Coe, David B. - Die Chroniken von Amarid 01 - Der Fluch des Magiers
herunterkamen, die sich zwischen den Gipfeln hindurchwanden, staunte er über die großen Haine riesiger Koniferen und die Bergwiesen, die von Lupinen, Astern und Disteln bedeckt waren. Und nach beinahe zwei Wochen in den Seebergen, als er und Baden am Horizont schon die Nordebene erspähen konnten, wusste Jaryd, dass ihm die Berge fehlen würden.
Sie schlugen an diesem letzten Tag in den Bergen ihr Lager auf einem kleinen Felsvorsprung auf, der einen klaren Blick nach Westen bot. Unter ihnen erstreckte sich die Ebene wie ein gewaltiges Grasmeer, unterbrochen von Inseln dunkler, niedrig wachsender Bäume und von einem sich windenden und geteilten Fluss in drei große Teile geschnitten. Der Dhaalismin, dachte Jaryd, während er die Aussicht genoss. »Wir haben hier oben ziemlich viel Zeit verloren«, sagte Baden, der neben ihm stand. »Der Schnee hat uns aufgehalten. Aber was auch immer der Grund gewesen sein mag, wir müssen die Zeit wieder reinholen, wenn wir die Ebene und Tobyns Wald durchqueren.«
Jaryd zuckte die Achseln und gestattete sich ein Lächeln. »Mir ist es recht. Und ich muss sagen, ich freue mich darauf, eine Weile auf ebener Erde zu laufen.«
Baden erwiderte das Lächeln. »Was hieltest du zur Abwechslung einmal von guter Hausmannskost und einer Nacht in einem richtigen Bett?«, fragte er.
»Ist das dein Ernst?«
»Ja. Am Fuß dieses Berges gibt es eine kleine Stadt namens Taima, und ich kenne dort ein paar Leute, die uns gerne für eine Nacht aufnehmen werden.«
»Das klingt wunderbar.«
»Es wird uns morgen mehr aufhalten, als mir lieb ist«, sagte Baden eher zu sich selbst als zu Jaryd, »aber vielleicht wird es uns für den Rest des Weges ein wenig beleben.«
Jaryd nickte. »Ich hätte wirklich nichts gegen eine Nacht in einem richtigen Bett.«
Sie blieben noch eine Weile stehen und sahen zu, wie sich die Schatten der Berge nach und nach über die Ebene ausbreiteten, während die Sonne hinter ihnen unterging. Schließlich schlug Baden vor, dass sie jetzt essen sollten, und sie machten sich an die Vorbereitungen.
Später an diesem Abend, während Baden mit dem Feuer spielte, versuchte Jaryd abermals, sich auf seine Bindungsübungen zu konzentrieren, wie Baden sie nannte. In den letzten Tagen war es ihm immer besser gelungen, seinen Geist zu schulen, bis er schließlich alle Gedanken für mehrere Minuten wegschieben konnte. Es war ein seltsames Gefühl, wenn es funktionierte - eine Art Wachschlaf, den er sehr entspannend fand. Aber an diesem Abend stellte Jaryd fest, dass er - vielleicht wegen ihres bevorstehenden Besuchs in Taima - immer wieder an die Geschichten denken musste, die er über abtrünnige Magier und Schwierigkeiten innerhalb des Ordens gehört hatte. Es war nicht das erste Mal auf dieser Reise, dass er über solche Dinge nachgegrübelt hatte, aber er hatte jedes Mal gezögert, mit Baden darüber zu sprechen. An diesem Abend jedoch kam es ihm so vor, als hätte er ein Recht zu fragen - auch dies gehörte in gewissem Sinn zu seiner Ausbildung. Er blieb eine Weile ruhig sitzen und nahm seinen Mut zusammen, bis Baden schließlich bemerkte, dass Jaryd ihn beobachtete.
»Solltest du nicht üben?«, fragte der Magier und stocherte mit einem langen Stock im Feuer herum.
Sein Schüler zuckte die Achseln. »Ich kann mich nicht konzentrieren.«
»Ja? Was geht dir denn durch den Kopf?«
»Sind diese Geschichten wahr, Baden?«, fragte Jaryd statt einer Antwort.
Einige Zeit blieb der Eulenmeister einfach schweigend sitzen und stocherte weiter im Feuer herum. Dann lehnte er sich zurück, sah Jaryd ernst an, und seine blauen Augen spiegelten das Licht des Feuers wider. »Ich hatte mich schon gefragt, wann du dieses Thema aufbringen würdest«, meinte er schließlich. Er holte tief Luft. »Wenn du mich fragst, ob es unerklärliche Angriffe auf kleine Dörfer gab, dann ist die Antwort leider ja. Wenn du mich fragst, ob dafür Magier verantwortlich waren ...« Er zögerte und zuckte leicht die Achseln. »Das kann ich dir auch nicht sagen.«
»Kannst du nicht oder willst du nicht?«, fragte Jaryd herausfordernd.
Der Magier kniff ein wenig die Augen zusammen, und seine hageren Züge erstarrten. Seine Antwort überraschte seinen Schüler vollkommen. »Sag mir, Jaryd«, fragte er, »was weißt du von Amarid?«
Jaryd dachte einige Zeit über diese Frage nach, bevor er antwortete. »Nun ja«, begann er zögernd, »er war der erste und größte Magier. Er entdeckte die Magie. Er gründete
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