Coe, David B. - Die Chroniken von Amarid 01 - Der Fluch des Magiers
niemals eine Bezahlung für ihre Dienste entgegengenommen. Theron allerdings betrachtete die Magie nicht als Geschenk, sondern als Zeichen seiner eigenen Überlegenheit, etwas, das ihn über die Menschen des Landes erhob. Wie du dir denken kannst, hatte er daher eine ganz andere Vorstellung von der Position, die Magier in Tobyn-Ser einnehmen sollten. Er kam zu der Ansicht, dass Magier das Land führen und die Vorteile und Reichtümer genießen sollten, die ihnen diese Stellung brachte. Aber Therons Ansichten über diese Dinge entwickelten sich erst mit der Zeit. In jenen frühen Jahren arbeitete er mit Amarid zusammen, und beide genossen die Aufmerksamkeit und Dankbarkeit, die ihnen für ihre Taten zuteil wurde.
Innerhalb von ein paar Jahren«, fuhr Baden fort, »waren Amarid und Theron auch anderen falkengebundenen Magiern begegnet. Zunächst, als es noch wenige waren, schlossen sich diese Magier Amarid und Theron an oder reisten in kleinen Gruppen nach Ceryllon, um ihre Kristalle zu finden. Aber als es immer mehr wurden, erwies sich das als unpraktisch, und Amarid und Theron sagten allen Magiern, denen sie begegneten, sie würden sich jedes Jahr zu Mittsommer wieder im Hain der Begegnung treffen. Dies war im Grunde die Geburt des Ordens.
Aber zu dieser Zeit begann Amarids und Therons Freundschaft nachzulassen. Amarid verliebte sich in eine Magierin, eine Frau namens Dacia, und er und Theron trennten sich voneinander, ungeschickt und nicht ohne Bitterkeit. Amarid und Dacia kehrten in die Gegend bei Flusshafen zurück, aus der Amarid ursprünglich kam, in einen Ort, dem man später zu seinen Ehren seinen Namen gab, und sie dienten diesem Teil von Tobyn-Ser. Auch andere Magier ließen sich irgendwo nieder und wurden Teil der Gemeinde, der sie dienten. Theron brauchte dazu länger. Und verbittert darüber, was er als Amarids Verrat an ihrer Freundschaft betrachtete, wurde er von Zorn und Neid zerfressen. Er kam zu den jährlichen Versammlungen, aber als Amarid begann, die Rolle eines Oberhaupts des Ordens anzunehmen, seine Vision der Magier als Diener und Beschützer der Menschen und des Landes festzulegen, wuchs Therons Verachtung für diese Vision. Er erklärte, er habe ebenso großen Anspruch auf die Führung des Ordens wie Amarid, und eine beträchtliche Gruppe von Magiern, besonders die jüngeren, die ohnehin sehr von Theron eingenommen waren, stellte sich auf seine Seite. Er hatte auch herausgefunden, dass er das Handeln von Menschen in Stadt und Land beeinflussen konnte, und er benutzte seine Macht, um solche Leute in seinen Dienst zu nehmen und reich zu werden.
Etwa um diese Zeit starb Therons erster Vogel, und er verbrachte mehrere Monate ungebunden. Das war eine schrecklich schwierige Zeit für ihn, wie für jeden Magier. Seine Macht war verringert, und als der Erste seiner Art, der seinen Vogel verloren hatte, hatte Theron keine Ahnung, ob er sich je wieder binden könnte oder ob seine Macht zurückkehren würde. Und zum ersten Mal in seinem Leben war er wirklich allein. Seine Familie hatte ihn schon lange verbannt, seine Freundschaft mit Amarid war zerstört, und nun hatte er auch noch seinen Falken verloren, der jahrelang eine stetige Präsenz in seinem Geist gewesen war. Einsam und verbittert zog er sich in die Smaragdhügel zurück, und beinahe ein Jahr hörten Amarid und die anderen nichts von ihm.
Keiner sah ihn wieder, bis er bei der nächsten Versammlung mit einer Eule auf der Schulter erschien. Alle im Orden, selbst Amarid, gratulierten ihm dazu und erklärten ihn zum ersten Eulenmeister im Orden. Im folgenden Jahr verlor auch Amarid seinen Falken und band sich an eine Eule. Für kurze Zeit kamen Amarid und Theron einander wieder näher. Aber ihr fortwährender Kampf um die Macht im Orden und ihre vollkommen unterschiedlichen Visionen über die Rolle der Magier in Tobyn-Ser vergifteten ihre Freundschaft schon bald wieder.
Ein paar Jahre nach Amarids zweiter Bindung reiste Theron wieder in seine alte Heimatstadt Rholde, und da verliebte er sich in eine Frau. Er hatte zwar gelernt, Menschen für kurze Zeit seinen Willen aufzuzwingen, aber kein Magier oder Meister kann einen anderen zwingen, ihn oder sie zu lieben. Diese stetige Nutzung der Macht würde sowohl den Magier als auch den Vogel erschöpfen. Sosehr er sich also anstrengte, das Herz dieser Frau zu gewinnen, Theron konnte sie nicht dazu bringen, ihn zu lieben. Tatsächlich liebte sie einen anderen Mann aus der Stadt. Der war kein
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