Coe, David B. - Die Chroniken von Amarid 01 - Der Fluch des Magiers
Gefühle zu erinnern, die zu dem Heraufbeschwören seiner Macht gehörten. Schließlich, lange nachdem der letzte Rest Tageslicht vergangen war, bemerkte er, wie hungrig er war. Er stand auf und suchte die Umgebung nach den essbaren Pflanzen und Wurzeln ab, die Baden ihn vor so vielen Wochen zu erkennen gelehrt hatte. Als er genug für eine Mahlzeit zusammen hatte, trug er alles zum Fluss und säuberte es. Anschließend kehrte er in den Lichtkreis seines Feuers zurück, aß sein bescheidenes Abendessen und ließ sich dann auf den duftenden Tannennadeln zum Schlafen nieder. Ich bin ein Magier, sagte er sich abermals, und er lächelte wie ein Kind.
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C albyr stand allein am Rand der Lichtung, beobachtete und wartete. Er hatte die Kapuze zurückgeschoben und ließ die leichte Brise durch sein blondes Haar streichen, aber den Blick hatte er in das Dunkel des Waldes vor sich im Osten der Lichtung gerichtet. Er konnte die anderen hinter sich hören, hörte sie in Zweier- und Dreiergruppen flüstern, und am liebsten hätte er sie zum Schweigen gebracht. Es würde nur ein einziges Wort brauchen, vielleicht auch nur einen Blick. Sie hatten Angst vor ihm, das wusste er. Sie würden tun, was er ihnen befahl. Aber es war im Grunde sinnlos. Sie machten nicht viel Lärm, und es war nicht ihre Schuld, dass der Magier spät dran war. Seine Frustration an den Männern auszulassen, würde vielleicht dazu führen, dass er sich ein wenig besser fühlte, aber viel helfen würde es nicht.
Er hasste es, warten zu müssen. Er war stolz auf seine eigene Pünktlichkeit und die Präzision, mit der er seine Pläne ausführte. Zu spät kommen war ein Zeichen von Unfähigkeit. Und Unfähigkeit konnte dazu führen, dass jemand umkam. Dass sie auf einen Magier warteten, machte es noch schlimmer. Dass sie hier in diesem Wald warteten, so nahe an der Stadt und all den anderen Magiern, die sich dort versammelt hatten, machte es beinahe unerträglich. Es gab allerdings einen wichtigen Grund, sich in der Nähe der Stadt aufzuhalten. Wenn sie die Illusion aufrechterhalten wollten, dass die Magier für die Angriffe verantwortlich waren, die seine Bande ausgeführt hatte, dann mussten sie nach dem Ende der Versammlung rasch zuschlagen, und das innerhalb einer glaubwürdigen Entfernung von der Stadt. Aber er zog es vor, in Bewegung zu bleiben, und es machte ihn nervös, seine Bande so lange Zeit hier versammeln zu müssen. Es war einfach zu gefährlich.
Wieder schaute er über die Schulter zurück auf die Lichtung. Wenn nun jemand zufällig hier vorbeikommen würde, hätten Calbyr und seine Männer kaum eine andere Wahl, als den Unglücklichen zu töten. Zufällige Begegnungen mit den Bewohnern des Landes waren zu erwarten, aber für Einzelne, nicht für fünfzehn, die zusammen auf einer kleinen Lichtung lagerten und allesamt diese rot glühenden Steine und diese riesigen schwarzen Vögel mit den goldenen Augen bei sich hatten. Selbst der dümmste Bürger von Tobyn-Ser würde sofort wissen, dass etwas nicht in Ordnung war. Und er oder sie würde sterben müssen. Nicht, dass Calbyr etwas dagegen hatte, Menschen umzubringen - immerhin waren sie zu diesem Zweck hierher gekommen. Aber es zu diesem Zeitpunkt und zufällig zu tun würde mehr Schaden anrichten als nützen. Calbyr selbst hatte darauf bestanden, dass alle Mitglieder seiner Bande diese roten Steine trugen. Damals hatte er geglaubt, dass es ihnen gestatten würde, einander leichter zu erkennen, selbst aus der Ferne. Vielleicht war das ja auch so. Aber sie ließen Treffen wie dieses hier auch viel zu gefährlich werden. Das war ein klarer Fehler in ihrer ansonsten sorgfältigen Planung gewesen.
Er wandte sich wieder dem Wald zu und strengte sich an, den leuchtenden Stein des Magiers in der Dunkelheit zu erspähen. Als er immer noch nichts sehen konnte, fluchte er leise. Manchmal fragte sich Calbyr, ob der Magier so etwas mit Absicht machte. Weder er noch der Sohn Amarids hatten sich sonderlich angestrengt, ihre gegenseitige Abneigung zu verbergen. Tatsächlich war ihre Feindseligkeit in gewisser Weise nützlich, denn sie gestattete Calbyr, die anderen Gefühle zu verheimlichen, die dieser Magier in ihm weckte. Niemals hätte er es anderen gegenüber zugegeben, aber der Sohn Amarids machte ihn nervös. In Lon- Ser, inmitten der tröstlichen Klarheit des Nal und all der Bequemlichkeiten der Technologie, hatte man ihn gelehrt, Aberglauben und Mystizismus zu misstrauen. Magie existierte nur in
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