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Coe, Jonathan

Coe, Jonathan

Titel: Coe, Jonathan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die ungeheurliche Einsamkeit des Maxwell Sim
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Kartoffelchips, Crackern, Schokolade und - natürlich - Panini. Kein Wunder,
dass ich wenig Muskeln, aber einen Rettungsring um die Hüften hatte. Eine
Schande.
    »Cheers«, sagte sie und kam
mir mit dem Glas entgegen. Wir stießen an und tranken, und dann entstand ein
langer erwartungsvoller Augenblick; wir standen mitten in der Küche und
warteten, dass etwas passierte. Es war meine erste Gelegenheit für den
entscheidenden Vorstoß. Ich ließ sie vorübergehen.
    Alison spürte es, und als sie
sich mit leiser Enttäuschung im Blick abwandte, bemerkte sie, dass das an der
Wand montierte Telefon sie anblinkte.
    »Eine Nachricht«, sagte sie.
»Vielleicht von Philip.«
    Von wem sonst! Philip hatte
vom Flughafen aus angerufen, um ihr mitzuteilen, dass er nur noch am Karussell
auf seinen Koffer warten musste und in einer halben Stunde zu Hause sein würde.
Um ihr mitzuteilen, dass er sie wahnsinnig vermisst hatte und schon die Minuten
zählte.
    Sie drückte auf den Knopf, und
gemeinsam hörten wir die Nachricht.
    »Hallo Liebling«, sagte die
Stimme ihres Ehemanns. »Hör mal, es tut mir wahnsinnig leid, aber die Typen in
Thailand haben Scheiße gebaut, und jetzt muss ich noch kurz nach Bangkok, um
mit ihnen zu reden. Mit etwas Glück erwische ich von dort einen Direktflug,
dann bleibt es bei zwei Tagen Verzögerung, und ich könnte Freitag bei dir
sein. Ist das okay für dich? Tut mir wirklich leid, Schatz. Ich bring dir was
Schönes mit und mach es wieder gut. In Ordnung? Pass auch dich auf. Dann bis
Freitag.«
    Danach lief die Nachricht noch
ein paar Sekunden weiter, obwohl Philip nichts mehr sagte. Eigentlich war nicht
ganz einzusehen, warum er nicht gleich aufgelegt hatte. Es sei denn, er hatte
Wert darauf gelegt, dass seine Frau die Geräuschkulisse eines Flughafens zu
hören bekam und die näselnde Frauenstimme, die über die Lautsprecheranlage zu
hören war: »Willkommen in Singapur. Passagiere auf der Weiterreise werden
höflichst darauf aufmerksam gemacht, dass im gesamten Terminal das Rauchen
untersagt ist. Wir bedanken uns für Ihr Verständnis und wünschen Ihnen eine
angenehme Weiterreise.«
     
    18
     
    Und damit war das letzte
verbliebene Hindernis endlich aus dem Weg geräumt.
    Ich glaube, was als Nächstes
geschah, folgte lediglich einer wunderbaren Logik, als hätten wir beide
gewusst, dass es eines Tages geschehen musste, als sei es uns vorherbestimmt
gewesen. Dennoch stelle ich erstaunt fest, dass ich mich an keinerlei
Einzelheiten mehr erinnern kann. Man vermutet immer, dass die entscheidenden,
kostbarsten Ereignisse eines Lebens sich einem unauslöschlich ins Gedächtnis
prägen, dabei scheinen gerade sie aus irgendeinem Grund als Erste zu verblassen
und sich zu verflüchtigen. Ich fürchte, über die folgenden Stunden kann ich
euch nicht viel erzählen, selbst wenn ich es wollte. So habe ich, zum Beispiel,
den Blick vergessen, mit dem Alison mich anschaute, bevor sie ihr Glas
abstellte und mich zum ersten Mal auf den Mund küsste. (Ja, auch dieser Schritt
blieb letzten Endes ihrer Initiative überlassen.) Ich habe ganz gezielt
vergessen, wie es sich anfühlte, als sie meine Hand ergriff und mich zur Treppe
führte. Ich habe das Wiegen ihrer Schultern und die Kurve ihres Körpers
vergessen, als ich hinter ihr die Treppe hinaufging. Ich habe die anfängliche
Kälte des unbenutzten Schlafzimmers vergessen, die sich in Wärme verwandelte,
als sie mich in die Arme nahm und fest an sich heranzog. Ich habe vergessen,
wie es sich nach so vielen langen Jahren anfühlte, wieder einen Körper in
lustvollem, liebendem Kontakt mit meinem zu spüren: Zuerst störten die
Kleider, die aber dann schnell abgeworfen waren. Ich habe, jetzt, die Struktur
ihrer Haut vergessen, den schwachen, vertrauten Duft – den Duft des Heimkommens
-, als meine Lippen ihren Nacken berührten, die Weichheit ihrer Brüste, die ich
zunächst mit den Händen bedeckte, dann zärtlich küsste. Ich habe die Stunden
danach vergessen, den langsamen, sich selbst bestimmenden Rhythmus unserer
Liebe. Ich habe vergessen, wie wir schließlich in gegenseitiger Umarmung
erwachten, nicht glauben konnten, dass wir vereint waren, endlich und
untrennbar vereint im bläulichen Licht einer winterlichen Edinburgher Morgendämmerung.
Das alles habe ich vergessen. Ich vergesse es.
    Und was das anbetrifft, was
danach kam ...
    Hört zu - ihr kennt jetzt das
Ende der Geschichte. Oder zumindest hat sie jetzt, da Alison und ich vereint
und glücklich sind,

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