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Codex Mosel

Titel: Codex Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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öffnete.
    Veit wich zur Seite aus, beugte die Knie und verlagerte sein Gewicht nach hinten, als ob er sich im Fußboden verwurzeln wollte.
    Für einen Moment wünschte sich Walde nach Hause in sein Musikzimmer oder in den Garten zu Doris und Annika.
    Vor ihm scharrten Füße auf den Fliesen. Die beiden Polizisten hatten Veit links und rechts unter den Achseln gepackt. Veit setzte einen Fuß gegen die Wand und stieß sich mit solcher Wucht nach hinten ab, dass die drei Männer zurückgeschleudert wurden.
    »Wir nehmen die Treppe«, sagte Walde. Vor ihm ging das Gerangel weiter. »Wir nehmen die Treppe!«, wiederholte er lauter.
    Veit entspannte sich, sobald ihn die beiden losließen. Walde führte ihn zur Treppe. Einer der Polizisten begleitete ihn bis zum Vernehmungszimmer in der ersten Etage, wo ihn Harry und Gabi erwarteten.
    Ohne ihm die Handschellen abzunehmen, ließ Walde den Mann am Tisch Platz nehmen, auf dem ein Mikrofon stand.
    Nach einem kurzen Blickkontakt mit Gabi verließ Harry den Raum. Als Gabi das Aufzeichnungsgerät gestartet hatte, stellte Walde sich und seine Kollegin vor und klärte den Mann über seine Rechte auf.
    »Möchten Sie einen Anwalt sprechen?«
    Veit schüttelte stumm den Kopf. An seinen hohen Schuhen fehlten die Schnürsenkel, sein Hemd war verdreckt und an der Brusttasche eingerissen.
    »Erst mal zu Ihren Personalien, Name, Vorname …«
    Wieder schüttelte Veit den Kopf.
    »Du möchtest die Aussage verweigern, Freundchen?«, hob Gabi an. »Dann gehst du sofort in den Bau. Schwerer Raub, Freiheitsberaubung, Körperverletzung, Erpressung, Einbruch …« Sie legte bei jedem der aufgezählten Delikte ihren ausgestreckten Zeigefinger wie eine Pistole auf Veit an. »Da kannst du von Glück reden, wenn es nach sechs Monaten Untersuchungshaft zum Prozess kommt, und ich kann dir sagen …«
    »… Gabi, kann ich dich einen Moment allein sprechen?«, unterbrach Walde die Tirade seiner Kollegin. »Auf dem Flur, bitte.«
    *
    Erst weit hinter dem Restaurant fand Walde einen Parkplatz und musste zu Fuß durch die Einbahnstraße zurückgehen. Die alte Eingangstür der Trattoria Palermo blieb hinter ihm offen, sodass er wieder umkehren und sie schließen musste. Der schlauchartige, schwach beleuchtete Raum vermittelte eine gewisse Höhlenatmosphäre. Obwohl Walde über eine Stunde zu spät kam, schien noch keine richtige Stimmung unter den Gästen aufgekommen zu sein. Ein leises Summen der Gespräche von den Nachbartischen untermalte die italienische Schlagermusik.
    Am Ende des Raums, da, wo eine kleine Theke für noch mehr Enge sorgte, saß Salvo allein an einem Tisch und zeigte den übrigen Gästen demonstrativ den Rücken. Walde blieb am Nebentisch stehen und begrüßte Erich, der sein Besteck aus der Hand legte und ihm mit einem Glas Rotwein zuprostete. Siggi kaute konzentriert. Zwischen Tellern und Gläsern war der Tisch mit Papieren und Faxen belagert, die durch Aschenbecher und Pfeifen am Zusammenrollen gehindert wurden.
    Walde nahm am nächsten Tisch auf dem freien Stuhl neben Gabi Platz. Auf den gegenüberliegenden Plätzen unterbrachen Hanne und Kay nur für einen kurzen Handschlag ihr Gespräch, von dem Walde kein Wort verstand. Dafür sorgte die Stimme von Eros Ramazotti aus dem Lautsprecher, der genau über Salvos Kopf hing. Der drehte ihnen weiterhin den Rücken zu. Walde bemerkte, dass sich Salvos Ellenbogen gleichmäßig bewegten.
    »Was ist mit ihm los?«, fragte Walde und blickte Gabi an, die immer noch beleidigt zu sein schien.
    »Mit geräuchertem Seeteufel und San Daniele-Schinken möchte Salvo lieber allein sein. Hat er noch was gesagt?«, fragte Gabi.
    »Wer?«
    »Wer schon, unser Waldschrat, der Einsiedler, Veit!«
    »Ja«, antwortete Walde. Er wollte im Beisein von Kay und Hanne nicht über die Arbeit sprechen und dämpfte seine Stimme. »Nachdem der Streetworker gekommen ist, hat Veit kapiert, in welcher Situation er sich befunden hat.«
    »Was heißt befunden hat?«
    Eine Bedienung servierte Hanne und Kay zwei Salate und stellte eine Portion Spaghetti vor Gabi ab.
    »Die hattest du ihm bereits mit überdeutlichen Worten geschildert.«
    »Was war daran so schlecht?«
    »Wir wollen doch jetzt nicht wieder davon anfangen.« Walde sah verstohlen zu Hanne, die seinen Blick nicht zu bemerken schien. »Dir als angeblichem Amnesty-Mitglied muss ich doch nichts von angemessener Behandlung von Tatverdächtigen erklären.« Nebenan wurde ein weiterer dampfender Teller vor Salvo

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