er erreichte den Rasen, lief im Slalom zwischen Liegestuhl und Planschbecken hindurch. Vorne fassten große Hände auf die Mauerkrone. Lange Arme und ein kahler Kopf folgten. Unter Waldes Fuß quietschte es. Sein rechtes Bein knickte weg, als wäre es auf Glatteis geraten. Er fiel seitlich hin und schrie auf, als sich etwas in seine Rippen bohrte. Im gleichen Moment fiel ein Schuss. Hatte ihn die Kugel getroffen, bevor er den Knall hören konnte? Walde hob den Kopf. Vorn kletterte jemand über die Mauer. Gabi stürzte an ihm vorbei, ohne sich um ihn zu kümmern.
    »Bleib stehen!«
    Von der anderen Mauerseite war ein Aufprall zu hören. Dann einen Moment nichts, außer dem Rauschen des Verkehrs, und dann Schritte.
    Walde fuhr mit der Hand an die Stelle, die schmerzte und berührte etwas, das er ächzend unter seinem Oberkörper hervorzog. Es war Annikas Plastikrechen.
    »Bist du bescheuert?« Das Luftholen tat ihm weh.
    »Wo geht’s da hin?«
    »Du hättest mich treffen können!« Walde rollte sich mühsam auf den Rücken.
    »Du hast auf dem Boden gelegen.«
    »Und wenn ich nicht gestürzt wäre?«
    »Einzelschicksale können nicht berücksichtigt werden.« Gabi streckte ihm eine Hand entgegen.
    »Drehst du

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