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Codex Regius - Indriðason, A: Codex Regius - Konungsbók

Codex Regius - Indriðason, A: Codex Regius - Konungsbók

Titel: Codex Regius - Indriðason, A: Codex Regius - Konungsbók Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indriðason
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Versteck aus.
    Helmut war im Begriff, den Finger abzutrennen, als ich schreiend auf ihn zulief und ihm mit aller Kraft ins Gesicht trat. Joachim sprang auf. Helmut schien der Tritt überhaupt nichts auszumachen, er schüttelte sich nur und erhob sich ebenfalls.
    »Valdemar!«, rief der Professor.
    Helmut hob den Arm und versetzte mir mit dem Handrücken eine so heftige Ohrfeige, dass ich gegen die Kartons taumelte. Dann kam er auf mich zu und stieß mir mit voller Kraft seine Faust ins Gesicht.
    Der Schmerz war unerträglich. Mir wurde schwarz vor Augen, und ich verlor die Besinnung.

Fünfundzwanzig
    Hätten wir irgendetwas anders machen können? Noch heute nagen Zweifel an mir.
    Unsere Lage war hoffnungslos. Der Professor hatte so manches in seinem Leben durchgemacht, ohne sich dabei unterkriegen zu lassen, aber in der Situation, in der wir uns nun befanden, bestand kaum Hoffnung, dass wir uns gegen diese skrupellosen Männer, die nicht vor Folterungen zurückschreckten, wehren konnten. Aber er gab nie auf. Noch nicht einmal da unten im Laderaum der Gullfoss , als es keinerlei Ausweg mehr zu geben schien. Sein Überlebenswille und sein Mut waren bewundernswert. Er wusste, wie ich mich fühlte, und sprach mir Mut zu, er versuchte, mir die Situation, in der er sich befand, vor Augen zu führen und mich spüren zu lassen, dass er nicht bereit war, zum zweiten Mal vor diesen Männern zu kapitulieren, egal, was kommen würde.
    Ich war wie gelähmt vor Angst. Das alles war so unbegreifbar und bedrohlich. Nie in meinem Leben hatte ich eine Pistole gesehen, geschweige denn, dass ich damit in Berührung gekommen war, und ich hatte keine Vorstellung von dem, was da noch auf uns zukommen würde. Vor lauter Angst war ich fast dem Wahnsinn nahe.
    Als ich wieder zu mir kam, lag ich, an Händen und Füßen gefesselt, neben dem Professor bei den Mehlsäcken.
    »Alles in Ordnung mit dir?«, flüsterte der Professor. »Ich kann in dieser Finsternis nichts sehen.«
    Ich erinnerte mich an das, was vorgefallen war, erinnerte mich an die Kneifzange und den Hieb, den ich abbekommen hatte.
    »Sind sie weg?«, fragte ich angstvoll.
    »Ja, aber sie werden bald wiederkommen.«
    »Hast du ihnen gesagt, wo das Buch ist?«
    »Nein, noch nicht.«
    »Was ist mit deinem Finger?«
    »Mit mir ist alles in Ordnung, Valdemar. Wie geht es dir? Tut dir der Kopf nicht furchtbar weh?«
    Mein Gesicht brannte nach dem Fausthieb.
    »Wo sind sie hin?«
    »Ich habe versucht, Zeit zu gewinnen.«
    »Was hast du gemacht?«
    »Ich habe sie auf eine falsche Fährte geschickt. Vorhin zu Sigmundur. Jetzt noch einmal woandershin. Sie werden bald wieder da sein, und dann, fürchte ich, werden sie keine Gnade walten lassen.«
    »Du hast das Buch, oder nicht?«
    »Ja.«
    »Du musst es ihnen geben.«
    »Nicht, solange ich lebe, Valdemar, so viel steht fest. Von mir bekommen die den Codex Regius nicht.«
    Ich dachte über seine Worte nach. Mir wurde klar, dass er bereit war, sein Leben für diese Handschrift zu opfern.
    »Willst du mir verraten, wo er ist?«
    »Es ist das Beste, wenn du so wenig wie möglich weißt.« Ich ließ mir seine Worte durch den Kopf gehen. Er hatte Recht damit. Ich würde den Verhörmethoden von Joachim und Helmut nicht standhalten können.
    »Aber spielt das alles überhaupt noch eine Rolle?«, fragte ich besorgt. »Es reicht doch, wenn sie glauben, dass ich etwas wissen könnte.«
    »Mach dir nicht zu viele Gedanken, mein Freund.«
    Mein Gesicht schmerzte. Sie würden binnen kurzem zurückkehren, und uns stand Schreckliches bevor. Ich sah die Kneifzange in Helmuts Händen vor mir.
    »Vielleicht solltest du ihnen doch sagen, wo das Buch ist«, schlug ich zögernd vor.
    »Das kann ich nicht«, sagte der Professor.
    »Wir könnten es ihnen später wieder wegnehmen.«
    »Ich befürchte, dass sie uns keine Chance lassen, später noch irgendetwas zu machen.«
    Als ich über diese Worte nachdachte, wurde mir klar, dass unser Leben in der Hand dieser Männer lag. Unter diesem Aspekt hatte ich unsere Situation bis dahin noch nicht betrachtet. Er jedoch ließ sich nichts anmerken, sondern wirkte entschlossen wie eh und je.
    »Meinst du, dass …«
    »Ich glaube, sie werden keine Zeugen zurücklassen wollen.«
    »Aber …«
    Ich verstummte bei dem Gedanken daran, wie hoffnungslos unsere Lage war.
    »Ich weiß, wie schwer das ist, Valdemar«, sagte der Professor.
    »Du glaubst, dass es nichts bringt, wenn du ihnen den Codex Regius überlässt?«, fragte

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