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Codex Mosel

Titel: Codex Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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Nacht vorsichtshalber den Putzeimer neben das Sofa gestellt hatte, falls ihm übel werden sollte. Doris hatte ihn weggeräumt. Die Terrassentür war geschlossen. Walde sah sich im Garten um. Die Sirene eines Krankenwagens drängte kurzfristig das Rauschen des Verkehrs in den Hintergrund. Die Mauern ringsum waren nicht ganz so hoch wie die um die Kurie des Domkapitulars. Dennoch waren sie Walde bisher unüberwindlich erschienen.
    Er nahm sein Mobiltelefon heraus. Es läutete, bevor er Doris’ Nummer eingeben konnte. Es war Gabi. »Ich muss rüber zu Walter.«
    »Warte, ich komme mit.«
    Als er aus dem Haus trat, stand Gabi auf dem Bürgersteig und zog mit der einen Hand ihren Rock vorn und hinten Richtung Knie, mit der anderen presste sie ihr Handy ans Ohr und flüsterte in breitem Slang: »Du Böser, du hast, du weißt schon bei was, Livia zu mir gesagt.«
    Sie hörte einen Moment zu und lachte dann auf eine Weise, die Walde bisher unbekannt war. »Schlaf dich aus, damit du wieder zu Kräften kommst.« Während sie mit den Lippen schmatzte, bemerkte sie Walde. »Gehen wir.« Sie ließ das Gerät in ihre Handtasche fallen.
    »Wohin?«, fragte Walde.
    »Zu Walter.«
    »Dr. Hoffmann? Ich dachte, der redet seit der Razzia nicht mehr mit uns.«
    »Vielleicht nicht mit dir!«
    »Ich hatte mit der Razzia nichts zu tun.«
    »Ja, ja, Männer können auch nie Verantwortung übernehmen, wenn sie Scheiße gebaut haben!« Sie stakste über einen niedrigen Zaun, der am Rande der Allee ein Blumenbeet einfasste. Ihre Stöckelabsätze versanken im Rindenmulch. »Walter hat ein anderes Problem.«
    »Und das wäre?« Walde achtete darauf, seine Füße neben die Blumen zu setzen.
    »Die Leiche des Gärtners ist weg!«
     
    »Ist das nicht Roberts Maschine?« Walde deutete vor dem Haupteingang des Krankenhauses auf das am Rand des Wendekreises geparkte Motorrad.
    »Das hat er Hanne geliehen, und die ist mit Kay unterwegs«, sagte Gabi.
    »Ich dachte, die sind heute alle nach Luxemburg.«
    »Kriminalisten sind immer für eine Überraschung gut. Salvo ist auch im Bett geblieben.«
    Im Krankenhaus roch es nach Essen und Putzmitteln. Walde blieb hinter Gabi zurück.
    »Was ist los«, rief sie, »noch schlapp von der Nacht?«
    Die auf den orangefarbenen Sitzschalen im Foyer Wartenden reckten die Köpfe nach ihnen. Vor dem Fahrstuhl schloss Walde wieder zu Gabi auf. In der Kabine waren sie allein.
    »Kann es sein, dass du einen Filmriss hattest?«, fragte sie und drückte den Knopf zum Untergeschoss.
    »Ich weiß nicht. Das mit dem Veit ist mir ja auch wieder eingefallen.«
    Der Fahrstuhl setzte sich nach oben in Bewegung.
    »Dann weißt du womöglich nicht mal, was mit dir und Hanne war?«
    Walde hob die Schultern.
    »Weißt du es nicht oder willst du es nicht sagen?«
    Der Fahrstuhl hielt im fünften Stock. Die Tür glitt auf. Niemand stand davor. Es ging wieder abwärts.
    »Ich denke, da war nichts«, sagte Walde.
    Gabi drückte abermals auf den Knopf zum Untergeschoss. »Die Hanne soll es nicht mit Männern haben.«
    »Soll ich mich jetzt auf die sexuelle Orientierung einer Romanfigur verlassen? Vielleicht hatte Hanne schon was mit einem Mann, und das Buch ist nur noch nicht ins Deutsche übersetzt.«
    »Ruf in Norwegen bei der Anne Holt an!«
    »Spinnst du?«
    Sie verließen den Fahrstuhl. Im rundum gefliesten Kellerflur roch es nur noch nach Putzmitteln.
    »Bevor du nicht das Ergebnis eines Aidstests hast, ist höchstens noch an Safersex mit Doris zu denken.«
    Walde nahm sein Mobiltelefon heraus.
    »Wen rufst du an?«, fragte Gabi.
    »Doris.«
    »Willst du ihr jetzt am Telefon deinen Ehebruch beichten?«
    »Wir sind nicht verheiratet …« Er bekam keine Verbindung.
    Walde folgte Gabi in die Pathologie, wo sich Dr. Walter Hoffmann bereits in Rage geredet hatte.
    »… die stellen unser Haus auf den Kopf und fahren die Leiche durch die Gegend, und euer amerikafreundlicher Präsident deckt diese Sauerei auch noch.«
    Die Tür schwang auf. Hanne Wilhelmsen und Kay Scarpetta, beide in grüner Arbeitskleidung, über der ihre Namensschilder baumelten, schoben eine Bahre herein, auf der eine zugedeckte Person lag.
    Kay stellte ihren Laptop auf einen Stahltisch und klappte ihn auf. Während er hochfuhr, wendete sie sich wieder der Bahre zu und verfrachtete mit Hannes Hilfe die Leiche ins Kühlfach.
    »Das war ein gut gebauter Mann«, stellte Hanne fest.
    Walde unterdrückte ein Stöhnen, als Gabi ihm einen diskreten Tritt gegen das

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