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Colin Cotterill

Titel: Colin Cotterill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dr. Siri und seine Toten
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der Hand, den er mit einem Gummiband verschlossen hatte. Al mählich kam er wieder zu Atem, und auch seine Stimme kehrte zurück.
    »Mageninhalt.«
    »Mmm. Lecker. Andere Leute bringen Sojamilch oder Eiskaffee mit.«
    »Tut mir leid.«
    »Haben Sie schon gefrühstückt?«
    »Nein.«
    Eine Stunde später waren sie in der Schule. Dienstags begann Oums Unterricht erst um zehn. Sie hatte sich auf ihr Moped gesetzt, ihn am Arm gepackt und ihn auf seinem Fahrrad durch die Stadt gezogen. Es hatte ihn einige Anstrengung gekostet, nicht mit ihr zusammenzustoßen und gleichzeitig den unzähligen Schlaglöchern auszuweichen.
    Die Ausstattung des Chemielabors ließ zu wünschen übrig. Oums Dienstzimmer war ein begehbarer Schrank mit Regalen bis zur Decke, einem kleinen Arbeitstisch sowie zwei Hockern. In den Regalen drängten sich Hunderte von Flaschen mit handgeschriebenen Etiketten, die al erlei Sulfate und Nitrate versprachen. Leider waren die meisten dieser Versprechungen ebenso leer wie die Flaschen. Seit die großzügigen Spenden der Amerikaner ausblieben, enthielt die kleine Kammer vor al em das, was es in Vientiane zu kaufen gab. Und das war nicht viel. Oum hatte versucht, von al em ein wenig aufzubewahren, aber Siris wiederholte Besuche hatten ihre Vorräte nahezu erschöpft.
    Gemeinsam hatten sie einen Antrag beim Entwicklungshilfeministerium gestel t, aber sie wussten, dass sie weit unten auf der Liste standen. Es herrschte al gemeine Warenknappheit. So hatten sie sich eines schönen Sonntags hingesetzt, in mühevol er Kleinarbeit Briefe auf Deutsch und Russisch formuliert und diese direkt an Schulen und Universitäten im Ostblock geschickt. Bislang hatten sie keine Antwort erhalten.
    Siri zog das zerlesene Laborhandbuch »Chemische Toxologie« aus seiner Umhängetasche. Es war eine notdürftig zusammengeheftete, mittels Matrize vervielfältigte Kopie, die er aus Chiang Mai mitgebracht hatte. Die Blätter waren nur einseitig bedruckt, und seine detail ierten Notizen nach Lehrerin Oums Übersetzungen fül ten die leeren Rückseiten.
    »Wonach suchen wir denn heute, Onkel?«
    »Fangen wir mit Zyanid an.«
    »Uh. Gift.« Sie schlug die entsprechende Seite auf und sah sich die verschiedenen Tests an. »Wenn mich nicht al es täuscht, ist das eine Premiere. Ganz sicher scheinen Sie sich aber nicht zu sein.«
    »Sie kennen mich doch, Oum. Ich bin mir eigentlich nie ganz sicher. Es handelt sich lediglich um eine Vermutung. Aber es deutet einiges daraufhin.«
    »Na, dann lassen Sie mal hören.« Sie nahm Gläser aus den Regalen, um nachzusehen, wie viel von den benötigten Chemikalien sie noch übrig hatte.
    »Also, erstens ist sie, das Opfer, plötzlich gestorben, ohne vorausgehende Symptome. Zweitens waren ihre Eingeweide von einem auffal enden Hel rot.
    Warum riechen Sie daran? Das Zeug wird doch nicht schlecht, oder?«
    »Nein, aber davon wird einem so schön schwummrig. Wol en Sie auch mal?«
    »Nein danke. Drittens hat mein Herr Geung während der Obduktion etwas Seltsames bemerkt. Er hat nämlich Nüsse gerochen.«
    »Nüsse?«

    »Die Sorte konnte er zwar nicht benennen, aber ich tippe auf Mandeln. Es gibt nicht al zu viele Nüsse mit charakteristischem Geruch.«
    »Aber dann müssten Sie und die Schwester es doch eigentlich auch gerochen haben.«
    »Nicht unbedingt. Viele Menschen können den Geruch von Mandeln nicht wahrnehmen. Herrn Geungs Sinne sind zum Teil erstaunlich hoch entwickelt.
    Ich frage mich, ob ihr nicht viel eicht heimlich jemand eine Pil e verabreicht hat. Zyanid ist am einfachsten zu beschaffen. Wenn ich die Leiche noch hätte, könnte ich nach weiteren Anzeichen suchen.«
    »Sie haben die Leiche nicht mehr?«
    »Die Familie hat sie abholen lassen.«
    Oum sah ihn an. »Komischer Zufal .«
    »Was?«
    »Wie ich gehört habe, ist Genosse Khams Frau gestern plötzlich verstorben, und er hat ihre Leiche aus dem Leichenschauhaus entführt.«
    »Ach ja? Wo haben Sie denn das gehört?«
    »Wir leben in Vientiane, nicht in Paris.«
    Sie hatte selbstverständlich recht. Während man sich anderswo um sieben Ecken kannte, waren es in Laos höchstens drei und oft sogar bloß zwei. Die laotische Bevölkerung war auf unter drei Mil ionen geschrumpft, und davon lebten nur etwa 150.000 in Vientiane. Kein Wunder, dass Gerüchte in Windeseile die Runde machten.
    »Stimmt. Paris kann uns in puncto Klatsch und Tratsch nicht das Wasser reichen. Wenn es hier nicht al e zwei Tage einen neuen Skandal gibt, denken sich die

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