Coe, David B. - Die Chroniken von Amarid 01 - Der Fluch des Magiers
wenn wir Erfolg haben, werdet ihr lange warten müssen.«
Baden und Orris standen einander gegenüber und starrten sich wütend an, während die anderen Magier am Tisch ihre Argumente aufgriffen und sich die Versammlung abermals in Chaos auflöste. Und während die Männer und Frauen in seiner Umgebung über die Vor- und Nachteile von Patrouillen, eines geistigen Netzes und einer Delegation zu Therons Hain diskutierten, wandte sich Jaryd abermals dem unteren Ende des Tisches zu, wo Alayna, wie er wusste, in seine Richtung blickte, mit einem undurchschaubaren Ausdruck in den Augen. Sie sahen einander lange an, bevor die junge Frau schließlich den Blick abwandte.
Jessamyn stellte bald die Ruhe wieder her und verkündete, sie sollten erst einmal eine Pause einlegen. Die Diener der Großen Halle in ihren schimmernden blauen Gewändern brachten eine leichte Mahlzeit an den Tisch. Sie bestand aus Käse, getrocknetem Obst und einem hellen Wein, aber obwohl Jaryd sich ein wenig von dem Bier des letzten Abends erholt hatte, entschied er sich, lieber nichts zu essen. Als die Mahlzeit beendet war, begannen die Debatten wieder, und obwohl die Magier nun die Alternativen ein wenig vernünftiger diskutierten, zeichnete sich dennoch kein Konsens ab. Es kam Jaryd so vor, als würden dieselben Argumente wieder und wieder vorgebracht, ohne dass einer dem anderen wirklich zuhörte, und schließlich verlor er das Interesse an den Gesprächen. Baden und Trahn verbrachten einen großen Teil des Nachmittags damit, ihren Plan zu verteidigen, aber Orris und seine Anhänger blieben überzeugt, dass es ihre Anstrengungen, die Aktivitäten aller Ordensmitglieder zu überwachen, nur gefährden würde, wenn man eine Delegation zum Hain schickte. Als das Tageslicht, das durch die milchigen Fenster der Halle hereinfiel, zu schwinden begann, waren die Magier einer Einigung nicht näher als am Morgen.
Die Eulenweise vertagte die Versammlung widerstrebend bis zum nächsten Tag und lud alle Magier zu einer Mittsommerfeier und dem Fest der Duclea an diesem Abend im Heim von Amarid ein. Dank seiner Aufregung über die Eröffnung der Versammlung hatte Jaryd ganz vergessen, dass dieser Tag auch ein Feiertag war, und als Jessamyns Einladung ihn nun daran erinnerte, stellte er fest, dass seine Festlaune und sein Appetit zurückgelehrt waren. Eigentlich mochte er das Herbstfest, das Leora gewidmet war, und das Arickfest im Frühling lieber, aber alle vier Jahreszeitenfeiern waren Zeiten von Fröhlichkeit und Zauber. Das Fest hier in Amarid mitzufeiern, würde das nur noch besser machen.
Aber es war die Erinnerung an etwas anderes, die Jaryd beschäftigte, als er und Baden die Große Halle verließen und in die schräg einfallenden Strahlen der Nachmittagssonne traten, und die ihn bewog, am Fuß der Marmortreppe stehen zu bleiben und sich dem Eulenmeister zuzuwenden. »Glaubst du wirklich, dass ich eines Tages der mächtigste Magier im Orden sein werde?«, fragte er, und es gelang ihm nicht, ein Lächeln zu unterdrücken.
»Was?«, fragte Baden zerstreut, während Trahn zu ihnen trat.
»Ich habe dich gefragt, ob du wirklich ernst gemeint hast, was du da drinnen gesagt hast: dass ich einmal der mächtigste Magier des Ordens sein würde.«
Ohne zu antworten, wandte sich Baden an Trahn. »Das ist nicht so gut gegangen, wie ich gehofft hatte«, stellte er fest. »Du hattest Recht, was Orris angeht: Er hat unter den jungen Mitgliedern eine große Gefolgschaft.«
»Aber du bist bei den Eulenmeistern ebenso beliebt«, versicherte Trahn. »Ich denke allerdings nicht, dass es unserer Sache helfen wird, eine Fraktion gegen die andere zu hetzen. Ganz gleich, was der Orden beschließt, wir werden keinen Erfolg haben, wenn wir uns spalten lassen.«
»Da bin ich ganz deiner Meinung«, erwiderte Baden grimmig. »Ich glaube, ich werde mit Jessamyn sprechen müssen; ihre Unterstützung wird in dieser Sache unabdingbar sein.«
»Da musst du ein wenig warten: Orris redet bereits mit ihr, und sie wird sich bald zu Amarids Haus aufmachen, um alles für das Fest vorzubereiten.«
»Das Fest«, murmelte Baden kopfschüttelnd. »Das hatte ich ganz vergessen.«
»Ich nicht«, meinte Jaryd vergnügt. »Ich wette, die Feiern hier sind ziemlich spektakulär. Ich kann es kaum erwarten.« Zum ersten Mal seit der Vertagung der Versammlung schien Baden von seinem Neffen Notiz zu nehmen. Er wechselte einen Blick mit Trahn und holte tief Luft. »Jaryd«, sagte er zögernd, »ich
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