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Codex Regius - Indriðason, A: Codex Regius - Konungsbók

Codex Regius - Indriðason, A: Codex Regius - Konungsbók

Titel: Codex Regius - Indriðason, A: Codex Regius - Konungsbók Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indriðason
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vorbei, und als ich sie wieder öffnete, sah ich Helmut auf dem Weg zum Deck. Ich bat Sigmundur inständig, das, was ich ihm gesagt hatte, für sich zu behalten, zumindest bis ich in Erfahrung gebracht hätte, was los war. Ich schärfte ihm ein, sehr vorsichtig zu sein und darauf zu achten, dass er sich immer unter Menschen aufhielt. Dann schlich ich hinter Helmut her.
    Er war unten auf dem Promenadendeck, lehnte sich ganz gelassen an die Reling und starrte aufs Meer hinaus. Außer ihm waren nur wenige Passagiere an Deck. Er schob sich am hinteren Laderaum vorbei zu den achteren Aufbauten, wo sich die zweite Klasse befand. Ich stellte mich so, dass er mich nicht sehen konnte, und war sehr auf der Hut, falls Joachim von Orlepp nachkommen würde oder vielleicht sogar der Alte, den ich im Spiegel gesehen hatte.
    Als Helmut sicher zu sein glaubte, dass niemand ihn beobachtete, verschwand er zu meiner Überraschung in einem kleinen Häuschen, das sich auf dem Deck befand, und machte die Tür hinter sich zu. Nach etwa zehn Minuten tauchte Joachim von Orlepp auf und wiederholte das Spiel. Er lehnte sich zunächst in aller Ruhe an die Reling, blickte eine Weile aufs Meer hinaus und schlenderte dann das Deck entlang, bis er vor dem Häuschen stand. Er vergewisserte sich, dass niemand ihn sah, und verschwand genau wie Helmut darin.
    Ich wartete darauf, dass sie wieder zum Vorschein kamen, und zerbrach mir den Kopf darüber, was sie da machten. Ich traute mich nicht, ihnen zu folgen, sondern wartete geduldig ab, was passieren würde. Ich hatte nicht die geringste Ahnung, was sie da in dem kleinen Kabäuschen wollten, das sich auf dem Achterdeck der Gullfoss befand. Es war nicht viel größer als eine Latrine und bot kaum Platz für zwei.
    In der Abendstille hörte man, wie irgendjemand die neuesten Schlager auf dem Klavier spielte. Auf dem Deck standen einige Leute, die sich zuprosteten und anschließend die Gläser in hohem Bogen hinter sich ins Meer warfen. Die Tür des kleinen Häuschens öffnete sich nach gut einer Stunde, und Joachim von Orlepp erschien. Er ging geradewegs zurück zur ersten Klasse. Zehn Minuten später tauchte Helmut auf und folgte ihm.
    Ich ließ geraume Zeit vergehen, bevor ich mich zu dem Häuschen hintraute. Ich öffnete vorsichtig die Tür. Als Erstes sah ich einiges Gerümpel auf dem Boden, rostige Ketten und Malutensilien, Eimer und Pinsel. Ich machte die Tür hinter mir zu und stieß an einen Deckel auf dem Boden. Als ich ihn wegschob, kam ein Mannloch zum Vorschein, durch das man in den Laderaum gelangen konnte. Ich kletterte vorsichtig die Sprossenleiter hinunter und schob den Deckel über mir wieder an seinen Platz. Eine nackte Birne beleuchtete einen Teil des Laderaums. Ich flüsterte den Namen des Professors und lauschte, hörte aber keine Reaktion.
    Ich ging vorsichtig Schritt für Schritt weiter, an aufgestapelten Kästen mit Konservendosen und Säcken mit Mehl und Zucker vorbei, bis ich in den hinteren Teil des Laderaums kam. Dort war es fast stockfinster.
    Ich lauschte wieder und hörte nun ein leises Stöhnen.
    »Bist du da?«, flüsterte ich.
    Das Stöhnen verstärkte sich.
    Ich trat näher, und meine Blicke fielen auf etwas am Boden Liegendes, ich erkannte undeutlich die Umrisse eines Menschen. Ich bückte mich. Ich hatte den Professor gefunden. Er lag neben einem Berg von Säcken, war geknebelt und an Händen und Füßen gefesselt, ganz ähnlich, wie er selbst zuvor Sigmundur gefesselt hatte.
    Ich nahm ihm den Knebel aus dem Mund.
    »Gott sei Dank«, stöhnte er und holte tief Atem. »Binde mich los, bevor sie wiederkommen. Wir müssen uns in Sicherheit bringen. Joachim ist an Bord! Und Helmut auch!«
    »Ich weiß. Ich habe sie gesehen. Hast du das Buch?«
    »Schnell, mach mich los.«
    Ich fingerte an den Fesseln herum, die aber so fest verknotet waren, dass ich sie nicht aufbekam. Es war auch alles andere als hilfreich, dass ich noch nie in meinem Leben so verzweifelt und so verstört gewesen war. In der Dunkelheit trat ich auf etwas und hätte mich beinahe der Länge nach hingelegt. Es war der Stock des Professors.
    »Wo bist du gewesen?«, fragte der Professor.
    »Wo ich gewesen bin? Ich habe den ganzen Tag nach dir gesucht! Aber was hast du eigentlich gemacht?«
    »Sie haben mich überwältigt, als ich von Sigmundur kam«, sagte der Professor. »Sigmundur hat das Buch in seiner Kabine gehabt, direkt vor unserer Nase! Ich war gerade auf dem Weg zum Kapitän.«
    »Joachim ist in

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