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Codex Regius - Indriðason, A: Codex Regius - Konungsbók

Codex Regius - Indriðason, A: Codex Regius - Konungsbók

Titel: Codex Regius - Indriðason, A: Codex Regius - Konungsbók Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indriðason
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selbst zu sprechen und lehnte sich in seinem Sitz zurück.
    »Was denn?«, fragte ich, denn ich hatte keine Ahnung, was er da redete.
    »Dass ich es nicht gemeldet habe, als ich das Skelett fand. Ich habe es immer bereut.«
    »Was für ein Skelett?«, fragte ich.
    »Doch dann hätte ich auch davon erzählen müssen, dassich wieder Erde drübergeschaufelt habe«, sagte der Professor.
    Er seufzte tief und starrte in die Dunkelheit hinaus. Ich verkniff es mir, ihn um eine Erklärung zu bitten. Ich war mir keineswegs sicher, ob ich all das wissen wollte, was er wusste, und mir war nur allzu klar, dass ich weit davon entfernt war, diesen seltsamen Mann zu verstehen.

Neun
    Wenn ich nicht im Kannibalen aß, konnte ich bei meiner Vermieterin, einer gutmütigen Frau um die fünfzig, die Mahlzeiten zu mir nehmen. Ihr Mann lebte nicht mehr, und ihr einziger Sohn war von zu Hause ausgezogen. Witwe Bodelsen hatte noch zwei andere Untermieter, einen älteren Herrn, der mit ihr verwandt war, und einen italienischen Volkswirtschaftsstudenten, einen verschlossenen jungen Mann jüdischer Abstammung. Das Essen bei der Witwe war passabel, häufig gab es dänischen Schinken und praktisch zu jeder Mahlzeit Rotkohl und Kartoffeln. Frau Bodelsen war sehr freundlich, aber zu den anderen beiden Untermietern bekam ich kaum Kontakt, denn sie schaufelten nur die Mahlzeiten in sich hinein und verschwanden anschließend gleich wieder in ihren Zimmern.
    Ich lag nach dem Abendessen gemütlich auf dem Bett, als an meine Zimmertür geklopft wurde. Es war, einen Tag nachdem der Professor und ich aus Norwegen zurückgekehrt waren. Ich ging zur Tür, draußen stand der Professor. Er machte einen blendenden Eindruck. Er hatte seinen Ledermantel an und strahlte übers ganze Gesicht, als er unaufgefordert mein Zimmer betrat.
    »Warum wohnst du nicht im Kolleg?«, fragte er, während er seine Blicke über die spärliche Einrichtung schweifen ließ, mein Bett, das an der Wand stand, den Schreibtisch mit der Leselampe, die ich auch verwenden konnte, wenn ich im Bett las, einen eingebauten Schrank und in derEcke ein kaputtes Grammophon, das der Vermieterin gehörte.
    »Dr. Sigursveinn hat mir dieses Zimmer besorgt«, antwortete ich. »Er sagte, dass es hier ruhiger sein würde.«
    »Ein richtiger Prachtkerl, dein Sigursveinn«, sagte der Professor und ließ sich auf dem Stuhl am Schreibtisch nieder. »Leider habe ich nichts, was ich dir anbieten könnte«, sagte ich.
    »Das stimmt nicht, Valdemar«, sagte er.
    »Ich meine Tee, Kaffee oder dergleichen.«
    Wieder bemerkte ich dieses tiefe Mitleid in den Augen des Professors, als er mich anblickte, ohne ein Wort zu sagen. Ich lächelte verlegen.
    »Leider besitze ich nichts dergleichen«, wiederholte ich.
    »Macht nichts«, sagte er, »ich bin nicht wegen einer Tasse Kaffee hierhergekommen.«
    Mein bescheidener Stapel Bücher, den ich aus Island mitgebrachte hatte, erregte die Neugier des Professors, er beugte sich vor und stützte sich dabei auf seinen Stock, um sie zu inspizieren, und wie immer, wenn ich in seiner Nähe war, hatte ich das Gefühl, er würde mich taxieren. Sein Besuch hatte mich nicht allzu sehr überrascht, irgendwie hatte ich damit gerechnet. Und ich ahnte, was er von mir wollte. Auf der Rückreise von Norwegen hatte er die ganze Zeit versucht, mich dazu zu überreden, mit ihm nach Deutschland zu fahren, doch ich hatte sehr ausweichend geantwortet. Jetzt ließ er sich nicht mehr hinhalten.
    »Ich muss etwas mir dir besprechen, Valdemar«, sagte er. Ich nahm mir im Stillen vor, hart zu bleiben, wenn er mich jetzt aufs Neue bitten würde, mein Studium zurückzustellen und ihn zu begleiten. Das Studium hatte Vorrang, gleichgültig, was er sagte. Ich wusste aber, dass es schwierig werden würde, gegen ihn anzukommen, und ich fand es außerdem unangenehm, das tun zu müssen. Mir warüberhaupt nicht wohl zusammen mit ihm in meinem Zimmer.
    »Ich weiß nicht, wie viel du weißt«, sagte er und holte seine Tabaksdose aus der Tasche. »Doch bevor ich es vergesse, möchte ich mich bei dir bedanken, dass du mich alten Mann nach Århus und Norwegen begleitet hast. Aber wenn du mehr wissen, wenn du die ganze Geschichte hören willst, dann musst du noch einmal mit mir kommen, und ich werde dir verraten, was hinter allem steckt.«
    Ich schwieg.
    »Ich möchte dich bitten, mit mir eine kurze Reise nach Deutschland zu unternehmen. Der Zug geht …«, er zog seine Uhr hervor, »… in einer Stunde.«
    »Ich

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