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Codex Regius - Indriðason, A: Codex Regius - Konungsbók

Codex Regius - Indriðason, A: Codex Regius - Konungsbók

Titel: Codex Regius - Indriðason, A: Codex Regius - Konungsbók Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indriðason
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verlegen in alle Richtungen. Es bestand keine Gefahr, dass irgendjemand uns hörte.
    »Vielleicht war es ein Fehler, dich zu besuchen«, sagte sie. »Du bist immer so reizbar.«
    »Nein«, sagte ich und stand auf. »Es war ein Fehler, mich in die Welt zu setzen. Das war der einzige Fehler.«
    Ein Stein prallte so heftig von unten gegen das Auto, dass ich hochschreckte und den Professor ansah.
    »Scheiße, das ist ja wie auf den isländischen Straßen«, sagte er. »Ich dachte, du seist eingeschlafen.«
    »Nein, ich habe nachgedacht.«
    »Über deine Mutter?«
    »Ja, auch über sie.«
    Ich spürte, dass er mit sich kämpfte, ich sah ihn von derSeite an. Es war, als wollte er mir etwas sagen, aber er ließ es bleiben.
    »Wo sind wir?«
    »Wir sind bald in Sassnitz. Von dort kommen wir über die Ostsee nach Dänemark.«
    »Und wie?«
    »Da wird sich schon etwas finden.«
    Als wir nach Sassnitz kamen, fuhr der Professor schnurstracks zum Hafen und stellte den Wagen in einer stillen Seitenstraße ab. Möglicherweise fahndete man bereits nach diesem Auto, und der Professor wollte es an einer möglichst unauffälligen Stelle parken. Unsere Fahrt war bis dahin ohne Zwischenfälle verlaufen. Wir hatten nur einmal angehalten, um zu tanken, und keinerlei Aufmerksamkeit erregt. Der Professor deutete auf eine Kneipe unten am Hafen und sagte mir, ich solle dort auf ihn warten. Ich wusste nicht, was er vorhatte, war aber zu müde, um danach zu fragen. Wir waren die ganze Nacht durchgefahren. Wir mussten irgendwie den Rest des Tages in Sassnitz totschlagen, denn der Professor hatte vor, auf die Dunkelheit zu warten. Daraus bestand jetzt unser Leben.
    Ich ließ mich in dieser Kneipe auf eine Bank an einem leeren Tisch fallen und bestellte beim Wirt ein Bier. Dann saß ich nur da, starrte vor mich hin, schlürfte mein Bier und wartete auf den Professor. Es war so warm in dem Lokal, dass mir ziemlich bald der Kopf auf die Brust sank, und bevor ich mich versah, war ich eingeschlafen.
    Ich wachte davon auf, dass der Professor mich rüttelte. Er hatte sich an den Tisch gesetzt und bereits einen halben Krug Bier geleert. Die Schnupftabaksdosen standen vorihm auf dem Tisch, und mit einem Taschenmesser vermischte er den Tabak mit Amphetamin. Von dieser Mischung gab er eine Prise auf die Messerspitze und schnupfte sie, undanschließend gab er eine weitere Prise auf die Spitze und führte sie zum anderen Nasenloch.
    »Bist du wach?«, fragte er, als ich mich aufgerichtet hatte. »Ich weiß es nicht«, antwortete ich. »Ist es schon Abend?« »Ja.«
    »Brauchst du eigentlich gar keinen Schlaf?«, fragte ich.
    »Nicht, solange ich das hier habe«, sagte er und steckte die Dosen wieder in die Tasche. »Wir müssen los. Bist du bereit?«
    »Bereit zu was?«
    »Zu einer kleinen Seefahrt«, sagte der Professor und leerte sein Bierglas. »Du machst den Mund nicht auf, bis wir losgefahren sind.«
    »Was?«
    »Ich habe einen Mann gefunden, der uns helfen wird. Ich habe ihm gesagt, dass wir zwei Ostdeutsche wären, die nach Dänemark rüberwollen, aber er sagte, er bräuchte keine Erklärungen dafür, weshalb wir nicht legal über die Grenze könnten, ich müsste ihm einfach den festgesetzten Preis bezahlen. Er hat ein kleines Boot, wahrscheinlich ist er Schmuggler.«
    »Wer? Über wen redest du?«
    »Den Kerl auf dem Fischerboot.«
    Als wir zum Hafen hinuntergingen, war es bereits stockfinster. Dort wartete ein Mann auf uns, der auf die fünfzig zuging, er trug eine Jeans und Gummistiefel und dazu einen dicken Anorak und eine Schiffermütze. Er begrüßte den Professor per Handschlag und gab mir ebenfalls die Hand. Dessen eingedenk, was der Professor gesagt hatte, gab ich keinen Ton von mir. Der Mann führte uns zu seinem kleinen Boot. Wir sprangen an Bord, und bald tuckerten wir aus dem Hafen heraus. Der Mann, von dem ich nie erfuhr, wie er hieß, schien sich hervorragend auszukennen. Er steuerte das Boot sicher in die Dunkelheit hinein,wobei er sich an seinen Kompass und seine Armbanduhr hielt. Nach einer halben Stunde Fahrt machte er Licht an Bord, erhöhte die Fahrt und nahm Kurs auf Gedser, eine kleine Hafenstadt an der Südspitze der Insel Falster.
    Ich weiß nicht, wie lange wir schon unterwegs waren, als weit hinter uns am Horizont ein Licht auftauchte, über das Meer strahlte und unseren Seemann ziemlich unruhig machte. Er fluchte und legte den Fahrthebel auf volle Kraft voraus. Dann rief er etwas, was ich nicht verstand. Der Professor rief

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