Colin-Saga 01 - Der Mond der Meuterer
Jantus Dafürhalten auch nur im Entferntesten sein konnte, » ich war nicht derjenige, der uns in diese Lage gebracht hat. Ich habe den Posten des Leiter der Einsatzzentrale erst nach Kirinals Tod geerbt. Solange ich ihr Stellvertreter war, habe ich stets darauf hingewiesen, wie sehr es mich beunruhigte, dass sich die Militärs der Degenerierten so still verhielten und dass wir keinerlei Möglichkeit hätten herauszufinden, was deren Imperiale im Schilde führen mochten.« Er zuckte mit den Schultern. »Meine Leute haben dir alle Informationen vorgelegt, die wir zur Verfügung hatten, Chief. Aber das war einfach nicht genug, um vorauszusagen, was als Nächstes passieren würde.«
Erneut bedachte Anu ihn mit einem finsteren Blick, und Ganhar zwang sich dazu, diesem Blick standzuhalten.
»Du willst mir also erzählen«, setzte Anu drohend an, »dass du die entsprechenden Informationen nicht rechtzeitig herausgefiltert hast.«
»Nein, ich will damit sagen, dass sie nicht vorgelegen haben. In den letzten zweitausend Jahren haben insgesamt acht Leiter der Einsatzzentrale für dich gearbeitet, Chief – neun, wenn ich mich selbst mitzähle –, und keiner von uns hat die Nergal für dich ausfindig machen können. Du weißt selbst, wie sehr wir uns bemüht haben. Aber wenn wir sie nicht aufspüren können, wie sollen wir denn dann wissen, was bei deren Besprechungen vorgehen mag? Ich will damit doch nur sagen, dass wir das schlichtweg nicht hätten vorhersagen können!«
»Für mich klingt das eher danach …«, Anu hob seine Stimme immer mehr, ließ sie zunehmend bedrohlich klingen, »… als würdest du einfach nur versuchen, deinen Hals zu retten! Für mich klingt es ganz so , als würdest du dir einfach nur irgendwelche jämmerlichen Ausreden aus den Fingern saugen, weil du keinen blassen Schimmer hast, was du machen sollst, beim Schöpfer noch mal!«
»Du täuschst dich, Chief«, gab Ganhar zurück, auch wenn es fast den gesamten Rest seines noch verbliebenen Mutes erforderte, diese Worte auszusprechen. Anu war es nicht gewohnt, dass man ihn auf Fehler aufmerksam machte, und sein Gesicht verfärbte sich so tiefrot, als stünde er kurz vor einem Schlaganfall. Ganhar jedoch fuhr fort, nutzte das spannungsgeladene Schweigen, das über den Raum gesunken war. »Ich habe sehr wohl einen Plan. Sogar zwei.«
Zischend atmete Anu aus. Nur selten gestatteten sich seine Untergebenen ihm gegenüber einen derart ruhigen, fast schon herausfordernden Tonfall, und sein Entsetzen über eine derartige Unverfrorenheit durchdrang sogar seinen Zorn. Vielleicht hatte Ganhar sich tatsächlich einen Plan zurechtgelegt, der seine vermeintliche Selbstsicherheit rechtfertigte. Und wenn nicht, dann konnte Ami ihn ebenso gut umbringen, nachdem er ihm zugehört hatte.
»Also gut«, entschied er mit rauer Stimme. »Dann red schon!«
»Selbstverständlich. Zunächst einmal, das wäre das Einfachste, könnten wir einfach gar nichts tun. Wir haben jetzt alle unsere Leute in Sicherheit gebracht, und das Einzige, was die anderen jetzt noch erreichen könnten, wäre, ein paar Terroristengruppen zu erledigen, die ausschließlich aus Degenerierten bestehen. Das mag ja viel Wirbel verursachen, und für sie sieht das dann vielleicht auch beeindruckend aus, aber eigentlich schaden sie uns damit ganz und gar nicht. Wir können immer wieder neue Leute rekrutieren, und jedes Mal, wenn die Nordstaatler imperiale Technologie anwenden, gehen die das Risiko ein, Leute zu verlieren, und wir bekommen eine Chance, sie bis zur Nergal zurückzuverfolgen.«
Gespannt blickte Ganhar Anu in die Augen. Er wusste – ebenso gut wie Jantu und Inanna –, dass das, was er gerade vorgeschlagen hatte, das Beste, das Klügste wäre. Bedauerlicherweise verriet ihm der Blick, den Anu ihm zuwarf, dass es nicht das Klügste war, so etwas überhaupt vorzuschlagen. Also zuckte er innerlich mit den Schultern und machte sich daran, dem ›Chief‹ einen zweiten Vorschlag zu unterbreiten.
»Das wäre das Einfachste, aber ich denke nicht, dass es notwendigerweise auch das Beste wäre«, log er. »Wir kennen einige der Degenerierten, die mit den Nordstaatlern zusammenarbeiten, und wir haben weitere Personen ausfindig gemacht, die möglicherweise mit ihnen zusammenarbeiten.« Wieder zuckte er mit den Schultern, diesmal jedoch tatsächlich körperlich. »Also gut! Wenn die wollen, dass die Lage eskaliert … wir haben mehr Leute und viel mehr Ressourcen. Dann soll die Lage doch
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