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Coetzee, J. M.

Coetzee, J. M.

Titel: Coetzee, J. M. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eiserne Zeit
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an
ihn.
    »Mr.
Vercueil!« sagte ich, den Lichtstrahl auf ihn richtend.
    »Verpiß dich«, murmelte er.
    »Ich krieg ihn nicht wach«,
berichtete ich Florence. »Ich muß jemanden mithaben, der den Wagen anschiebt.«
    »Ich werd ihn anschieben«,
sagte sie.
    Die zwei
warm zugedeckten Kinder auf dem Rücksitz, schob Florence an, und wir brachen
auf. Durch das von unserem Atem beschlagene Glas spähend, kroch ich über den De
Waal Drive, verirrte mich für eine Weile in den Straßen von Claremont, fand
dann die Lansdowne Road. Die ersten Busse des Tages waren unterwegs, hell
erleuchtet und leer. Es war noch nicht fünf Uhr.
    Wir kamen
an den letzten Häusern vorbei, den letzten Straßenlaternen. In einem
gleichmäßigen Regen aus Nordwesten fuhren wir, dem gelblichen, schwachen Licht
unserer Scheinwerfer folgend.
    »Wenn Leute winken, Sie
sollen anhalten, oder wenn Sie irgendwas auf der Straße sehen, dürfen Sie nicht
halten, Sie müssen weiterfahren«, sagte Florence.
    »Das werd ich jedenfalls
nicht tun«, sagte ich. »Du hättest mich früher warnen sollen. Nur damit das
klar ist, Florence: beim ersten Anzeichen von Schwierigkeiten dreh ich um.«
    »Ich mein ja nicht, daß es
dazu kommt, ich sag’s Ihnen nur.«
    Voll böser
Vorahnung fuhr ich weiter in die Dunkelheit hinein. Doch niemand versperrte den
Weg, niemand winkte, nichts lag quer über der Straße. Sie schliefen wohl noch,
die Schwierigkeiten, sammelten Kraft für den nächsten Einsatz. Die
Straßenränder, auf denen sonst zu dieser Stunde Tausende von Männern zur Arbeit
trotteten, waren leer. Nebelschwaden trieben auf uns zu, umfingen den Wagen,
waberten davon. Gespenster, Geister. Aornos diese Gegend: vogellos. Ich
zitterte, begegnete Florences Blick. »Wie weit noch?« fragte ich.
    »Nicht mehr weit.«
    »Was haben
sie gesagt am Telefon?«
    »Gestern ist wieder
geschossen worden. Sie haben den witdoeke * Gewehre
gegeben, und die witdoeke haben geschossen.«
    »Schießen sie in Guguletu?«
    »Nein, sie
schießen draußen im Busch.«
    »Bei der
ersten Andeutung von Schwierigkeiten dreh ich um, Florence. Wir holen Bheki,
weiter werden wir nichts tun, dann fahren wir nach Hause. Du hättest ihn gar
nicht erst weglassen dürfen.«
    »Ja, aber
Sie müssen hier abbiegen, Sie müssen links abbiegen.«
    Ich bog ab. Hundert Meter
weiter war eine Schranke über der Straße, mit blitzenden Lichtern, Wagen
standen an den Straßenrändern, Polizei mit Gewehren. Ich hielt an; ein Polizist
kam heran.
    »Was wollen Sie hier?«
fragte er.
    »Ich bringe
meine Hausangestellte nach Hause«, sagte ich und staunte über meine Ruhe beim
Lügen.
    Er spähte hinten in den
Wagen, wo die Kinder auf dem Rücksitz schliefen. »Wo wohnt sie?«
    »Siebenundfünfzig«, sagte
Florence.
    »Sie können sie hier
absetzen, das Stück kann sie zu Fuß gehn, es ist nicht weit.«
    »Es regnet,
sie hat kleine Kinder, ich lasse sie nicht allein gehen«, sagte ich fest.
    Er zögerte,
dann winkte er mich mit seiner Taschenlampe durch.
    Auf dem Dach eines Wagens
stand ein junger Mann im Kampfanzug, das Gewehr schußbereit, und starrte hinaus
in die Dunkelheit.
    Jetzt roch
es nach Brand, nach nasser Asche, brennendem Gummi. Langsam fuhren wir eine
breite, unbefestigte Straße entlang, links und rechts Behausungen wie
Streichholzschachteln. Ein Polizeiwagen, durch Drahtgitter gesichert, kreuzte
an uns vorbei. »Hier nach rechts«, sagte Florence. »Und gleich nochmal rechts.
Hier halt.«
    Mit dem Baby auf dem Arm
und dem kleinen, halbwach hinterherstolpernden Mädchen patschte sie den Weg zu
Nr. 219 hinauf, klopfte an und wurde eingelassen. Hope und Beauty. Es war wie
in einer Allegorie leben. Den Motor am Laufen haltend, wartete ich.
    Der
Polizeiwagen, der uns entgegengekommen war, hielt neben mir. Eine Taschenlampe
schien mir ins Gesicht. Ich hielt eine Hand hoch, um meine Augen abzuschirmen.
Der Wagen fuhr weiter.
    Florence tauchte wieder
auf, einen Plastikregenmantel über sich und das Baby haltend, und stieg hinten
ein. Durch den Regen kam nicht Bheki hinter ihr hergehuscht, sondern ein Mann
in den Dreißigern oder Vierzigern, schmächtig, fein, mit Oberlippenbart. Er
stieg vorne zu mir ein. »Das ist Mr. Thabane, mein Cousin«, sagte Florence. »Er
wird uns den Weg zeigen.«
    »Wo ist Hope?« fragte ich.
    »Ich hab
sie bei meiner Schwester gelassen.«
    »Und wo ist
Bheki?«
    Schweigen.
    »Ich bin mir nicht sicher«,
sagte der Mann. Seine Stimme war überraschend weich. »Er ist gestern

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