Colin-Saga 02 - Das Armageddon-Vermächtnis
zu finden, was nicht sein darf – und doch ist es so. Weil all diese Dinge geschehen sind, weiß ich nicht mehr, was ich noch bin. Aber ich bin nicht mehr wie die anderen aus dem Nest. Es ist bedeutungslos, was jemand wie ich sich vorstellen kann und was nicht; von Bedeutung ist nur, was der Herrscher des Nests weiß und kennt , und er kennt die Große Furcht, das Hehre Ziel und den Wahren Pfad. Er wird nicht damit aufhören, das zu sein, was er ist. Wenn er das könnte, dann wäre er nicht der Nestherrscher.«
»Es tut mir Leid, Brashieel«, gab Hohrass zurück, und Brashieel glaubte ihm das auch. »Es tut mir Leid, dass dir das widerfahren musste, doch vielleicht täuschst du dich ja doch. Wenn andere Hüter sich dir als Gefangene anschließen, wenn ihr miteinander und mit uns sprecht, wenn ihr erfahrt und glaubt, dass das, was ich dir sage, die Wahrheit ist – dass wir nicht den Wunsch haben, die Aku'Ultan zu vernichten –, wärest du dann bereit, den anderen aus deinem Nest zu berichten, was du erfahren hast?«
»Wir würden niemals eine Gelegenheit dazu haben. Wir würden sofort vom Nest ausgelöscht, und das ist auch richtig so. Wir wären selbst Nestmörder, Mörder unseres eigenen Nestes, wenn wir das täten, was du von mir verlangst.«
»Vielleicht«, erwiderte Hohrass, »aber vielleicht auch nicht.« Er seufzte und stand wieder auf. »Noch einmal: Es tut mir Leid – wirklich aufrichtig Leid –, dass ich dich mit diesen Fragen quälen muss, aber ich kann nicht anders. Ich bitte dich, schmerzhafte Dinge zu denken, in Erwägung zu ziehen, dass es auch noch eine Wahrheit gibt, die sogar über die Große Furcht hinausgeht, und ich weiß, dass dich diese Gedanken schmerzen. Aber du musst sie denken, Brashieel von den Aku'Ultan, denn wenn du das nicht kannst – wenn das Nest uns tatsächlich nicht in Frieden wird lassen können –, dann haben wir keine andere Wahl. Seit ungezählten höheren Zwölfen von Jahren haben eure Hüter unsere Sonnen vernichtet, unsere Planeten zerstört, unsere Nester erschlagen. Das darf so nicht weitergehen! Du musst verstehen, dass wir so viel von der Großen Furcht mit den Hütern des Nestes der Aku'Ultan sogar teilen. Wir wollen die Aku'Ultan wirklich nicht vernichten, aber es wurden auch genügend andere vernichtet. Wir werden nicht zulassen, dass das fortgesetzt wird. Wir mögen vielleicht ganze Große Zwölfen von Jahren dafür benötigen, aber wir werden das beenden.«
Brashieel starrte zu ihm hinauf, vor Entsetzen war ihm so schlecht, dass er nicht einmal Hass empfinden konnte, und Hohrass verzog den Mund zu einer dieser völlig unverständlichen Gesten seines Volkes, die dort verbreitet zu sein schienen.
»Es wäre uns lieber, wenn du und dein Volk würden weiterleben können, Brashieel. Nicht, weil wir euch liebten, denn wir haben genügend Gründe, euch zu hassen, und viele von uns tun das auch. Ja, sie hassen und sie fürchten euch. Aber wir wollen euch nicht vernichten, und deswegen müssen wir dich mit diesen Gedanken quälen. Wir müssen erfahren, ob wir eurem Nest erlauben können weiterzuleben. Vergib uns, wenn du kannst, aber ob du es nun kannst oder nicht, wir haben keine andere Wahl.«
Und mit diesen Worten verließ Hohrass den Nistplatz, und Brashieel war wieder allein mit diesen unerträglich qualvollen Gedanken.
Kapitel Dreiundzwanzig
»Glaubt ihr wirklich, dass es so düster ist, wie Brashieel das denkt?«
Colin blickte auf, als die Aufzeichnung, die Horus ihm hatte zukommen lassen, endete. Selbst für ein imperiales HyperCom waren mehr als vierzig Lichtjahre ein bisschen viel für wechselseitige Kommunikation in Echtzeit.
»Ich vermag's nicht zu sagen«, sinnierte Jiltanith. Im Gegensatz zu seinen anderen Gesprächspartnern war sie körperlich anwesend. Anwesend, spürbar anwesend sogar, dachte er und unterdrückte ein Lächeln, als er daran zurückdachte, wie sie gefeiert hatten, wieder zusammen zu sein. Nun gab sie der Holo-Einheit auf geistigem Wege einen Befehl, und der letzte Abschnitt des Gespräches zwischen Horus und Brashieel wurde wiederholt.
»Ich vermag's nicht zu sagen«, wiederholte sie. »Gewiss scheint Brashieel das zu denken, doch nun schau doch, teurer Colin, obschon er solche Dinge sagt, ist er doch bereit, mit 'Hursag und Vater zu sprechen. Ferner will es mir scheinen, als habe er verstanden, was ihm beizubringen sie sich bemüht haben. Mich dünkt, seine Schmerzen sind echt, doch es ist jenes Begreifen –
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