Colin-Saga 02 - Das Armageddon-Vermächtnis
Krankenstation, eintausend Kilometer von Kommando-Eins entfernt, lehnte Cohanna sich zurück und rieb sich die Stirn, »können wir sie genauso gut auch an Bord gehen lassen.«
»Sind Sie sich da sicher?«
»Natürlich nicht!«, fauchte sie, und Colin hob abwehrend die Hand, eine Geste der Entschuldigung.
»Es tut mir Leid, 'Hanna! Ich wollte eigentlich fragen, ob Sie mir kurz die Gründe für Ihre Einschätzung darlegen könnten.«
»Die haben sich nicht verändert.« Ihr fast normaler Ton war ein Anzeichen dafür, dass sie, auch wenn es unausgesprochen blieb, seine Entschuldigung angenommen hatte. »Die anderen Basen sind genauso tot wie Keerah, aber in diesem Wrack hier gibt es mindestens zwei Hydrokultur-Farmen, in denen immer noch Pflanzen wachsen – ich habe keine Ahnung, wie das nach so langer Zeit überhaupt möglich ist –, und es besteht immerhin die Chance, dass es noch weitere gibt: Das können wir auch aus dieser Entfernung nicht anhand externer Bioscans beurteilen. Aber die gesamte Atmosphäre im Wrack da unten muss inzwischen ein paar Millionen Male vollständig durchzirkuliert sein, und die Pflanzen leben immer noch. Es ist möglich, dass sie eine Mutation darstellen, die gegen das resistent ist, was alles andere auf Keerah getötet hat, aber ich bezweifle das. Was auch immer die Katastrophe ausgelöst hat, dem Agens scheint dort unten wirklich gar nichts entgangen zu sein, deswegen halte ich es für unwahrscheinlich, dass es die Station jemals kontaminiert hat.« Sie zuckte mit den Schultern.
»Ich weiß, dass das nun wirklich nicht gerade großartige Argumente sind, aber mehr kann ich Ihnen nicht bieten.«
»Aber es gibt keine anderen Anzeichen von Leben da drüben?«, fragte Colin sehr leise nach.
»Keine.« Cohannas holographisches Gesicht blickte finster drein. »Es dürfte auch gar keine geben, es sei denn, die hätten sich in Stasis befunden. Dafür hätte die genetische Drift schon vor langer Zeit gesorgt, bei einer so kleinen Station.«
»Also gut«, meinte Colin dann nach kurzem Nachdenken. »Ich danke Ihnen.« Noch einen Augenblick schaute er zu seinen Handrücken hinunter, dann nickte er.
»Dahak, gib mir ein Direktlink zu Vlad!«
»Link aktiv, Kommandant.«
»Vlad?«
»Jawohl, Kommandant?« Diesmal sah Colin keine Holodarstellung seines Gesprächspartners – das Versorgungsboot, in dem Chernikov saß, verfügte nur über die allernotwendigsten Kommunikationseinrichtungen –, doch er hörte die ruhige Stimme unmittelbar in seinem Ohr.
»Ich gestatte, dass Sie sich das aus der Nähe ansehen, Vlad, aber passen Sie auf Ihren Hintern auf! Zuerst geht eine Person allein an Bord – und das werden nicht Sie sein, damit wir uns gleich richtig verstehen! Vollschutzkleidung, und bevor das Vorkommando wieder an Bord kommt, hat eine vollständige Dekontamination zu erfolgen!«
»Bei allem Respekt, Kommandant, ich glaube …«
»Ich weiß, wie Sie darüber denken«, gab Colin schroff zurück. »Die Antwort lautet nein.«
»Also gut.« Chernikov klang resigniert, und Colin konnte es ihm gut nachfühlen. Er hätte es sogar vorgezogen, das Risiko persönlich einzugehen, aber er war der Kommandant der Dahak . Er konnte es sich nicht leisten, die Weisungskette nach Gutdünken zu riskieren … und das Gleiche galt auch für Vlad.
Vlad Chernikov schaute den Ingenieur an, den er für diese Aufgabe ausgewählt hatte. Jehru Chandra hatte viele Lichtjahre zurückgelegt, um hier sein Leben aufs Spiel zu setzen; doch er wirkte eifrig, als er die Abdichtung seines Schutzanzuges erneut überprüfte. Nicht fröhlich, nicht furchtlos, aber eifrig.
»Seien Sie vorsichtig da drüben, Jehru!«
»Jawohl, Sir!«
»Lassen Sie sämtliche Scanner an Ihrem Schutzanzug aktiv. Wir werden alle Daten an Dahak weiterleiten.«
»Ich verstehe, Sir.« Chernikov musste ein wenig grinsen, als ihm auffiel, wie offenkundig geduldig Chandra mit seinem befehlshabenden Offizier umging. Klang er denn wirklich so nervös?
»Dann los!«, gab er also das Startzeichen, und der Ingenieur betrat die Luftschleuse.
Auf Cohannas Insistieren hin berührten Chernikovs Boot und die Kampfstation einander nicht, und nun betrachtete Chernikov erneut die bedrohlich vor ihnen aufragende Station, während Chandra den gähnenden, kilometerbreiten Schlund mit Hilfe der Steuerdüsen an seinem Schutzanzug überwand.
Die uralte Station war tausende von Jahren jünger als die Dahak , doch einen Großteil seines ›Lebens‹ hatte
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