Coe, David B. - Die Chroniken von Amarid 01 - Der Fluch des Magiers
hinter ihm wider, »werden jene in diesem Orden, die ungebunden sterben, keine Ruhe mehr finden!«
Baden öffnete die Augen wieder. Und während das Echo seiner Worte in der Nacht verhallte, senkte sich Stille über das Lager wie Nebel über eine Küste. »Bei Therons letztem Wort fuhr ein Blitz aus grünem Licht aus seinem Stab in den Nachthimmel. Im selben Augenblick sprang die große Eule auf Therons Schulter mit einem unnatürlichen Schrei hoch und setzte zum Fliegen an, aber dann fiel sie tot zu Boden. Therons Ceryll lag in Splittern zu Füßen des Eulenmeisters, und die Spitze seines Stabs war verkohlt und qualmte. Therons letzte Worte an Amarid waren: >Vergiss nie, alter Freund, dass du dies getan hast, nicht ich.< Theron sollte am nächsten Morgen durch das Feuer hingerichtet werden, aber als die anderen Magier ihn aus der Zelle bringen wollten, war er schon tot.«
»Er hat sich also selbst verflucht«, warf Jaryd ein, und seine Stimme kam ihm heiser und fremd vor in dieser Stille, die Badens Geschichte geschaffen hatte.
»Ja. Und wie bei so vielen anderen Dingen war Theron auch der erste unseres Ordens, der ein Unbehauster wurde.«
»Unbehaust?«
»So nennen wir jene Magier, die ungebunden sterben. Therons Fluch wirkt sich so aus, dass die Geister der Unbehausten an den Ort ihrer ersten Bindung zurückkehren, wo sie auf ewig die Nächte heimsuchen.« Baden streichelte zerstreut Anlas Gefieder. »Das ist einer der Gründe, wieso die Zeit zwischen dem Tod eines Vogels und der Bindung an den nächsten so schwierig ist. Man verliert nicht nur an Macht und«, fügte er mit einem Blick auf den Vogel auf seiner Schulter hinzu, »hat ein Geschöpf verloren, das man liebte. Man ist auch gefährdet, falls einem etwas zustoßen sollte, unter Therons Fluch zu fallen.«
»Das heißt also, dass Theron ... immer noch lebt?«, fragte Jaryd.
»Nein«, erwiderte Baden, aber in seiner Stimme lag etwas, das Jaryd erschaudern ließ. »Theron starb in dieser Nacht im Hain der Begegnung, vor hunderten von Jahren«, erklärte er. »Aber sein Geist lebt, und man kann ihn zwischen Abend- und Morgendämmerung an einem Ort sehen, der inzwischen als Therons Hain im Schattenwald im nördlichen Tobyn-Ser bekannt ist.«
»Er ist also ein Gespenst?«
»So könnte man es wohl ausdrücken. Wir ziehen es allerdings vor, sie Geister zu nennen.«
»Das ist doch nur Wortklauberei«, meinte Jaryd.
Baden dachte einen Augenblick nach, dann gestand er, »Ja, so ist es.«
Auch Jaryd überlegte. »Hat Therons Geist dieselbe Macht wie Theron?«, fragte er schließlich.
Baden zögerte. »Das ist eine komplizierte Frage. Tatsächlich wissen wir sehr wenig über die Unbehausten. Aus diversen Gründen, von denen einige wohl offensichtlich sind, suchen wir sie nur selten auf. Wir wissen nicht, ob sie Zugang zur Magie haben. Aber selbst wenn, dann wäre Therons Geist immer noch ein besonderer Fall. Die meisten Unbehausten erscheinen mit ihren Stäben, oder worauf sonst sie ihre Cerylle befestigt hatten, und mit ihren ersten Vögeln. Und bei Nacht, und in dem Bereich, in dem sie sich zum ersten Mal gebunden haben, könnten sie durchaus Macht haben. Therons Ceryll allerdings wurde in jener letzten Nacht seines Lebens durch die Explosion, die seinen Bannspruch begleitete, zerstört. Also ist, welche Macht er auch immer haben mag ... ungezähmt, wild, wenn du es so ausdrücken willst. Andererseits waren seine Kräfte zu Lebzeiten immens, viel größer als die jedes anderen unbehausten Magiers. Wir wissen einfach nicht, wozu er in der Lage ist.« Baden schien noch etwas hinzufügen zu wollen, aber dann hielt er inne und wartete auf Jaryds nächste Frage.
Wieder dachte Jaryd über alles nach, was er erfahren hatte. Schließlich strich er sich das Haar aus der Stirn und sah den Magier über das Feuer hinweg an. »Tut mir Leid, Baden, ich habe deine Geschichte unterbrochen.«
Baden tat die Entschuldigung mit einer kleine Geste ab. »Es bleibt nicht mehr viel zu erzählen. Als die Versammlung zu Ende ging, traten einige wenige junge Magier, die Theron unterstützt hatten, offiziell aus dem Orden aus und verließen Tobyn-Ser. Bis auf den heutigen Tag wissen wir nicht, wohin sie gingen und was aus ihnen wurde.
Für den Orden bestand vielleicht die wichtigste Konsequenz der ganzen Sache darin, dass wir jene Regeln annahmen, die inzwischen als Amarids Gesetze bekannt sind und die Leitlinien für jene darstellen, die Magie anwenden.« Baden sah Jaryd
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